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Handel: Warum Chinas Außenhandel so kräftig abschmiert

Chinas Exporte sind im November so massiv zurückgegangen ist wie seit Beginn der Corona-Pandemie im Februar 2020 nicht mehr. Der deutliche Abfall trifft auch die deutsche Wirtschaft hart

Dieser Artikel liegt Capital.de im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn China.Table am 8. Dezember 2022.

Dass es um Chinas Wirtschaft nicht zum Besten steht, war den meisten Ökonomen angesichts der vielen Lockdowns bekannt. Das Ausmaß hat viele aber dann doch überrascht: Der chinesische Außenhandel ist im vergangenen Monat so stark eingebrochen wie seit Beginn der Corona-Pandemie im Februar 2020 nicht mehr. Er ging nach Angaben des Nationalen Zollamts um 9,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Das Defizit bei den Ausfuhren lag bei Minus 8,7 Prozent, die Einfuhren sackten gar um 10,6 Prozent ab.

Die rigide Null-Covid-Politik dürfte der Hauptgrund für die schlechten Zahlen sein. Immer wieder wurden ganze Ballungsräumen wegen angeblich zu hoher Infektionszahlen abgeriegelt. Die Lockdowns im November hätten Lieferketten unterbrochen und Menschen in China die Konsumlaune verdorben, sagt Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Peking der Deutschen Presse-Agentur. Hinzu kämen Störungen der Lieferketten. „Viele Waren konnten nicht hergestellt werden, weil es an Vorprodukten fehlten, die gar nicht geliefert werden konnten“, sagte der Kammerchef.

Lieferketten waren eigentlich wieder stabil

Der Einbruch im chinesischen Außenhandel trifft auch die deutsche Wirtschaft hart. Die deutschen Ausfuhren in die Volksrepublik fielen um 17,5 Prozent. Chinas Ausfuhren nach Deutschland gingen um 14,4 Prozent zurück. Noch größer ist der Rückgang der chinesischen Ausfuhren in die USA. Dieser lag im November bei einem Minus von 25,4 Prozent. China selbst importierte um 7,3 Prozent weniger aus den Vereinigten Staaten. Viele Container auf dem Weg in die USA seien leer.

Dabei schien es, dass im dritten Jahr der Pandemie viele Händler und Logistikunternehmen einen Umgang mit den vielen Lockdowns und Unterbrechungen gefunden hatten. „Was die Lieferketten angeht, haben viele Händler Wege gefunden, wie sie den Warenverkehr gerade mit China trotz dortiger Lockdowns organisiert bekommen“, sagte etwa der Ökonom Jens Südekum vom Institut für Wettbewerbsökonomie an der Uni Düsseldorf. In dieser flexiblen Handhabung sah er auch einen Grund, warum die hohen Inflationsraten in Deutschland und Europa ihren Zenit überschritten haben.

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Doch die Lockdowns im Oktober und November waren offenbar zu massiv. Zeitweise durften mehr als 200 Millionen Menschen ihre Wohnungen oder die eigens gebauten Quarantäneeinrichtungen nicht verlassen. Nach Schätzungen der japanischen Finanzgruppe Nomura waren Regionen betroffen, die in normalen Zeiten bis zu einem Fünftel zum Bruttoinlandsprodukt beisteuern. Trotz sogenannter geschlossener Kreisläufe in vielen Betrieben, in denen die Mitarbeiter über Tage und Wochen ohne Ausgang leben und arbeiten, standen Fabriken still.

Das hatte Folgen: Wegen des Auftragsrückgangs sollen zahlreiche chinesische Fabriken im kommenden Jahr bereits zwei Wochen früher als gewöhnlich für das chinesische Neujahrsfest geschlossen werden. Das chinesische Neujahr fällt nächstes Jahr auf den 21. Januar. Normalerweise sind nur die sieben Tage nach dem Feiertag offiziell frei.

Konsum leidet besonders

Auch der Konsum leidet erheblich unter den strengen Lockdowns. Ganze Shopping-Malls, von denen einige erst in den letzten Jahren eröffnet hatten, stehen nun leer. „Wer kann schon drei Monate ohne Umsätze überleben?“, fragt auf Twitter etwa ein ausländischer Geschäftsbetreiber in der einst pulsierenden Anfu-Lu in Shanghai. Dort hatten vor 15 Tagen die Anti-Covid-Proteste stattgefunden. Inzwischen ist das gesamte Viertel abgeriegelt, Geschäfte dürfen trotz der zugesagten Lockerungen in der Ecke auch weiter nicht öffnen.

„Die Führung hat erkannt, dass sich die Null-Covid-Politik und eine wirtschaftliche Erholung gegenseitig ausschließen“, sagte Hildebrandt zur verkündeten Kehrtwende in der Covid-Politik. „Das Ruder wird nun rumgerissen und auf eine Lockerung hingearbeitet.“ Ein zügiger und flächendeckender Ausstieg aus der Null-Covid-Politik wäre „eine Wohltat“ für die Erholung des Außenhandels und der Wirtschaft.

Viele Container sind leer

Ein weiterer Grund für den Rückgang der chinesischen Außenhandelszahlen ist allerdings auch die schwache weltweite Nachfrage insgesamt. Hohe Inflation und Energiepreise in den meisten Teilen der Welt in Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine setzen auch Chinas Wirtschaft zu. Das wiederum könnte ein Grund sein, warum Peking nicht mehr ganz so geschlossen zu Putin hält. Die Führung war zu Beginn des Krieges im Februar von einer nur kurzen militärischen Auseinandersetzung ausgegangen, die China wirtschaftlich nur wenig treffen würde. In dieser Einschätzung hatte sie sich getäuscht.

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Allen Autarkiebestrebungen der chinesischen Führung zum Trotz, trägt der Außenhandel auch weiter wesentlich zum Wirtschaftswachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt bei. Die Weltbank geht in ihren Berechnungen bereits davon aus, dass die chinesische Führung ihre Wachstumsvorgabe von 5,5 Prozent für das Jahr 2022 nicht erreichen wird. Die Weltbank geht nur noch von einem Zuwachs der chinesischen Wirtschaft von 2,8 Prozent aus. Das wäre das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die Führung ihr selbst gestecktes Ziel verfehlt.

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