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Giorgia Melonis Vater war Kommunist – sie ist rech - Wählt Italien sie heute an die Macht?

In Italien hat die vorgezogene Parlamentswahl begonnen. Knapp 47 Millionen Italiener sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Kommt es heute zum Rechtsruck?

Als klarer Favorit gilt ein Rechtsbündnis aus der Partei Fratelli d’Italia mit Spitzenkandidatin Giorgia Meloni (45) sowie der Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi (85) und der Lega des ehemaligen Innenministers Matteo Salvini (49).

Das rechte Lager dürfte auf 46 Prozent kommen!

Der Mitte-Links-Partei (PD) um Spitzenkandidat Enrico Letta und der 5-Sterne-Bewegung des ehemaligen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte werden Außenseiter-Chancen eingeräumt, auch wenn Meinungsforscher sie zuletzt im Aufwind sahen.

Seit Wochen steht sie im Zentrum der Aufmerksamkeit: Giorgia Meloni! Aber wer ist die Frau, die in der internationalen Presse bereits mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban verglichen wird?

Meloni beansprucht den Posten der Ministerpräsidentin für sich, sollten ihre „Brüder Italiens“ als stärkste Einzelpartei aus dem Urnengang hervorgehen – wonach es in den Prognosen aussah.

Es wäre die Krönung einer Karriere, die sie bereits als Jugendliche begann. Im Juli 1992 beschloss Giorgia Meloni, politisch aktiv zu werden. Sie klopfte im Alter von 15 Jahren in Rom an die Tür einer Jugendorganisation des „Movimento Sociale Italiano“ (MSI), jener Partei, die Faschisten nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet hatten.

Fast genau 30 Jahre später ist Meloni dabei, die extreme Rechte und den Nationalismus in Italien an die Spitze der Regierung zu bringen. Fakt ist: In drei Jahrzehnten hat sich die gebürtige Römerin an allen Männern vorbeigekämpft und ist zum Gesicht der Rechten in Italien geworden.

Liegen in den Umfragen klar vorn: die Rechts-Allianz um Matteo Salvini (Lega), Silvio Berlusconi und Giorgia Meloni (Fratelli d'Italia)

Foto: Alessandra Tarantino/AP

Warum gerade die Erben der italienischen Faschisten die am 15. Januar 1977 geborene Giorgia überzeugten, ist nicht ganz klar. Meloni spricht von einer Instinkt-Entscheidung.

Interessantes Detail: Dass die Wahl mit dem kommunistischen Vater zusammenhing, der die Familie früh verließ, will sie so nicht bestätigen. Giorgia und Schwester Arianna wurden im Arbeiterviertel Garbatella in Rom von der Mutter und den Großeltern aufgezogen.

Ist Meloni rechts, weil der Vater, der die Familie im Stich gelassen hatte, Kommunist war?

Foto: ANDREAS SOLARO/AFP

Die Partei wurde ihre zweite Familie, Meloni kandidierte früh für politische Ämter. Der MSI wurde in Alleanza Nazionale (AN) umbenannt und 1994 erstmals in die Regierung geholt. Parteichef Gianfranco Fini distanzierte sich 2003 vom Faschismus und bezeichnete diesen als das „absolut Böse“.

So eine klare Aussage zu den Wurzeln ihrer Partei vermeidet Meloni bis heute. Ein Zeichen? Sie brach mit ihrem Förderer.

Immerhin: Benito Mussolini, bis 1943 faschistischer Diktator Italiens, zählt nicht zu Melonis Vorbildern. Sie kritisierte seine Rassengesetze, die Unterdrückung politischer Gegner und Italiens Beteiligung am Zweiten Weltkrieg. Aber: Meloni erklärte auch, dass er historisch gesehen auch viel geschaffen habe.

2006 wurde Meloni ins Parlament gewählt und zwei Jahre später die jüngste Ministerin (Jugend und Sport) der Geschichte Italiens. 2012 gründete sie Fratelli d'Italia, die nach einem enormen Zulauf in den vergangenen Monaten im Herbst 2022 stärkste Einzelpartei werden kann.

Als europäisches Mittelmeerland wird Italien von vielen Flüchtlingsbooten aus Nordafrika angesteuert

Foto: Jeremias Gonzalez/dpa

Meloni steht für klar rechte Positionen: Sie will Migranten – vor allem aus Afrika – abwehren und Italien als Nationalstaat innerhalb der EU stärken.

Sie will hart gegen Kriminalität vorgehen und neue Gefängnisse bauen. Ihre Maxime ist „Gott, Vaterland, Familie“. Meloni hat seit 2016 eine Tochter (Ginevra), ist mit deren Vater aber nicht verheiratet. Homophober Standpunkt: Sie ist gegen das Recht homosexueller Paare, Kinder zu adoptieren. Zudem ist sie ist gegen Abtreibung – in ihrer Biografie schreibt Meloni, selbst fast von der eigenen Mutter abgetrieben worden zu sein.

Tatsächlich bemüht sich Meloni seit dem Sturz der Regierung von Mario Draghi im Juli, gemäßigt, verlässlich und gar staatstragend zu wirken. Sie verschickte Videobotschaften, in denen sie auf Englisch, Spanisch und Französisch erklärte, dass Sorgen im Ausland unbegründet seien und dass Italien auch unter ihr ein starker Partner bleibe.

Deutsch habe sie sich nicht getraut, schreibt sie mit einem lachenden Smiley. In ihrer selbst verfassten Biografie wird sie deutlicher, da heißt es, sie hege eine „gewisse Abneigung“ gegen Deutschland.

Kritiker halten Meloni vor, Kreide gefressen zu haben. Und tatsächlich wurde schon in dieser Woche der Ton rauer. Auf einer Wahlkundgebung in Mailand rief sie den Anhängern zu, in Europa sei der „Spaß“ jetzt vorbei. Mit ihr an der Spitze werde Italien wieder zuerst die eigenen Interessen verfolgen und dann erst europäisch denken.

Verwunderlich war die Ansage nicht. Meloni will Italien „risollevare“, also wieder aufrichten, wie auf den Wahlplakaten von Fratelli d'Italia steht. Erinnerungen an Donald Trumps Slogan „Make America Great Again“ werden wach.

Im ersten Satz des gemeinsamen Wahlprogramms kündigt Mitte-Rechts eine Außenpolitik an, „in deren Mittelpunkt das nationale Interesse steht und die Verteidigung der Heimat“. Meloni will, dass EU-Recht wieder unter nationale Gesetze rückt. Sie wünscht sich starke Nationalstaaten statt einer Union.

Meloni will die „atlantische“ Verbindung zu den USA stärken – Europa ist für sie nachrangig. „Ja zur Souveränität der Völker! Nein zu den Bürokraten in Brüssel!“, rief sie im Juni bei einer Veranstaltung der rechtsextremen spanischen Partei Vox ins Mikrofon.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ist mit Meloni befreundet

Foto: Robert Michael/dpa

„Ich gehe davon aus, dass sich mit einer Regierungsbildung unter Führung von Giorgia Meloni die Rolle Italiens innerhalb der Europäischen Union ändern wird. Es spricht viel dafür, dass es zu einer Blockbildung mit Ungarn, Polen und Italien kommen könnte“, erklärt der ehemalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD).

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán sei ja bereits in Rom gewesen – Orbán und Meloni verbindet zudem eine Freundschaft.

Unklar. Meloni selbst vertrag vor dem Krieg russlandfreundliche Positionen, seit dem russischen Überfall auf die Ukraine befürwortet sie jedoch Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine.

Anders hält es ihr möglicher Koalitionspartner. Silvio Berlusconi sorgte jüngst noch für Schlagzeilen, als er Putin in Schutz nahm. Dieser sei von Ministern, seiner Partei und der öffentlichen Meinung in den Krieg gegen die Ukraine „hineingedrängt“ worden, um eine neue Regierung in Kiew zu installieren, sagte der ehemalige italienische Ministerpräsident.

Und weiter: Das Ziel sei gewesen, die Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj durch „anständige Leute“ zu ersetzen und dann das Land wieder zu verlassen.

Meloni hat allerdings zugesagt, an den bisherigen Positionen Italiens festzuhalten. Das hieße: Sanktionen gegen Moskau, Waffen für Kiew.