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"FIFA, bitte belegen!": Experten wollen Klarheit zum Tor, das dem DFB das Aus brachte

"FIFA, bitte belegen!" Experten wollen Klarheit zum Tor, das dem DFB das Aus brachte

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft fliegt bei der Weltmeisterschaft erneut in der Vorrunde raus. Weil Deutschland an sich selbst scheitert und weil Japan ein umstrittenes Tor erzielt. Experten wollen Aufklärung von der FIFA.

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist bei der Weltmeisterschaft in Katar an sich selbst gescheitert. An einer Defensive, die dem wackligen Konstrukt nie die absolute Sicherheit verschaffen konnte und an der fehlenden Effizienz. Weil man in drei Spielen aus den meisten Chancen aller Teams viel zu wenig Tore erzielte. Doch das DFB-Team erlebte das zweite WM-Debakel in Serie auch, weil Japan überraschend Spanien schlug. Und über den Siegtreffer, der für die deutsche Mannschaft das Aus und für die Japaner das Achtelfinale bedeutete, wird gesprochen. Wenn auch nicht im Kreise des DFB, der mit sich selbst beschäftigt ist.

Was war passiert? In der 54. Minute erwischt Japans Kaoru Mitoma einen Ball per Grätsche knapp hinter oder noch wenige Millimeter auf der Torauslinie und bugsiert ihn noch in die Mitte, wo Ao Tanaka die Führung besorgt. Danach wird es unübersichtlich: "Der Schiedsrichter hat auf den Assistenten reagiert. Ich bin der Meinung erkannt zu haben, auch nach gängigen Informationen, dass der Ball vom Assistenten ins Aus gewunken wurde. Das heißt, die Feld-Entscheidung ist Aus", sagte Bundesliga-Schiedsrichter Patrick Ittrich nach dem Spiel bei MagentaTV. Schiedsrichter Victor Gomes wollte zunächst nicht auf Tor entscheiden, auch der Assistent nicht.

Ballack schäumt

Doch dann meldete sich der Video-Assistent. "Dementsprechend brauchen wir als Nächstes einen bildlichen Beweis dafür, dass der Ball nicht im Aus ist", so Ittrich. Der Führungstreffer wurde zunächst nicht gegeben, die Situation wurde minutenlang gecheckt. Was zu jeder Zeit klar war: Es ging um eine große Entscheidung und eine verdammt knappe Entscheidung. "Deshalb hat auch die Überprüfung so lange gedauert. Der Schiedsrichter hat zum Assistenten geschaut, sie hatten kurz Kommunikationskontakt. Wahrscheinlich war sich der Assistent auch nicht sicher. Dann kam die Fahne hoch, dann wurde überprüft - und dann wurde das Tor erst später gegeben", sagte Ittrich.

Aber durfte Video-Assistent Fernando Guerrero überhaupt einschreiten? Schließlich lag keine klare Fehlentscheidung vor. Mit den TV-Bildern ließ sich die Situation nicht auflösen. "Die Feldentscheidung lautete 'Ball im Toraus, daher kein Tor'. Das bedeutet: Wenn der VAR keinen klaren Beleg dafür hat, dass der Ball noch im Spiel war, darf er keine Entscheidungsänderung empfehlen", schreiben die Schiedsrichter-Experten von "Collinas Erben" in einem Thread auf Twitter.

Die Frage, ob sich der VAR überhaupt einschalten durfte, sorgte bei "Capitano" Michael Ballack für einen Moment großer Empörung: "Falsch" sei die Entscheidung des VAR, der gar nicht habe eingreifen dürfe. "Du korrigierst eine nicht klar belegbare Aus-Entscheidung. Und das dürfen sie eigentlich nicht", sagte der ehemalige DFB-Kapitän bei MagentaTV. Im Protokoll des International Football Association Board (IFAB), des Hüters der internationalen Fußballregeln, wird der Komplex "Ball aus dem Spiel vor einem Tor" jedoch ausdrücklich als Beispiel aufgeführt, wann sich der VAR rund um ein Tor einschalten darf.

"Wäre ein gewagter Move"

Ittrich präzisiert, wann der VAR den Schiedsrichter zu einer Änderung seiner ursprünglichen Entscheidung auffordern darf: "Wir brauchen einen bildlichen Beweis. Den hat man aufgrund der Goal-Line-Kamera. Es gibt noch diverse andere Kameras in den Stadien, um das zu überprüfen. Anscheinend hat man diesen bildlichen Beweis gefunden, dass der Ball nicht im Aus war."

"Collinas Erben" erhoffen sich Transparenz von der FIFA: "Was wir nicht wissen: Hat der VAR Bilder, die wir nicht kennen? Hat ihm der Chip im Ball genutzt, der ständig die exakte Position des Balles übermittelt - eigentlich zur Bestimmung des Abspielzeitpunkts beim Abseits, hier aber womöglich ebenfalls hilfreich?", schreiben sie. "Es wäre schön, wenn das aufgeklärt werden würde. Ausschließlich auf der Grundlage der bislang veröffentlichten Bilder die ursprüngliche Entscheidung als klaren Fehler einkassiert zu haben, wäre schon ein recht gewagter Move."

Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe kommentierte den Vorgang auf Twitter entrüstet: "Sie überlassen es komplett dem VAR. Welch Entwicklung", schrieb er zum Gespann um Gomes, der sich die Situation nicht noch einmal selbst ansah, bevor er schlussendlich den für die deutsche Mannschaft fatalen Treffer doch noch gab. Klarheit in die Angelegenheit bringen könnte laut dem Magenta-Experten Patrick Ittrich jedoch nur "die FIFA - mit allen möglichen Kamera-Perspektiven, die sie hat". Auch Gräfe forderte: "FIFA, bitte belegen!" Doch neue Bilder gibt es bislang nicht.