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Gehorsamkeit wohl kein Maßstab: Welche ist die intelligenteste Hunderasse?

Border Collies, Pudel, Schäferhunde - gleich mehrere Hunderassen genießen den Ruf einer besonders stark ausgeprägten Intelligenz. Einige Ranglisten und Wettbewerbe küren in der Frage einen eindeutigen Sieger. Ganz so einfach sei es allerdings nicht, sagt ein Experte.

Hunde sind im Trend. Wie viele es in Deutschland genau gibt, weiß zwar niemand, klar ist allerdings: Es werden immer mehr. Im Corona-Jahr 2020 stieg der Verkauf von Hunden nach Angaben des Verbandes für das Deutsche Hundewesen um 20 Prozent an. Die beliebtesten Hunderassen in Deutschland demnach: der Deutsche Schäferhund, der Dackel und der Deutsch Drahthaar.

Ob groß oder klein, Langhaar oder Kurzhaar - die Vorlieben bei Hunden variieren stark. Was viele Menschen allerdings vereint: der Wunsch nach einem Hund, mit dem sie Spiele spielen und Kommandos beibringen können. Und das nicht ohne Grund: Studien zeigen, dass Hunde besonders gut darin sind, Gesten zu erkennen und Hinweisen von Menschen zu folgen. In entsprechenden Experimenten schnitten sie meist besser ab als Wölfe, Schimpansen oder sogar Kleinkinder.

Doch welcher Hund ist nun der intelligenteste? Die Intelligenz von Hunden wird bereits seit mindestens 1976 erforscht, erst kürzlich berichteten verschiedene Medien über eine Studie, deren Ergebnisse angeblich zeigt, dass die belgische Schäferhund-Variante Malinois die intelligenteste Hunderasse der Welt sei. Auch die Rangliste des US-amerikanischen Psychologieprofessors Stanley Coren aus dem Jahr 1994 wird bei der Beantwortung dieser Frage noch immer gerne herangezogen.

Border Collie gilt als besonders intelligenter Hund

Coren hatte 208 Richter in Hundewettbewerben befragt, welche Rasse ihrer Meinung nach die intelligenteste sei. Auf Platz eins schaffte es dabei der Border Collie, dicht gefolgt vom Pudel und dem Deutschen Schäferhund. Doch ist eine solche Vorgehensweise auch sinnvoll? Nur bedingt, sagt Sven Wieskotten zu ntv.de, selbstständiger Biologe im Bereich der Tierhaltung und des Tiertrainings.

"Die Liste bildet die Trainierbarkeit und den Gehorsam der Hunde, welche durch eine lange Selektion und Co-Evolution hervorgebracht wurden, ab. Das ist allerdings zu kurz bemessen", so Wieskotten. "Intelligenz ist nicht nur mit Lernfähigkeit gleichzusetzen. Es ist vielmehr die Gesamtheit unterschiedlich ausgeprägter kognitiver Fähigkeiten. Dazu gehören beispielsweise Fähigkeiten zur Lösung von sprachlichen, mathematischen und sinnorientierten Problemen."

Tatsächlich entstammt der Ruf des Border Collies als besonders intelligentem Hund nicht nur Corens Liste. 1999 erlangte der Border Collie Rico deutschlandweit Berühmtheit, als er bei "Wetten dass…?" bewies, dass er 77 verschiedenen Worten bestimmte Gegenstände zuordnen konnte. Der 2019 verstorbene Border Collie Chaser soll sich laut seinem Herrchen sogar 1022 verschiedene Wörter gemerkt haben können und bei der sogenannten "Smart Dog Challenge" der Universität Budapest schafften es 2021 sechs Border Collies unter die letzten sechs Hunde.

"Border Collies sind auf jeden Fall ganz vorne mit dabei, wenn es um die Lernfähigkeit und die Kommunikation geht", sagt auch Wieskotten. "Intelligenz ist bei Hunden allerdings ein Begriff, den wir zu stark aus menschlicher Perspektive benutzen." Ein Hund sei nicht generell intelligent, wenn er gut auf Kommandos seines Herrchens höre. In anderen Bereichen - zum Beispiel dem alleinigen Überleben in der Wildnis - würden ganz andere Hunderasse am besten abschneiden, so der Experte.

Dumme Hunde? Eher Dickköpfe

Was bei den angeblich besonders intelligenten Hunderassen wie dem Border Collie oder dem Schäferhund zu berücksichtigen sei, gelte andersherum ebenso für die Hunde, die in der allgemeinen Wahrnehmung als weniger intelligent angesehen werden. In Corens Rangliste landeten der Afghanische Windhund, die Englische Bulldoge und der Chow-Chow auf den letzten Plätzen. Laut Experten sage auch das jedoch wenig über ihre Intelligenz aus, sondern könne stattdessen vielmehr Ausdruck einer gewissen Dickköpfigkeit sein.

"Ich könnte ja auch fragen: Was ist intelligenter? Opportunistisch immer seinem Herrchen hinterherzuhecheln, damit man irgendwie an sein Leckerchen kommt oder einfach in der Ecke abzuwarten, bis das Leckerchen von allein kommt?", sagt Wieskotten. "Auch das ist natürlich ein Zeichen von Intelligenz: Dass man einfach abwartet und ganz genau weiß, dass man sein Fressen ja sowieso bekommt."

Wer darüber nachdenkt, sich einen Hund zuzulegen, sollte sich somit eher fragen, was er sich von dem Zusammenleben miteinander erhofft. Jemand, der einen Hund möchte, der besonders viele Kommandos lernen kann, trifft mit einem Border Collie vermutlich eine gute Wahl. Wer einen besonders ruhigen Zeitgenossen oder aber einen Wachhund möchte, ist mit einem anderen Hund an seiner Seite womöglich glücklicher.

"Es ist durchaus ähnlich wie bei uns Menschen: Wir haben zum Beispiel geniale Mathematiker, die internationale Preise abräumen, dafür aber auf sozialer und handwerklicher Ebene noch Luft nach oben haben", sagt Wieskotten. "Dann haben wir einen Handwerker, der auf sozialer Ebene womöglich sehr viel besser ist als der Mathematiker. Das dann zu verallgemeinern - der ist intelligent, der ist nicht intelligent - ist schwierig."

Übrigens: Mit der Größe des Gehirns hat Intelligenz im Tierreich nichts zu tun. Kapuzineräffchen, die mit menschlichem Training zum Beispiel Telefone oder Mikrowellen bedienen können, tragen gerade mal 50 Gramm Gehirn in ihrem Kopf. Die mit Abstand schwersten Gehirne aller Lebewesen haben Wale. Ihr Gehirn bringt rund das Sechsfache eines menschlichen auf die Waage. Dass sie deshalb auch sechs Mal so intelligent wie Menschen sind, ist allerdings nicht bekannt.