Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Erdoğans Wahlsieg in der Türkei: Warum Wladimir Putin jetzt aufatmet

Durch seinen Angriffskrieg in der Ukraine hat Wladimir Putin viele internationale Partner verloren. Umso mehr dürfte der Kreml nun den Wahlsieg von Recep Tayyip Erdoğan in der Türkei feiern. Es ist ein gefährliches Bündnis für den Westen.

Das war knapp. Mit nur wenigen Prozentpunkten Vorsprung hat Recep Tayyip Erdoğan die Präsidentschaftswahl in der Türkei gewonnen.

Doch nicht nur er selbst dürfte erfreut und erleichtert sein. Ein Aufatmen war auch im Kreml spürbar, bei Russlands Präsident Wladimir Putin. Dieser war einer der ersten Staats- und Regierungschefs, die Erdoğan Glückwünsche übermittelten. Die Lesart vieler Beobachter: Der Sultan von Ankara bleibt an der Macht – und der Zar in Moskau behält einen wichtigen Verbündeten.

Die Beziehungen zwischen der Türkei und Russland gelten als pragmatisch. So gibt es zwar keine historisch gewachsene Freundschaft zwischen den beiden Ländern. Aber spätestens seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine ist Erdoğan für Putin ein wichtiger Partner. Denn der türkische Präsident tut vor allem das, was für ihn und für sein Land vorteilhaft ist – und das eröffnete dem Kreml nach Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 viele Möglichkeiten.

Besonders wichtig für Putin: Erdoğan kauft weiterhin Öl und Gas aus Russland. Zugleich gilt die Türkei aufgrund der westlichen Sanktionen als wirtschaftliche Drehscheibe für Waren, die nach Russland gelangen sollen. Für den Kreml wäre es folglich fatal gewesen, wenn sich eine neue türkische Regierung mehr in Richtung Westen orientiert hätte.

Russland will Wahlsieg für sich nutzen

Umso mehr schien Putin nach dem erneuten Sieg Erdoğans nach warmen Worten für seinen Amtskollegen aus Ankara zu suchen. "Der Wahlsieg war gesetzmäßiges Resultat Ihrer selbstlosen Arbeit auf dem Posten des Staatschefs der türkischen Republik", hieß es im am Sonntag veröffentlichten Glückwunschtelegram des Kremls. Der Wahlsieg demonstriere die Unterstützung des türkischen Volkes für den Kurs "nationaler Souveränität und unabhängiger Außenpolitik."

Die Lesart in Moskau ist klar: Erdoğan hat auch gewonnen, weil er sich der westlichen Sanktionspolitik nicht angeschlossen habe. Es ist der Versuch aus Moskau, den Erfolg des türkischen Präsidenten zu nutzen, um gegen die eigene internationale Isolation anzukämpfen und die Nato zu spalten. Dabei hatte der Ukraine-Krieg kaum Einfluss auf die Wahl in der Türkei. (Mehr zu den Hintergründen der Türkei-Wahl lesen Sie hier.)

Blickt man aus dem Westen auf das Wahlergebnis im Nato-Land Türkei, fällt vor allem eines auf: Während viele westliche Staats- und Regierungschefs zurückhaltend gratulierten, jubelten vor allem die Autokraten. Neben Putin gratulierten das iranische Regime, der ungarische Machthaber Viktor Orbán und die afghanischen Taliban. Sie alle stehen demokratischen Strukturen feindlich gegenüber – und sie sehen Erdoğan dabei als Verbündeten.

"Beide verachten iberale Werte zutiefst"

Das gilt auch für Putin. "Sie sind sich unglaublich ähnlich in ihrer politischen Mentalität, ihrem Stil und ihrem Verhältnis zur Außenwelt", sagte der unabhängige politische Analyst Arkady Dubnow der Nachrichtenagentur AFP. "Beide verachten die liberalen Werte des Westens zutiefst."

Wie viel die beiden gemeinsam haben, zeigt ein Blick in die Vergangenheit – in der es oft so wirkte, als nehme sich Erdoğan seinen russischen Amtskollegen zum politischen Vorbild: Beide kamen zu Beginn des 21. Jahrhunderts an die Macht – Putin 1999, Erdoğan 2003 –, beide galten im Westen zunächst als gemäßigte Hoffnungsträger. Beide übernahmen zudem die Geschicke ihrer Länder, nachdem diese unter wirtschaftlichen Zusammenbrüchen, Korruption der Eliten und innerstaatlichen bewaffneten Konflikten beinahe kollabiert wären.

Dieses Chaos war entscheidend für ihren politischen Erfolg. Ihr Machtfundament, ihr Narrativ: Sie wollten das politische Durcheinander beenden, versprachen wirtschaftlichen Aufschwung und inszenierten sich in ihren Religionen als gläubige Führer.