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Fachkräfte-Talk bei Illner - CDU-Vize will steuerfreien Zuverdienst für Rentner

Nach der Arbeitslosigkeit die Arbeiterlosigkeit: Überall fehlen Lehrer, Kellner, An- und Zupacker in der Backstube und auf dem Bau, und es wird immer schlimmer! Maybrit Illner ringt die Hände: „Arbeitskräfte dringend gesucht – wer sichert Wirtschaft und Wohlstand?“

▶︎ Andrea Nahles (52, SPD). Die Chefin der Arbeitsagentur, Ex-Arbeitsministerin und Ex-Parteichefin fordert eine „neue Willkommenskultur“ für Fachkräfte aus dem Ausland: „Der Spirit Einwanderungsland ist in Deutschland noch nicht da!“

▶︎ Ricarda Lang (29, Grüne). Die Parteichefin glaubt: „Wir brauchen eine feministische Wirtschaftspolitik.“ Halleluja!

▶︎ Carsten Linnemann (45, CDU). Der Parteivize drängt auf beschleunigte Zuwanderungsverfahren für qualifizierte Arbeitskräfte. Höchste Zeit!

▶︎ Elisabeth Niejahr (57). Die Volkswirtin (Hertie-Stiftung) freut sich: „Dass in dieser Situation zupackende, aufstiegsorientierte Ukrainer nach Deutschland kommen, ist eine Chance!“

▶︎ Sara Weber (35). Die Autorin fand heraus, „dass es jungen Menschen wichtiger ist, einen erfüllenden Job zu haben, der gleichzeitig Spaß macht, einen tieferen Sinn hat und gut bezahlt ist.“ Ach nee!

▶︎ Jörg Dittrich (53). Der Handwerkspräsident warnt, dass bald „bestimmte Dienstleistungen nicht mehr angeboten werden können“. Schluck!

Politik gegen Praxis, Parolen gegen Argumente, Handwerk gegen Mundwerk: Das Zoff-O-Meter schaltet den Laber-Filter auf volle Leistung!

Elisabeth Niejahr, Carsten Linnemann, Maybrit Illner, Andrea Nahles, Jörg Dittrich und Sara Weber (v.l.). Schalte: Ricarda Lang

Foto: ZDF/Jule Roehr

Mit Handwerkspräsident Dittrich ist, freut sich die Talkmasterin, „die Runde glücklich bestückt“. Stimmt, denn was der Dachdecker sagt, ist nicht von Pappe: „Wir kommen aus einer Situation, in der Handwerksleistung quasi am nächsten Tag verfügbar war“, erinnert er. „Ich finde es nicht so schlimm, dass man jetzt mal zwölf Wochen warten muss.“ Rumms!

Seine ungemütliche Erwartung: „Die Wartezeiten werden sich erweitern, wenn wir das Problem der Fachkräfte nicht in den Griff bekommen.“ Und: „Natürlich wird es teurer. Wir haben ganz viele Kostenschübe.“

„Uns ist in Bremen zugeschaltet eine der zwei Vorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen“, strahlt Illner dann in die Kamera. Ihre schnittige Frage: „Wie würden Sie das Problem beschreiben? Was sagt Rebecca Lang?“

Die sagt erst mal „Ricarda“ und lacht Illners Namens-Panne großzügig weg. Uff! Das fängt ja gut an.

Zu den Ursachen sagt die Grüne-Chefin dann: „Ich kann wenig für die letzten 16 Jahre sprechen, denn da war weder ich Teil der Regierung noch meine Partei!“

Nahles lächelt verkniffen, und Lang legt sich steil in die Kurve: Bei der Einwanderung sei der Fehler gemacht haben, „das eher zu erdulden als aktiv zu gestalten“, wettert sie. „Da erleben wir ein großes politisches Versäumnis!“

Andrea Nahles

Foto: ZDF

Die Talkmasterin spielt den Ball weiter: „Müssen die Grünen jetzt wegräumen, was in Ihrer Zeit als Arbeitsministerin liegengeblieben ist?“, pikst sie die SPD-Politikerin an.

Doch Nahles kann darüber nur müde lächeln: „Es ist eine Riesenleistung erbracht worden“, erklärt sie forsch. „Wir haben eine Riesen-Flüchtlingswelle gehabt und die Menschen überdurchschnittlich gut in den Arbeitsmarkt integriert.“ Echt jetzt?

Linnemann macht keine Gefangenen: „Meine Prognose ist, und damit mache ich mich wahrscheinlich in dieser Runde unbeliebt: Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir 20 bis 25 Prozent weniger Fachkräfte im Handwerk und auch im Mittelstand haben werden. Das werden wir auch durch Zuwanderung nicht schaffen.“

Sein knallharter Lösungsvorschlag: „Wir müssen die Systeme so einstellen, dass wir effizienter werden, dass wir besser werden, und gleichzeitig das inländische Potenzial, wo wir Millionen Menschen haben, wo wir es nicht schaffen, sie zum Arbeiten zu bekommen, besser …“ Bäm!

Ein ZDF-Einspieler zeigt den Bundeskanzler beim Versuch, den Trend zur Frühverrentung zu stoppen. Illners spitze Frage: „Ärgert es die Arbeitsvermittlerin Nahles, dass sie damals als Arbeitsministerin die Rente mit 63 mit initiiert hat?“

Weit gefehlt! „Wir wollten eine Generation würdigen, die mit 15, 16 in die Ausbildung gegangen ist und 45 Jahre gearbeitet hat“, antwortet die SPD-Politikerin energisch. „Und da wollten wir nicht, dass die Abschläge hinnehmen müssen. Dazu stehe ich!“

So leicht möchte der CDU-Vize die Ex-Ministerin aber nicht davonkommen lassen: „Die Rente mit 63 war einer der größten sozialpolitischen Fehler der Großen Koalition“, schimpft er.

Prompt springt das Zoff-O-Meter an. „Dem haben Sie aber auch zugestimmt“, erinnert Nahles. „Mit Schmerzen, vermutlich.“

„Genau“, gibt Linnemann zu. „Damals habe ich die Flexi-Rente noch durchsetzen können, damit die Menschen einen Anreiz haben, auch länger zu arbeiten, wenn sie es wollen. Es war ein Kompromiss.“

„Mein Vorschlag wäre eine neue Rente, eine neue Aktivrente“, erklärt der CDU-Politiker dann der sichtlich überraschten Runde. „Ich würde für alle, die das gesetzliche Renteneintrittsalter erreichen und dann freiwillig länger arbeiten, das steuerfrei machen.“ Ui!

Linnemanns Begründung: „Wir haben außergewöhnliche Zeiten. Jetzt brauchen wir außergewöhnliche Instrumente.“

Die Runde staunt und schweigt, nur Illner hat prompt einen Vorschlag: Die neue Rente „muss natürlich als Linnemann-Rente gelabelt werden“, scherzt sie. Puh …

„Wir müssen eine Bildungswende schaffen“, fordert der Handwerkspräsident. „Die Priorisierung ist uns aus dem Ruder gelaufen. Es gehen zu viele in Richtung Studium, die vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt erkennen, dass sie dort gar nicht gut aufgehoben sind.“

Jörg Dittrich und Sara Weber

Foto: ZDF/Jule Roehr

Der nächste Einspieler beschreibt das „Quiet Quitting“ (dt: „Dienst nach Vorschrift“), mit dem sich junge Amerikaner vor Überforderung schützen wollen.

„Wie können wir dahin kommen, dass die Leute nicht mit 50 vollkommen ausgebrannt sind?“, fragt Buchautorin Weber („Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“). Ihr Credo: „Die Arbeit ist ein Teil des Lebens, aber nicht der Hauptteil.“

„Ich habe für mein Buch mit einem Bäcker gesprochen, der hat gesagt, ich habe keine Lust, nachts zu backen“, berichtet Weber. „Ich will nicht morgens um eins anfangen, zu arbeiten.“

Seine Lösung, so die Autorin: „Er fängt morgens um sechs an, macht um sieben auf, und dann gibt’s einfach noch nicht alles. Er hat sich einfach ein anderes Modell geschaffen.“

„Wir müssen aufpassen, dass Arbeit in Deutschland weiter etwas wert ist“, mahnt der CDU-Vize. „Seit den letzten Krisen hat sich der Staat derart ausgeweitet, dass er so tut, als ob er für alles sorgt. Er verteilt so das Geld, als ob alle Lebensrisiken abgedeckt wären.“

Linnemanns Sorge: „Wir haben eine Vollkasko-Mentalität, die daraus wächst. Und da müssen wir aufpassen. Wenn wir da reingehen, dann war’s das mit Deutschland. Wir müssen aufpassen, dass der Wohlstand uns nicht satt gemacht hat, sondern dass Eigenverantwortung auch in Zukunft was zählt.“

„Als ich meinen Schulabschluss gemacht habe, galt immer das Mantra ‚Studieren, studieren, studieren‘“, gesteht die Grüne-Chefin. „Jetzt fehlen uns überall die Menschen aus den Ausbildungsberufen, wenn es darum geht, wer baut eigentlich die Wärmepumpe ein, wer baut das Windrad auf?“

Langs Vorschlag: „In die Schulen, in die Berufsberatungen reingehen, damit die jungen Menschen lernen: Wenn ich eine Ausbildung mache, habe ich nicht nur einen sicheren Job, sondern am Ende bin ich bei vielen dieser Berufe sogar Klimaschützer von Beruf aus.“ Heidewitzka!

Ricarda Lang

Foto: ZDF/Jule Roehr

„Die Grünen reden immer von ‚Wende zu weniger’ und ‚Wir dürfen nicht immer nur an Wachstum glauben“, klagt die Volkswirtin. „Das ist der falsche Tonfall. Es gibt auch sehr viel Diskussion, die den Optimismus dämpft.“

„Wir müssen gemeinsam für mehr Wertschätzung der beruflichen Bildung sorgen“, sekundiert Dittrich. Und für weniger Nebenkosten: „Das, was die Fachkraft netto bekommt, und das, was der Betrieb mit Umsatzsteuer in Rechnung stellen muss, ist so weit auseinandergerutscht, dass es sich ein normaler Mensch nicht mehr leisten kann.“

Fatales Ergebnis, so Dittrich auf den Punkt: „Der, der die Leistung erbringt, kann sie sich selbst nicht kaufen!“

Zum Schluss kapituliert die Talkmasterin vor der eigenen Minderleistung: „Sie merken, liebe Zuschauer, wir schaffen das schöne Thema Zuwanderung nicht“, gesteht sie und tröstet: „Wir heben uns das einfach für eine andere (Sendung) auf, eben weil so viel passiert, sogar in diesem Land.“ Amen!“

„Ein demographisches Problem haben wir nicht, wenn die Menschen immer älter werden. Ein demographisches Problem haben wir, wenn wir uns keine Zukunft mehr vorstellen können.“ Jörg Dittrich

Blamable Bruchlandungen in den Binsen, schwere Verstöße gegen die Aufmerksamkeitsökonomie – und die Talkmasterin musste immer wieder heftig strampeln, um eigensinnige Falschabbieger einzufangen. Das war eine Talkshow der Kategorie „Arbeitskrampf“.