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EU möchte unabhängiger werden: Von der Leyen will Ungleichgewicht mit China beheben

EU möchte unabhängiger werden Von der Leyen will Ungleichgewicht mit China beheben

Vor ihrer Reise mit dem französischen Präsidenten Macron nach China hält EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eine Grundsatzrede zu den Beziehungen zu Peking. Dort präsentiert sie eine selbstbewusste EU, die zwar Chinas Macht anerkennt, aber deutlich eigene Werte betont - und eine Neuordnung ankündigt.

Die EU muss ihr Verhältnis zu China nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen neu ausrichten, um auf eine immer aggressivere Wirtschaftspolitik der Volksrepublik zu reagieren. "Unsere Beziehungen sind unausgewogen und werden zunehmend von Verzerrungen beeinflusst, die durch Chinas staatskapitalistisches System verursacht werden", sagte von der Leyen in Brüssel. "Daher müssen wir diese Beziehungen auf der Grundlage von Transparenz, Berechenbarkeit und Gegenseitigkeit neu austarieren."

Die EU müsse unabhängiger werden und vor allem wirtschaftliche Risiken im Verhältnis zu dem bevölkerungsreichsten Land der Erde minimieren. "Wir sehen seit einiger Zeit eine sehr bewusste Verschärfung der allgemeinen strategischen Haltung Chinas", sagte von der Leyen. Dies gehe mit einem zunehmend selbstbewussten Auftreten des Landes einher.

Die EU muss etwa ihre künftigen Beziehungen zu China und anderen Ländern in sensiblen Hochtechnologie-Bereichen wie Mikroelektronik, Quanteninformatik, Robotik, Künstliche Intelligenz und Biotechnologie neu definieren. "Wenn ein doppelter Verwendungszweck nicht ausgeschlossen werden kann oder Menschenrechte betroffen sein könnten, müssen wir eine klare Linie verfolgen, wenn es darum geht, ob Investitionen oder Ausfuhren im Interesse unserer eigenen Sicherheit liegen", betonte von der Leyen.

Lob für Chinas Entwicklung

Die Kommissionspräsidentin will kommende Woche mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu politischen Gesprächen nach Peking reisen. Am heutigen Donnerstag hielt sie eine Grundsatzrede zu den Beziehungen zwischen der EU und China. Sie lobte, dass China es in 50 Jahren geschafft habe, Hunderte Millionen Menschen aus der Armut geholt zu haben. Das Land habe heute eine große politische Rolle in der Weltpolitik. Sie betonte jedoch, dass das Verhältnis zu China zu den "weltweit schwierigsten und bedeutendsten" gehöre. Wie damit umgegangen werde, bestimme entscheidend den wirtschaftlichen Wohlstand und die Sicherheit Europas. Chinas Präsident Xi Jinping wolle, dass China zur mächtigsten Nation der Welt werde. Die Beziehungen zu dem Land seien in den vergangenen Jahren schwieriger geworden.

In ihrer Rede ging von der Leyen auf diverse Herausforderungen in Chinas Verhalten ein. Sie nannte Verletzungen von Menschenrechten, Chinas militärische Drohgebärden in der Nachbarschaft und die Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Pekings weitere Positionierung zu Putins Krieg gegen die Ukraine werde entscheidend für die künftigen Beziehungen zwischen China und der EU. Auch Chinas Umgang mit internationalen Verpflichtungen in Sachen Menschenrechten sei ein Kriterium für die weitere Zusammenarbeit.

Eins machte die deutsche Kommissionschefin sehr deutlich: Konsequenz all dieser Herausforderungen kann für sie nicht sein, sich von China abzuwenden. "Ich glaube, es ist weder umsetzbar noch im Interesse Europas, sich von China abzukoppeln." Stattdessen warb sie für einen offenen Austausch, Risikominderung statt Entkopplung. Entscheidend sei, diplomatische Stabilität und offene Kommunikationsverbindungen sicherzustellen. Als Bereiche, in denen Zusammenarbeit möglich ist, nannte sie den Kampf gegen den Klimawandel sowie den Naturschutz. Einen Schwerpunkt legte von der Leyen auf wirtschaftliche Risiken für die EU - und wie Europa darauf reagieren sollte.

China mit massivem Exportüberschuss

9 Prozent der EU-Exporte gingen nach China, mehr als 20 Prozent der Importe kämen aus dem asiatischen Land. Dieses Ungleichgewicht nehme zwar zu, der Großteil des Handels berge jedoch keine Risiken. Doch gebe es in einigen Bereichen Risiken für die wirtschaftliche oder nationale Sicherheit. Hier müsse das Verhältnis neu austariert werden. Es müsse sichergestellt werden, dass die wirtschaftlichen Beziehungen den Wohlstand beider Seiten förderten. Dazu müsse das bereits verhandelte, aber noch nicht gültige Investitionsabkommen mit China neu bewertet werden.

Von der Leyen warnte, dass Handel und Investitionen insbesondere in "Zusammenhang mit Chinas deutlicher Verschmelzung seines militärischen mit seinem kommerziellen Sektor" in einigen Bereichen Risiken für Europas Wirtschaft oder Sicherheit bergen könnten. Dies gelte etwa für den Handel mit zivilen Gütern, die auch militärisch genutzt werden können und für Investitionen in China, bei denen Technologie- oder Wissenstransfer durch die Regierung in Peking erzwungen werden.

"Wir müssen sicherstellen, dass das Kapital, der Sachverstand und das Wissen unserer Unternehmen nicht dazu genutzt werden, die militärischen und nachrichtendienstlichen Fähigkeiten derjenigen zu stärken, die für uns auch systemische Rivalen sind", sagte von der Leyen. Bestehende Instrumente müssten konsequenter angewendet werden, um Sicherheitsbedenken und wirtschaftlichen Verzerrungen anzugehen. Zugleich kündigte sie an, dass ihre Behörde noch in diesem Jahr erste Ideen für ein gezieltes Instrument für Investitionen ins Ausland vorlegen wird. Dies würde nur "eine kleine Anzahl sensibler Technologien betreffen, bei denen Investitionen zur Entwicklung militärischer Fähigkeiten führen können, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen".