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Gaga-Summe auf Transfermarkt: FC Chelsea verprasst Millionen völlig ungezügelt

Wahnsinnige 611,5 Millionen Euro gibt der FC Chelsea in dieser Saison auf dem Transfermarkt aus. Davon entfallen knapp 330 Millionen Euro auf diesen Winter. Der englische Klub gibt damit mehr aus als die Bundesliga, die spanische, französische und italienische Liga zusammen. Gigantismus, der auch eine Wette auf die Zukunft darstellt.

Erinnern Sie sich an das legendäre, streikende Faxgerät des Hamburger SV, wegen dem im Januar 2011 der Wechsel von Eric Maxim Choupo-Moting zum 1. FC Köln scheiterte? Während der Stürmer über Umwege inzwischen beim FC Bayern spielt und dort geschätzt wird, dachten eigentlich alle, solche Pannen wie damals würden der Vergangenheit angehören. Doch jetzt sollte sich Hakim Ziyech mal länger mit Choupo-Moting unterhalten, was denn so ein unfreiwilliger Verbleib beim Klub alles mit sich bringen kann.

Denn die Leihe des Außenstürmers vom FC Chelsea zu Paris St. Germain scheiterte an formalen Unachtsamkeiten der Blues. Französische Medien berichten übereinstimmend, dass Chelsea mehrfach, insgesamt dreimal, das falsche Dokument sendete. Daher konnte PSG den marokkanischen Nationalspieler nicht rechtzeitig beim französischen Ligaverband LFP registrieren. "Im Grunde dachte Chelsea nur an den Kauf von Enzo Fernández und war daher nicht unbedingt sehr aufmerksam, was den Deal mit PSG für Ziyech angeht", schrieb Bruno Salomon von Radio France bei Twitter. Die Dokumente kamen nach der Wechselfrist an, Ziyech wurde als neuer PSG-Spieler abgelehnt - der Einspruch von PSG wurde abgeschmettert.

Eine Quelle bei PSG nannte das Scheitern gegenüber "The Athletic" einen "Zirkus der Extraklasse". Eigentlich hätte Chelsea es gut gebrauchen können, einen Spieler abzugeben. Ihr Kader besteht nun aus 33 Mann - ist massiv aufgebläht. Mit den Neuzugängen Joao Felix, Mykhaylo Mudryk und Noni Madueke könnten gleich drei Neue auf Ziyechs Stammposition auf dem rechten Flügel auflaufen.

Ziyech hat bei Chelsea große Konkurrenz

Der 29-Jährige kam auch ohne die Konkurrenz der Neuzugänge in dieser Saison bislang nicht recht zum Zug. Gerade einmal zehn Einsätze in der Premier League hatte er, ein Tor konnte er noch gar nicht beisteuern, lediglich eines hat er vorgelegt. Doch nun wird er weiterhin in London bleiben müssen.

Für Chelsea hätte der Leihtransfer nicht nur etwas Platz schaffen im aufgeblähten Kader bedeutet, sondern auch etwas Entlastung im Geldbeutel - wobei Ziyech bei den galaktischen Summen, mit denen die Chelsea-Bosse hantieren, vermutlich kaum ins Gewicht fällt. Unglaubliche 329,5 Millionen Euro gab der Klub laut transfermarkt.de allein in der Winter-Transferperiode für neue Spieler aus. Das ist mehr Geld als in der Bundesliga (68,2 Mio.), La Liga, der Serie A und der Ligue 1 zusammen. Abgegeben wurden lediglich Jorginho zum FC Arsenal für 11,3 Millionen Euro sowie Malo Gusto, der weiterhin an Olympique Lyon verliehen wird.

Saisonausgaben von 611,5 Millionen Euro

Die gesamte Transferbilanz dieser Saison schreibt bei Chelsea tiefrote Zahlen. Gesamtausgaben von 611,5 Millionen Euro stehen Einnahmen von gerade einmal 67,8 Millionen Euro gegenüber. Macht 543,7 Millionen Euro Miese. Das sei "sehr wild, das muss man einfach sagen", kommentierte Sebastian Kehl, Sportdirektor von Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund, bei Sky das Transfergebaren des kommenden Champions-League-Gegners. "Geld spielt dort keine Rolle."

Er fügte an: "Wir müssen unser Geld hier auf eine andere Art und Weise einfach verdienen. Daher sind wir auch nicht in der Lage, solche Transfers umzusetzen." Der teuerste Einkauf der Chelsea-Besitzer um Todd Boehly ist Enzo Fernandez. Der 22-jährige Argentinier, der bei der Weltmeisterschaft an der Seite von Lionel Messi reüssierte, wechselt am Deadline Day für 121 Millionen Euro von Benfica Lissabon an die Themse. Transferexperte Fabrizio Romano zufolge soll die Summe in sechs Raten abgestottert werden.

Entsprechend lang läuft Fernandez' Vertrag: bis 2031. Mit demselben Ablauf ist auch Mudryks Vertrag versehen, der 21-Jährige, der für insgesamt 100 Millionen Euro von Schachtjor Donezk nach London wechselte. 70 Millionen Euro gehen in die Transfersumme ein, weitere 30 Millionen Euro sollen aus Bonuszahlungen kommen. Madueke kam für 35 Millionen Euro von der PSV Eindhoven, für die er seit der U17 gespielt hatte. Wegen einer Knöchelverletzung hatte er in dieser Saison der Eredivisie erst fünf Partien absolviert. Doch Geld ist für den Milliardär Boehly kein Hindernis.

Financial Fairplay hat Schlupflöcher

Aber gibt es da doch dieses Financial Fairplay? Nun, die langen Vertragslaufzeiten ergeben wegen dieser Vorgaben, die eigentlich nachhaltiges Wirtschaften fördern sollen, aus Chelsea-Sicht Sinn: Das Transfergeld lässt sich besser abschreiben, es kann auf viele Jahre verteilt werden, beim Financial Fairplay steht man besser da. Darum haben auch Wesley Fofana, Noni Madueke und Benoit Badiashile Arbeitspapiere, die sie bis 2029 oder 2030 binden. Während Ablösesummen für Zugänge über die Dauer ihrer Verträge abgeschrieben werden, werden die Transfererlöse für Abgänge sofort in einem Rutsch verbucht. So können mehrere hochkarätige Neuzugänge leicht mit einem einzigen Verkauf in den Bilanzen ausgeglichen werden. Besonders lohnend ist das bei Spielern, die bereits vollständig abgeschrieben sind oder aus dem eigenen Nachwuchs kommen.

Und gleichzeitig gestehen die Verbände neuen Spielraum zu. Ab der Saison 2023/24 verdoppelt sich die zulässige Grenze von Verlusten von 30 Millionen Euro auf 60 Millionen Euro. Klubs, die als finanziell gesund eingestuft werden, erhalten über einen dreijährigen Überwachungszeitraum weitere 30 Millionen Euro an zulässigen Verlusten, was bedeutet, dass Chelsea innerhalb von drei Jahren bis zu 90 Millionen Euro Miese machen darf. Es ist das Dreifache des alten Limits.

Für die drei vergangenen Jahre sollen die Schulden nur etwa sechs Millionen Euro höher sein als zugelassen, berichtet der Fußball-Finanzanalyst Swiss Ramble. Auch weitere Parameter würden maximal kleinere Vergehen ergeben. Vermutlich wird Chelsea damit relativ wenig zu fürchten haben, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. Die UEFA verhängte zuletzt Geldstrafen, von denen nur ein kleiner Prozentsatz sofort gezahlt werden musste. Bei Erfüllung von Auflagen würde der Rest verfallen. Das dürfte Boehly und Co. keine große Sorge bereiten.

Es sind Schlupflöcher in den Financial-Fairplay-Regeln, die Chelsea ausnutzt. Die Verbände UEFA und FIFA sollen bereits daran arbeiten, diese zu stopfen. So dürfen Transferausgaben für einen Spieler ab dem Sommer maximal noch auf fünf Jahre verteilt werden, auch wenn der Vertrag länger laufen sollte.

Transfers als Wette auf die Zukunft

Für den Sport haben die finanziellen Spielräume keine Relevanz. Da geht es für den FC Chelsea allein um Schadensbegrenzung in dieser Saison. Trainer Graham Potter sollte das Team wieder an die Spitze führen, nachdem Boehly 100 Tage nach seinem Amtsantritt Thomas Tuchel entlassen hatte. Es gelang dem aus Brighton abgekauften Trainer und seinem Team nach einem zwischenzeitlichen Aufschwung nicht. Einzig in der Champions League qualifizierte sich Chelsea souverän als Gruppenerster für das Achtelfinale. Im FA Cup war bereits in der dritten Runde Schluss, gegen Liga-Konkurrent Manchester City verlor das Team deutlich mit 0:4. In der Premier League steht der Klub nur auf Platz zehn, die Plätze, die für den internationalen Wettbewerb berechtigen würden, sind weit weg.

Dies hat wiederum selbstredend finanzielle Auswirkungen. Dem Klub könnten in der kommenden Saison viele Millionen Euro durch die Lappen gehen, wenn er sich nicht für einen internationalen Wettbewerb qualifiziert. Und da könnte die Einkaufspolitik wieder zum Tragen kommen. Alle Spieler aus dem Winter-Transferfenster sind 23 Jahre alt oder jünger. Ihre Verpflichtung stellt eine Wette auf die Zukunft dar: Im schlechtesten Fall erweisen sich die Spieler als nicht so gut wie erhofft, dann haben Boehly und Co. die Wette verloren. Denn die Spieler muss das - abgesehen vom sportlichen Ehrgeiz - nicht groß scheren. Ihre Zukunft ist abgesichert. Zudem hat Chelsea schon Geld ausgegeben, das ihnen erst in den kommenden Transferperioden zur Verfügung stehen würde. Bei sportlichem Misserfolg haben Boehly und Co. damit nicht so große Chancen, mit Spielereinkäufen den Erfolg anzukurbeln. Schlagen sie aber ein und entwickeln sich weiter, spielen sie zukünftig eine tragende Rolle im Klub - und bringen sportlichen Erfolg, Prestige und letztlich Geld, wenn sie ihren Wiederverkaufswert steigern.

Klar ist, Chelsea wird nicht jedes Jahr so weitreichend einkaufen gehen. Doch Kehl betonte: Das Geschäft sei hart umkämpft. Der BVB müsse bei Verpflichtungen "noch schneller sein, wir müssen noch früher dran sein. Das macht es herausfordernd, aber wir schaffen es trotzdem."