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"Erdogan ist ein Despot": Türkischer Präsident geht auf LGBT los

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Erdogan im Wahlkampfmodus: "Eine starke Nation setzt eine starke Familie voraus."

(Foto: REUTERS)

Der Wahlkampf in der Türkei nimmt Fahrt auf. Der türkische Präsident will Schwulen und Lesben das Leben künftig schwerer machen. Derweil wirbt sein sozialdemokratischer Gegenspieler Kilicdaroglu mit einer Kopftuchgarantie um Zustimmung in Erdogans angestammten Wählerschichten.

Zur Stärkung der traditionellen Familie kündigt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Schritte gegen Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle (LGBT) an. "Denn eine starke Nation setzt eine starke Familie voraus", sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. "In letzter Zeit haben sie der Gesellschaft LGBT untergejubelt. Mit LGBT streben sie danach, unsere Familienstruktur zu degenerieren". Daher müsse man tun, "was nötig ist".

Erdogan nannte bei seinem Vorwurf zwar keine konkreten Namen - es dürfte aber der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu gemeint sein, der auch liberale Wählergruppen anspricht. Er wird als möglicher Kandidat für die im Juni 2023 angesetzten Präsidentschaftswahlen gehandelt. Kilicdaroglu reagierte umgehend auf Twitter und bezeichnete Erdogan als "Despoten".

Erdogan machte zugleich deutlich, dass seine Hoffnungen beim Vorgehen gegen LGBT auch auf dem sogenannten Desinformationsgesetz liegen: "Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes werden wir die, so Gott will, stark ausbremsen", sagte Erdogan nach Angaben von Anadolu. Der türkische Präsident bezieht sich auf ein geplantes Gesetz, das laut der Regierung Desinformation im Netz verhindern soll. Die Opposition fürchtet hingegen, dass es zu strengerer Zensur im Internet führt. Die Bestimmung muss noch vom Parlament verabschiedet werden - am Vortag hatte das Parlament einige Artikel des Gesetzesentwurfes angenommen.

Streit um Recht auf Kopftuchtragen

Ebenfalls als Reaktion auf den Konkurrenten Kilicdaroglu hatte Erdogan am Mittwoch gefordert, das Recht auf Kopftuchtragen mit Hilfe der Opposition in der Verfassung zu verankern. "Lasst uns eine Lösung auf der Verfassungsebene finden, nicht auf der gesetzlichen", sagte Erdogan in Ankara bei einer Versammlung seiner islamisch-konservativen AK-Partei. Zuvor hatte Oppositionsführer Kilicdaroglu einen Gesetzesentwurf dem Parlament vorgelegt, der das Recht auf Kopftuchtragen in öffentlichen Behörden und Einrichtungen garantieren soll. Es sollen demnach Frauen bei ihrer Kleiderwahl nicht in ihren Grundrechten eingeschränkt werden.

Der Text, der dem Parlament vorgelegt wurde, sei weit davon entfernt, das Problem in all seinen Dimensionen zu erfassen, kritisierte Erdogan. Das Staatsoberhaupt warf der Opposition "Heuchelei" vor, weil es in der Vergangenheit das Verdienst seiner Regierungspartei gewesen sei, solche Rechte zu sichern. Die AKP, die seit 2002 an der Macht ist, hatte ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen schrittweise aufgehoben.

Kilicdaroglu überraschte mit seiner Initiative für das Kopftuch, weil seine Partei, die sozialdemokratische CHP, traditionell die Trennung zwischen Staat und religiösen Institutionen als eine der Grundfesten der türkischen Republik hochhält. Beobachter gehen davon aus, dass der Oppositionsführer Wähler aus dem traditionellen Milieu Erdogans für seine Partei gewinnen möchte. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind für den kommenden Juni angesetzt. Der Wahlkampf nimmt zunehmend Fahrt auf.