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Expats: Was ausländische Fachkräfte an Deutschland nervt

Sprachbarrieren, Bürokratie, Digitalisierung: Eine Expat-Organisation hat ausländische Fachkräfte in aller Welt gefragt, wie gut sie in ihrem Gastland zurechtkommen. Deutschland landet auf dem letzten Platz

Arbeitsminister Hubertus Heil und Innenministerin Nancy Faeser sind diese Woche im schönen Kanada unterwegs. Nicht zum Urlaub machen natürlich. Sie fragen dort indische Elektrotechniker, Iranerinnen und Albaner, warum sie denn nicht lieber nach Deutschland ausgewandert sind. Denn auch Deutschland braucht mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland, um dem wachsenden Personalmangel zu begegnen. Darin sind sich alle Experten einig.

Das Problem: Die Bundesrepublik ist bei ausländischen Fachkräften bei weitem nicht so beliebt wie etwa Einwanderer-Darling Kanada. Als Gründe gelten neben Sprachbarrieren auch bürokratische Hürden, etwa bei der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen und der Einbürgerung, sowie die viel zitierte „Willkommenskultur“.

Expat-Studie: Deutschland ist Schlusslicht

Welche Eingewöhnungsprobleme Fachkräfte haben, die zum Arbeiten nach Deutschland kommen, zeigt eine Befragung der Organisation Internations. Das Münchner Unternehmen vernetzt weltweit Expats – gut qualifizierte Fachkräfte, die im Ausland leben und arbeiten – und hat 12.000 von ihnen gefragt, wie gut sie sich im jeweiligen Gastland zurechtfinden. Die Ergebnisse münden in ein Ranking von 52 Ländern – und Deutschland landet auf dem 52. Platz.

In keinem anderen Land des Rankings taten sich Expats zum Start so schwer wie hierzulande. Abgefragt wurden dabei die Kategorien Sprache, Wohnen, digitale Infrastruktur und Verwaltung. Und damit einige der Problem-Themen, die auch den beiden deutschen Minister*innen auf ihrer Kanada-Tour immer wieder aufs Brot geschmiert werden.

Ein wesentlicher Faktor ist laut der Befragung die Sprachbarriere: Zwar sagen 59 Prozent der Expats, dass sie gut bis sehr gut Deutsch können – in den übrigen Ländern sagen das nur 53 Prozent über die jeweilige Landessprache. Doch ohne ausreichende Sprachkenntnisse hat man es laut Befragung in Deutschland deutlich schwerer als anderswo. Stellvertretend dafür steht die Aussage einer Umfrageteilnehmerin aus Rumänien. Sie sagt: „Die Deutschen sind voreingenommen, wenn man nicht gut genug Deutsch spricht, besonders auf den Ämtern.“

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Probleme mit Ämtern und Wohnen

In deutschen Behörden stoßen die Expats nicht nur auf sprachliche Hürden. Ein Ärgernis ist für viele auch die mangelhafte Digitalisierung der Verwaltung. Jeder dritte Expat in Deutschland bewertet diesen Punkt negativ, in anderen Ländern ist es nur jeder Fünfte. „Ich bin oft überrascht, wie weit Deutschland anderen Ländern hinterherhinkt in Bezug auf die Verfügbarkeit von Online-Diensten, Kartenzahlungen und Behördengängen, die in anderen Ländern online erledigt werden können“, sagt ein Brite.

Die digitale Infrastruktur in Deutschland bewerten viele Auswanderer auch abseits der Behörden als stark ausbaufähig. „Kreditkarten werden in Deutschland fast nirgends akzeptiert, und die Internetverbindungen sind schlecht“, beklagt eine Italienerin. Keine Einzelmeinung: Fast nirgendwo sonst bewerten die Expats die Möglichkeit bargeldlos zu zahlen schlechter (Platz 51 von 52). Beim einfachen Zugang zu schnellem Internet sieht es nicht viel besser aus (Platz 49).

Ein Problem für viele Zugewanderte ist zudem der deutsche Wohnungsmarkt. Trotz des hohen Akademikeranteils unter den Befragten gaben 59 Prozent an, Wohnungen seien kaum bezahlbar und 56 Prozent meinten, Wohnraum sei überhaupt schwer zu finden. „Die Wohnungsknappheit hier ist ein echtes Problem und auch der ständige Anstieg der Mietpreise, während die Gehälter nicht im gleichen Maße steigen“, erklärt eine aus der Ukraine stammende Studienteilnehmerin. In diesem Punkt zumindest dürften Zugewanderte und Einheimische dieselbe Sprache sprechen.

Fairerweise muss gesagt werden, dass sich das Ranking nur auf einige Alltagsprobleme vor allem von akademischen Fachkräften bezieht. Andere durchaus gewichtige Punkte wie Demokratie, Sozial- und Rechtsstaat bleiben hier außen vor. So landen auf den Top-Plätzen nicht nur Vorbild Kanada, sondern auch autokratische Staaten wie das im Umgang mit Gastarbeitern viel kritisierte Katar.

Dieser Artikel ist zuerst auf www.stern.de erschienen.