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Europas liebster Prügelknabe? Olaf Scholz!

Olaf Scholz schien in Prag zum Abschuss freigegeben. Vor dem Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs wetteiferte das Spitzenpersonal der EU schier darum, den aktuellen Buhmann des Kontinents zu kritisieren. Die Bundesregierung hatte allerdings auch eine Steilvorlage geliefert.

Der 200 Milliarden schwere „Doppel-Wumms“ zur Entlastung der deutschen Energiekunden schien mit den europäischen Partnern nicht abgestimmt. Die waren nach eigenem Bekunden völlig überrascht. Träfe diese Darstellung zu, es wäre ein missliches Versäumnis von Scholz, Habeck und Lindner: Anrufe bei ihren Amtskollegen und mehr Details zu dem Paket hätten geholfen, Missverständnisse zu vermeiden.

Etwa, dass die 200 Milliarden für einen Gaspreisdeckel genutzt werden sollen. Tatsächlich soll nur ein Bruchteil des Geldes in die geplante Gaspreisbremse fließen. Die Rede ist von maximal 24 Milliarden Euro. So ist die deutsche Maßnahme vergleichbar mit ähnlichen Programmen in Frankreich, den Niederlanden oder Griechenland.

Deutschland agiert tatsächlich viel später und weit weniger großzügig als andere EU-Länder, die ihre Stromkunden seit Monaten subventionieren. Zumal gar nicht klar ist, ob das deutsche Paket überhaupt gebraucht wird.

200 Milliarden, um die Bevölkerung zu beruhigen

Die 200 Milliarden sind eine Reserve, aus der Maßnahmen bis ins Jahr 2024 finanziert werden können, ohne dass Lindner im kommenden Jahr neuen Schulden machen muss. Die gewaltige Summe sollte die Bevölkerung und Unternehmen beruhigen – so wie der Corona-Schirm und das unhaltbare Versprechen der sicheren Bankkonten nach dem Lehman-Crash.

In Europa hat das Informationsvakuum, das Scholz ließ, allerdings die Partner vor den Kopf gestoßen. Es ist eine Situation, die von all denen ausgenutzt wird, die ihre eigenen Agenden vorantreiben wollen. Etwa um einen EU-weiten Gaspreisdeckel zu fordern, oder neue gemeinsame EU-Schulden.

Die Kritik an Scholz verstummte in Prag weitgehend, nachdem sich die Türen zum Sitzungssaal geschlossen hatten. Auch den Regierungschefs aus Belgien, Polen und Ungarn ist klar, dass die EU bei den anstehenden Problemen eine gemeinsame Antwort finden muss. Die Entwicklung im Sommer, als die EU-Länder beim Wettbieten um LNG-Lieferungen den Gaspreis in die Höhe getrieben hatten, hat gezeigt, dass auf EU-Ebene mehr Abstimmung nötig ist.

Wie die gemeinsame Antwort auf die hohen Gaspreise aussehen wird, werden erst die kommenden Tage zeigen, am Freitag lagen die Positionen noch weit auseinander. Aber die Krisenstimmung war in Prag greifbar: Die Energiekrise belastet nicht nur Verbraucher und gefährdet Industrien, sondern wird auch zur Bewährungsprobe für die EU.