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Fund Seltener Erden in Schweden: Es wird richtig schwer, diesen Schatz zu bergen

Quelle: ntv.de, Fund Seltener Erden in Schweden: Es wird richtig schwer, diesen Schatz zu bergen

Noch steht nicht fest, wie wertvoll der Rekordfund Seltener Erden unter Kiruna im Norden Schwedens für Europa ist. Er weckt in der EU zwar die Hoffnung auf mehr Unabhängigkeit von Importen aus China. Bevor der Abbau beginnen kann, müssen allerdings noch viele Fragen beantwortet werden.

Unter der nördlichsten Stadt Schwedens liegt ein Schatz. Mehr als eine Million Tonnen Seltener Erden warten in Kiruna darauf, gehoben zu werden. Den Rekordfund meldete der schwedische Bergbaukonzern LKAB Mitte Januar, als die EU-Kommission in der Gegend zu Gast war. Er könnte entscheidend für Europas Unabhängigkeit von Importen aus China sein. Doch für Jubelstürme ist es zu früh. Noch fehlen Methoden für die Gewinnung und die Aufbereitung der wertvollen Rohstoffe.

Harald Elsner, Wirtschaftsgeologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), bezeichnet die Meldung des Fundes im Gespräch mit ntv.de als nichts besonders Neues für Experten. Fachleute wie Elsner wissen, dass Seltene Erden unter Kiruna verborgen liegen, da der Eisenerz-Bergbau in direkter Nachbarschaft seit Jahrzehnten existiert.

Die Gesteinsschichten sind nicht nur reich an Eisenerz, sondern auch an Apatit. Dass dieses Phosphatmineral, das für die Herstellung von Dünger verwendet wird, Seltenerdoxide enthält, ist bekannt. Der Zeitpunkt für die Pressemitteilung des LKAB war also nicht zufällig gewählt. "Zum Anlass des Besuchs der EU-Kommission in Kiruna hat LKAB die Nachricht vermeldet, dass es eine Million Tonnen Seltener Erden gefunden hat", so Elsner.

"Kommerzielle Anlagen kosten viel Geld"

Der Bergbaukonzern drängt nun auf schnellere Genehmigungsverfahren, um Minen errichten zu dürfen. Der Bitte will die EU-Kommission nachkommen. Sie hat bereits angekündigt, die wichtigsten Abbau-Projekte in Europa aufzulisten, um die Verfahren dafür zu beschleunigen. Details stellt sie im März vor.

Das Per-Geijer-Vorkommen ist noch unerschlossen. Das Phosphatmineral samt der Seltenen Erden sei auch in der bestehenden Mine nebenan zu finden, sagt Elsner, allerdings in geringerer Konzentration. LKAB forsche seit einem Jahrzehnt in Kooperation mit der Technischen Universität Luleå an Methoden, um den Apatit und daraus dann Seltenerdoxide zu lösen.

"Außerdem arbeitet der Bergbaukonzern seit kurzem mit einer norwegischen Firma daran, nun auch im Pilotmaßstab die Seltenen Erden abzutrennen", fügt Elsner hinzu. Allerdings sei es ein großer Schritt von diesen Labor- und Pilottests hin zu einem profitablen Verfahren für die Aufbereitung. "Kommerzielle Anlagen kosten viel Geld und man braucht viel Know-how, das zumindest in Schweden zurzeit nicht vorhanden ist", sagt Elsner.

Bedarf wird sich bis 2030 verfünffachen

Es gibt noch keine einzige Mine für den Abbau von Seltenen Erden in Europa. Bislang importiert die EU zwischen 60 und 70 Prozent der Rohstoffe aus China. Die Abhängigkeit alarmiert EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Schließlich sind Seltene Erden unverzichtbarer Bestandteil ökologischer Schlüsseltechnologien. Kein Hersteller von Windkraftanlagen, Energiesparlampen oder Elektroautos kommt ohne sie aus.

Ein "europäisches Gesetz zu kritischen Rohstoffen" müsse auf den Weg gebracht werden, da sich der Bedarf an Seltenen Erden bis 2030 verfünffache, sagte von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union im September vergangenen Jahres. "Seltene Erden werden bald wichtiger sein als Öl und Gas", warnt sie. Aus diesem Grund dürfte Europa die Fehler, die es über viele Jahre bei den russischen Energieimporten gemacht habe, nicht wiederholen.

Nach der Invasion in die Ukraine drehte Moskau Deutschland und anderen EU-Mitgliedsstaaten das Gas ab. Die EU verhängte ihrerseits ein Öl-Embargo. Seitdem suchen europäische Staats- und Regierungschefs mühsam nach alternativen Lieferanten. Ähnliche Szenen könnten sich in naher Zukunft beim Handel mit China abspielen. Peking übt sich immer wieder in Drohgebärden gegen Taiwan, das es nicht als unabhängige Nation anerkennt. Sollte es den Inselstaat überfallen, müssten die USA ihr Versprechen einlösen, Taipeh Beistand zu leisten. So stellt sich die Frage, ob die Vereinigten Staaten und ihre westlichen Alliierten irgendwann Sanktionen gegen chinesische Produkte verhängen werden.

Radioaktive Abfälle bei Aufbereitung

Für die Europäer wird es jedoch nicht einfach, sich aus der Abhängigkeit von China zu lösen. Insbesondere die Aufbereitung Seltener Erden stellt eine Herausforderung dar. Die Expertise, die Schweden in diesem Zusammenhang fehlt, besitzt in Europa nur Frankreich, da sich eine Firma dort auf diesem Gebiet spezialisiert hat. Die Aufbereitungsverfahren bringen Elsner auf einen weiteren schwierigen Punkt: Es lässt sich nicht vermeiden, dass dabei Uran und Thorium anfallen. Diese radioaktiven Stoffe treten stets in Verbindung mit Seltenen Erden auf. "Die Firma in Frankreich hat auch große Probleme mit radioaktiven Abfällen", sagt er.

In Deutschland wurden ebenfalls Seltene Erden entdeckt. Ein größeres Vorkommen von 20.000 Tonnen wurde während Uranbohrungen zu DDR-Zeiten im sächsischen Storkwitz gefunden. Untersuchungen ergaben jedoch, dass der Gehalt im Erz zu gering für eine profitable Förderung ist. Vorkommen in Finnland, Portugal, Griechenland und der Türkei seien ebenfalls zu klein für den kommerziellen Abbau, sagt Elsner. In Grönland habe es zwar zwei sehr große Funde gegeben. "Aber da passiert auch nichts, weil es noch keinen Investor gibt, der dafür Milliarden ausgeben will", sagt er. Es ist also noch ein weiter Weg, bis der Schatz unter Kiruna geborgen werden kann.