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"Genervt" und "belastet" bei WM: DFB-Profis zoffen sich vor Mund-zu-Geste

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Das Foto ist in der Welt. Die Kontroverse darum ist groß und schwankt zwischen Lob und dem Vorwurf von Doppelmoral.

(Foto: IMAGO/Ulmer/Teamfoto)

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist bei der Fußball-WM früh raus, verabschiedet wird sie vom katarischen TV höhnisch mit Winken und der Mund-zu-Geste. Diese beschäftigt das DFB-Team wohl noch länger. Und schon vor dem Auftaktspiel gibt es große Diskussionen, die die Spieler entzweien.

Hinter den Kulissen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft soll es vor dem Auftaktspiel der Weltmeisterschaft in Katar geknistert haben. Die Querelen um das Verbot der "One Love"-Binde und die daraus resultierende Diskussion um ein sonstiges Zeichen soll das Team stark beschäftigt haben. Das berichtet die ARD-Sportschau. Die Spieler sollen "genervt" gewesen sein, das Thema habe sie "belastet".

Die gemeinsame Aktion von insgesamt sieben europäischen Teilnehmer-Nationen, ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz, im streng-religiösen Wüstenstaat Katar hatte die FIFA einen Tag vor Turnierbeginn unerwartet abgebügelt. Sollte sich ein Team dem Verbot widersetzen, drohte der Weltverband nicht näher benannte harte Strafen an, die sportliche Konsequenzen zur Folge hätten.

Die "One Love"-Binde war also verboten, doch ein Zeichen forderte vor allem die deutsche Öffentlichkeit. Anders als die anderen beteiligten Nationen, wie England oder die Niederlande, legte der DFB das Thema einer Geste für Menschenrechte nicht zu den Akten. Es ging in den wenigen Tagen zwischen dem Verbot der Binde durch die FIFA und dem Auftakt gegen Japan damit nicht nur ums sportliche, sondern auch ums gesellschaftspolitische. Der Druck war groß, nachdem unter anderem Leon Goretzka im Vorfeld des Turniers im ZDF ein deutliches Zeichen für Menschenrechte angekündigt hatte.

PR-Experte wird hinzugezogen

Doch ein Großteil der Mannschaft habe sich bei der Suche nach Alternativen zur Binde "instrumentalisiert" gefühlt. Erst am Tag nach der 1:2-Pleite, die schließlich das Aus in der Gruppenphase bescherte, habe sich das Team ausgesprochen und das Thema beendet. Julian Brandt und Kai Havertz hatten von einer Klartext-Sitzung berichtet. Zuvor hatten sich die Spieler teils in harten Kontroversen befunden, heißt es. Auch PR-Experte Raphael Brinkert soll zu den Diskussionen hinzugezogen worden sein. Der Geschäftsführer einer vom DFB bezahlten Werbeagentur berät auch Goretzka und kennt sich mit Krisenmanagement aus.

Im Kreis aus Verbandsspitze, Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff sowie der Marketingabteilung und Kapitän Manuel Neuer sollen Vorschläge für Alternativen zur Binde aufgezeigt worden sein. Doch ein Großteil der Mannschaft lehnte der Sportschau zufolge ein "Herz-Symbol" ab, auch weil dies als Affront gegen Muslime gewertet werden könnte.

Erst die dann gezeigte Mund-zu-Geste soll als "kleinster gemeinsamer Nenner" akzeptiert worden sein. Richtig überzeugt von einem Zeichen seien aber nur Neuer und Goretzka gewesen. Das Mund-Zuhalten war letztlich vor allem als Kritik an der FIFA gewertet worden, die die Binde verboten hatte. Der DFB hatte dazu die Botschaft verbreitet: "Uns die Binde zu verbieten, ist wie den Mund zu verbieten. Unsere Haltung steht."

Fertige Kampagne wurde nicht umgesetzt

Die Geste ging auf Fotos um die Welt - es gab sie nur dieses eine Mal während des Mannschaftsfotos vor dem Spiel gegen Japan. Doch die Diskussion um dieses Zeichen wird noch länger anhalten. Nicht nur, weil sie von Kritikern Deutschlands und des DFB-Teams verkehrt und gegen sie verwendet wurde. Wie etwa von Männern beim zweiten DFB-Spiel gegen Spanien, die auf der Tribüne mit Özil-Bildern auf die Doppelmoral verweisen wollten oder den katarischen Fernsehmoderatoren, die sich mit der Mund-zu-Geste über das deutsche Aus in der Gruppenphase lustig machten.

Sondern auch, weil es schon weit vor der WM ein Zeichen hätte gesetzt werden sollen, wie die Sportschau berichtet. Demnach gab es eine ausgearbeitete Kampagne beim DFB, rechtzeitig vor der Reise nach Katar hätte jeder Teilnehmer der deutschen Delegation den Standpunkt des Verbands kennen sollen. Dieser besagt demnach: gegen Diskriminierung jeglicher Art, für Vielfalt und Menschenrechte. Doch der Verband habe sich nicht durchringen können, die Kampagne wirklich zu starten. Daher sei die Wahl letztlich auf das gemeinsame Zeichen mit anderen europäischen Verbänden über die "One Love"-Binde gefallen. Doch dieses hat die FIFA eben kurz vor knapp untersagt.