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Erschöpft durch Mangel an Führung

Nicht nur für menschliche Körper sind 20 Stunden zu viel. Auch ein Regierungsbündnis befindet sich im Zustand tiefer Erschöpfung, wenn der Koalitionsausschuss im Laufe eines Nachmittags, einer Nacht und eines Morgens keine Einigung über zentrale Themen erzielen kann. Zwar sind Spontan-Erholungen denkbar, zwar könnte ein Kurztrip in die Niederlande die Ampel-Regierungsmitglieder erfrischen und für einen flotten Abschluss der Verhandlungen bei der Fortsetzung am Dienstag sorgen. Aber auch das würde nichts mehr daran ändern, dass das vorläufige Ende am Montagmittag für ein Scheitern steht.

Nicht für das Scheitern dieser Koalition. Aber für das Scheitern des bisherigen Umgangs von Olaf Scholz und seiner SPD mit den Spannungen zwischen FDP und Grünen. Dieser Umgang bestand darin, große Politikbereiche an die beiden kleineren Partner auszulagern.

Als hätte die SPD keine eigenen Verkehrs-, Energie- oder Familienpolitiker, als hätte der Kanzler keine basalen Ideen für diese Bereiche, ließen er und seine Partei sich fast vollständig von Grünen und FDP und deren Debatten über E-Fuels, Heizungen oder über das Geld für eine Kindergrundsicherung dominieren.

Diese Debatten ließ die größte Regierungspartei einfach vor sich hin laufen, das Kanzleramt strukturierte nicht einmal – vom Entwerfen eigener Positionen zu schweigen. Und so war es kein Wunder, dass der Koalitionsausschuss vom Wust der Gegensätze schlicht überfordert war.

Es reicht aber nicht zu sagen – auch wenn es gesagt werden muss –, dass Olaf Scholz in der Koalition ein Führungsproblem hat und ihr mehr bieten muss als den Appell, man möge sich doch untereinander einigen. Vielmehr ist auch festzustellen, dass die SPD als größte Regierungspartei und faktische Mitte dieser Koalition zu blass ist und endlich den Mut und die Fähigkeit entwickeln muss, auf allen wichtigen Politikfeldern zumindest Grundprinzipien zu definieren. Sonst wird die Erschöpfung der Koalitionäre von Dauer sein.