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Europas Achillesfersen: So angreifbar ist unsere Infrastruktur

Die Nato habe wegen der massiven russischen Investitionen in Sabotageschiffe bereits ihr Konzept zur Überwachung des Seeraums angepasst, schrieb der Marineexperte H.I. Sutton in einer Analyse für "Forbes" vor zwei Jahren. Wie ernst die Sicherheit der Kabel genommen wird, verdeutlichte Anfang dieses Jahres eine deutliche Warnung aus Großbritannien in Richtung des Kremls.

Jeder Versuch, die Kabel zu beschädigen, könne als "Kriegshandlung" (english: "act of war") aufgefasst werden, sagte Admiral Tony Radakin der britischen "Times". Radakin ist der Befehlshaber der britischen Streitkräfte. Einen Tag zuvor war ein für die Kommunikation in Norwegen wichtiges Kabel unter ungeklärten Umständen beschädigt worden.

Der Strom

Zur kritischen Infrastruktur gehören auch Stromkabel. Nach einem Hackerangriff waren 2015 in der Ukraine mehr als 200.000 Haushalte von einem mehrstündigen Stromausfall betroffen, weil die IT-Systeme mehrerer Umspannwerke durch eine Schadsoftware namens "Black Energy" abgeschaltet wurden. Sicherheitsdienste warnen seit Jahren vor solchen Attacken. Der Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes, Wolfgang Wien, sagte kürzlich bei einer Sicherheitskonferenz in Potsdam: "Uns muss bewusst sein, Russland ist in unseren Netzen."

Strom lässt sich aber auch ohne Hacker-Kenntnisse großflächig lahmlegen. Das soll eine Gruppe "Vereinte Patrioten" von früheren NVA- und Bundeswehrsoldaten geplant haben und das Vorhaben "Silent night" (Stille Nacht) genannt haben. Die Möglichkeit, mit geringen Mitteln einen Stromausfall auszulösen und Chaos zu verursachen, lässt Terroristen und Extremisten immer wieder von Umsturzideen phantasieren. Schließlich ist die Strominfrastruktur sehr verletzlich.

Das zeigte sich in Europa auch 1999 während des Kriegs auf dem Balkan. Damals verkündete Nato-Pressesprecher Jamie Shea, "dass die NATO jetzt in Jugoslawien ihre Finger am Lichtschalter hat, und dass wir den Strom abstellen können, wann immer wir müssen, wo immer wir wollen." Und tatsächlich nutzte das Verteidigungsbündnis sogenannte Blackout-Bomben.

Wie empfindlich das Stromnetz sein kann, wenn Unvorhergesehenes passiert, zeigte sich ebenfalls am 4. November 2006, als es in weiten Teilen Europas zu einem Stromausfall von bis zu zwei Stunden kam – wegen der eigentlich planmäßigen Abschaltung einer Höchstspannungsleitung im Emsland.

Der Strom nahm deshalb Umwege über Leitungen, die sich wegen Überlastung ausschalteten. Verbesserte Sicherheitsmaßnahmen sollen ähnliche Vorfälle zwar inzwischen verhindern, ausschließen lassen sie sich aber nicht.

Die Pipelines

Gas- und Ölpipelines sind besonders anfällige Ziele – ob an Land oder in der See. Erst am vergangenen Wochenende warnte der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, in einem Interview vor den Gefahren von "Seabed Warfare", also Kriegführung auf dem Meeresboden - und der Verwundbarkeit kritischer Infrastruktur.

"Auch unter Wasser hat Russland erhebliche Kapazitäten aufgebaut", sagte er der "Welt". Kaack weiter: "Auf dem Grund der Ostsee, aber auch im Atlantik, gibt es einiges an kritischer Infrastruktur wie Pipelines oder Unterseekabel für IT. Da können sie Ländern wie Estland schnell das Licht ausschalten, und es gibt Gefährdungen der globalen Kommunikationsstrukturen, auf die man besonders achten muss. Es hat einen Grund, wenn russische Unter- oder Überwassereinheiten sich über längere Zeit im Bereich dieser Kabel aufhalten."