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Gabriel nimmt Scholz in Schutz: "Es ist putzig, dass alle immer ein Machtwort des Kanzlers verlangen"

Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel nimmt die Politik der Bundesregierung vor Kritikern in Schutz. Angesichts der Krisen, denen sie sich im Moment zu stellen habe, gehe es Deutschland gut, sagt er am Mittwochabend in der ZDF-Talkshow Markus Lanz.

Er gehörte zu den Spitzenpolitikern des Landes. Er war SPD-Chef, Vizekanzler, Ministerpräsident von Niedersachsen, Bundesumweltminister, Wirtschafts- und Außenminister. Heute ist er Berater und Vorsitzender der Atlantik-Brücke: Sigmar Gabriel. Kaum jemand kennt sich so gut in der Politik aus wie er. In der ZDF-Talkshow Markus Lanz widerspricht er am Mittwochabend vehement Kritikern der Bundesregierung. "Wenn man überlegt, wie viele zeitgleiche Krisen von der Bundesregierung bewältigt werden müssen, glaube ich nicht, dass es je eine Regierung gab, die so unter Druck stand. Deswegen finde ich es auch normal, dass dabei gelegentlich auch mal Fehler gemacht werden", sagt Gabriel bei Lanz. Deutschland sei trotz der Dramatik von Veränderungen ein ziemlich stabiles Land.

Koalition hält bis zu den Wahlen – vielleicht noch länger

Während seiner Zeit im Bundestag und als Minister hat Gabriel so manchen Koalitionskrach mitbekommen. So war die Koalition zwischen der Union und der FDP zwischen 2009 und 2013 dafür bekannt, dass die Arbeit mit harten Worten kritisiert wurde. Vor allem CSU und FDP sorgten immer wieder für negative "Stimmung in der Bude". Der damalige FDP-Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr warf der CSU vor, sich wie eine "Wildsau" zu benehmen, der damalige CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt nannte die FDP daraufhin eine "Gurkentruppe". "Wer Koalitionsdynamiken kennt, der weiß: Das hält bis zum Schluss", sagt Gabriel heute. Als Alternative bliebe nur eine Große Koalition, und die wollten weder FDP noch Grüne. Schon deshalb würde keiner von ihnen die Ampelkoalition verlassen.

Selbst nach den Bundestagswahlen 2024 könnte es eine Fortsetzung der Ampelkoalition geben. Von dem derzeitigen Koalitionskrach profitiere die Union nicht, stellt Gabriel mit Blick auf verschiedene Umfragen fest. Wirklich hohe Gewinne verzeichne lediglich die AFD, und das müsse der Politik eigentlich Sorgen bereiten. Doch am Ende stehen nach den Wahlen möglicherweise eine Große Koalition oder eine Fortsetzung der jetzigen Koalition ins Haus. In diesem Fall rechnet Gabriel damit, dass sich die Ampelparteien noch einmal zusammenraufen. Und das glaubt nicht nur Sigmar Gabriel. So erklärte CDU-Generalsekretär Mario Czaja am 14. Mai in der ARD-Talkshow Anne Will: "Uns trauen noch nicht genügend Menschen zu, dass wir das in einer Bundesregierung besser machen würden."

Kritik an Diskussion zum Heizungsgesetz

Dennoch kritisiert Gabriel die seiner Ansicht nach zu lange Diskussion um das Heizungsgesetz. "Ich bin nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie Konflikte in der Öffentlichkeit geklärt werden", sagt er bei Lanz. Dabei sind nicht die Konflikte das Problem, also in diesem Fall das Heizungsgesetz. "Es dauert zu lange, und die Relation zwischen dem, was in der Welt los ist, und dem, womit wir uns monatelang befassen, die stimmt nicht."

Dennoch hält er das Heizungsthema nicht für überbewertet, "Weil sie in der Tat nur die Klimaschutzziele erreichen können, wenn Sie auch das Thema Wärme angehen." Man dürfe sich davor nicht wegducken.

Auf die Kritik an der laschen Politik von Bundeskanzler Scholz in dieser Angelegenheit antwortet Gabriel: "Es ist putzig, dass alle immer ein Machtwort des Kanzlers verlangen." Tatsächlich habe Scholz klargemacht, das Gebäudeenergiegesetz müsse im Juni in den Bundestag kommen. Das müsse genug sein. "Aus meiner Sicht ist es auch nicht klug, ständig alle Konflikte auf sich zu laden."

Das Heizungsgesetz sei ein Problem, weil man tief in das Privatleben der Menschen eingreife, auch in finanzieller Hinsicht. Und da sieht Gabriel einen Fehler der Kommunikation: "Wenn Sie nicht zuerst sagen, wo Sie die Menschen entlasten, dann nehmen die Menschen immer nur Belastung wahr. Aber diesen Fehler machen wir alle in der Politik: Wir reden zuerst über das Neue, das meistens eine Belastung beinhaltet, und zu spät über die Frage, was wir im Gegenzug entlasten", so Gabriel.

Und dennoch: Auch wenn er der Regierungspolitik im Moment nicht die volle Punktzahl geben will, macht er klar: Frühere Koalitionen waren auch nicht unbedingt besser.