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Europäische Zentralbank: Deutsche Banken kassieren Milliarden von der EZB

EZB-Zentrale in Frankfurt am Main

EZB-Zentrale in Frankfurt am Main

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Reiner Zensen / imago images/Reiner Zensen

Fünfmal in Folge hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen zuletzt kräftig erhöht – doch bei den deutschen Sparerinnen und Sparern kommt davon bisher wenig an. Gerade mal 0,71 Prozent Zinsen bieten deutsche Kreditinstitute laut Daten der Finanzberatung FMH im Schnitt aufs Tagesgeld – bei einer Inflationsrate von knapp acht Prozent 2022 schmelzen die Ersparnisse also weiter dahin.

Deutlich besser ergeht es den Banken. Sie profitieren etwa vom stark gestiegenen Einlagenzins, einem der Leitzinssätze der EZB. Die Notenbank verzinst damit überschüssiges Geld der Geschäftsbanken, das diese über Nacht bei ihr parken. Seit Donnerstag liegt der Satz bei 2,5 Prozent – und damit so hoch wie zuletzt im Jahr 2008.

In den vergangenen Jahren hatte die EZB die Leitzinsen auf historische Tiefststände gesenkt – den Einlagensatz sogar bis in den negativen Bereich. Geschäftsbanken mussten also eine Art Strafzins zahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der Zentralbank deponierten. Teilweise gaben sie die Negativzinsen an ihre Kunden weiter. Dort, wo ihnen das nicht gelang, mussten sie draufzahlen.

Risikolose Erträge für die Finanzinstitute

Inzwischen hat sich die Lage vollkommen verändert: Die Banken können ihre gewaltigen Überschussreserven, die sie unter anderem aus dem Verkauf von Staatsanleihen an die EZB angehäuft haben, praktisch risikolos zu dem hohen Zinssatz bei der Zentralbank parken.

Daran verdienen sie prächtig: Die Bürgerbewegung Finanzwende hat ausgerechnet, dass allein die deutschen Finanzinstitute auf diese Weise im laufenden Jahr rund 27,4 Milliarden Euro einstreichen könnten, sollte die EZB die Leitzinsen wie erwartet bis Mitte des Jahres noch einmal um 0,5 Prozentpunkte anheben. Selbst wenn die Leitzinsen 2023 nicht mehr weiter steigen, würden die Banken immer noch rund 25 Milliarden Euro Zinsen erhalten.

»Diese risikolosen Erträge nutzen Banken, um ihre Gewinne zu erhöhen und mitunter auszuschütten, während auf den Konten der Kunden davon oft nichts ankommt«, sagt Experte Michael Peters von Finanzwende. »Warum erhalten Kunden von Banken reihenweise keine oder kaum Zinsen, während die Institute von der EZB Milliardenerträge einstreichen – risikolos und zulasten der Allgemeinheit? Dem muss die EZB endlich ein Ende bereiten. Die Zentralbank sollte die Banken nicht länger bedingungslos subventionieren.«

Tatsächlich schmälern die an die Banken gezahlten Zinsen den Gewinn der EZB – und damit mittelbar auch die Einnahmen der Staaten. Denn die EZB schüttet einen guten Teil ihrer Gewinne an die nationalen Zentralbanken der Eurozone aus, im Fall Deutschlands also an die Bundesbank. Und der Bundesbank-Gewinn fließt wiederum in den deutschen Staatshaushalt. Je mehr Zinsen die EZB den Banken zahlt, desto weniger bleibt also für die Steuerzahler übrig.

»Diese Gewinne gehören der Gesellschaft und sollten an die Regierungen ausbezahlt werden«, schreibt der Ökonom Paul de Grauwe von der London School of Economics (LSE) in einem Artikel für das Centre for Economic Policy Research (CEPR)  . Er vergleicht die Einlagen der Banken bei der EZB mit den Einlagen von Privatkunden auf Girokonten, die in der Regel gar nicht mehr verzinst werden: »Es ist schwierig, eine ökonomische Rechtfertigung dafür zu finden, dass Banker dafür bezahlt werden sollen, wenn sie Liquidität halten, während alle anderen akzeptieren müssen, dass sie nicht vergütet werden.«