Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Erling Haaland des Wintersports: Keiner bekämpft die Gravitation so schön wie Birk Ruud

Erling Haaland des Wintersports Keiner bekämpft Gravitation so schön wie Birk Ruud

Skifahrer Birk Ruud ist lange ein Spezialist. Der Big-Air-Nerd gewinnt 2022 Olympiagold, zeigt Tricks, von denen kein Experte genau sagen kann, wie sie überhaupt heißen. Längst ist er seiner Heimatdisziplin entwachsen - und hat daher bei den anstehenden 25. Winter X Games eine besondere Chance.

Männer, die auf Schaufeln einen Berg hinabrutschen, Klettern im Eis, Fahrradrennen im Schnee. Was klingt, wie Alternativvorschläge zur Wok-WM, sind allesamt echte Wettbewerbe in der Geschichte der X-Games. 1995 startet ESPN sein Extremsport-Olympia rund um Skateboard- und BMX-Athleten, 1997 folgen die Winter X Games. Gerade die Winter-Version wirkt zu Anfang noch deutlich mehr wie eine Showveranstaltung.

25 Jahre später ist vom etwas ziellosen und spaßorientieren Zirkus-Image nicht mehr viel über. Die Winter X Games sind zum zweiten großen Sehnsuchtsort eines jeden Ski- und Snowboardfahrers geworden, direkt nach Olympia. Qualifikationen gibt es nicht, bis heute werden die Athleten von den Organisatoren eingeladen.

Tricks, für die es keine Namen gibt

Unter denen ist immer wieder auch ein junger Norweger, der aus der Weltspitze nicht mehr wegzudenken ist. Birk Ruud bringt gewissermaßen den Zirkus zurück. Denn im Ski-Freestyle wird in den letzten Jahren immer häufiger die Kritik laut, dass der gewinnt, der in der Luft die meisten Drehungen schafft. Als "Spin to win" ist die Entwicklung verschrien, die eher an traditionelles Turnen oder Turmspringen erinnert, als an Park-Sessions mit ein paar Freunden, und somit den Ort, aus dem Freestyle-Skiing ursprünglich kommt.

In diesem Umfeld also, in dem Juroren in Sekundenschnelle erkennen, um welche Achse sich ein Mensch viereinhalbmal gedreht hat, schafft Ruud es, unberechenbar zu bleiben. 2021 zeigt er beim Big Air Weltcup in Österreich einen Trick, für den es bis heute keinen richtigen Namen gibt. Mitten in einer Art Rückwärtssalto bricht er die Rotation ab und dreht sich wieder zurück.

"Bricht er ab, oder was macht er?"

Im Oktober 2022 tritt er den Beweis an, dass ihm die teils unkonventionellen Bewegungen in der Luft auch zum Sieg verhelfen können. Beim Big-Air-Saisonauftakt zeigt er einen Double Cork 900 Pretzel Bringback (wobei über die genaue Anzahl an Rotationen später erneut gestritten wird). "Ich war gar nicht sicher, bricht er ab oder was macht der?" rätseln die SRF-Kommentatoren und ziehen beim Betrachten der Wiederholung das Fazit: "Es ist physikalisch eigentlich gar nicht möglich." Die Jury sieht in dem Sprung den besten des Abends.

Im Big Air fühlt sich Ruud heimisch. In der aktuellen Weltcup-Saison kann er die ersten beiden Termine für sich entscheiden. 2020 und 2021 gewinnt er den Weltcup, 2022 fliegt er bei der Olympia-Premiere der Disziplin zur Gold-Medaille, die er seinem zuvor an Krebs verstorbenen Vater widmet. Während des Wettbewerbs trägt er ein goldenes Armband, das dieser ihm einmal geschenkt hatte. "Ich glaube, er wäre sehr glücklich, wenn er sehen würde, wie glücklich ich hier bin und dass ich meine Ziele erreiche", sagt Ruud nach dem Sieg.

Der kompletteste Skifahrer der Welt?

Doch auch außerhalb seiner Heimat-Disziplin hat er Medaillenchancen. Im Slopestyle wird er im letzten Jahr Weltcup-Zweiter, bei drei Terminen steht er ganz oben. Die Gesamtwertung für den komplettesten Fahrer der Saison kann er für sich entscheiden.

Slopestyle besteht aus einem Parcours mit Sprüngen, teilweise über die gleichen Schanzen wie beim Big Air, und den Rail-Sektionen. Dabei müssen die Fahrer möglichst artistisch über Rohre fahren. Dass er damit kein Problem hat, beweist Ruud auch außerhalb des Wettbewerbs. In einem Handyvideo ist zu sehen, wie er auf Langlauf-Skiern über ein Rail rutscht.

Auch die aktuelle Slopestyle-Saison startet vielversprechend. Nach zwei Terminen liegt er knapp hinter dem viermaligen Weltcup-Sieger Andri Ragettli auf dem zweiten Rang, konnte den Modellathleten aus der Schweiz zum Saisonauftakt sogar hinter sich lassen. Mit 22 schickt sich der Norweger an, in zwei unterschiedlichen Aspekten der beste Skifahrer der Welt zu werden.

Bei den X Games an diesem Wochenende wird Ruud in beiden Disziplinen antreten, auf der offiziellen Webseite des Events wird er sogar in beiden als Favorit geführt. Doppelsiege sind in der 25 Jahre alten Geschichte des Events die Ausnahme. Doch eine alte englische Phrase besagt "the sky is the limit". Sie passte selten so gut wie zu den Karriereaussichten des Überfliegers Birk Ruud, dem Erling Haaland des Wintersports.