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„Hart aber Fair“ zur Erdbeben-Katastrophe - Menschen flehen unter den Trümmern um Hilfe

Die schlimmste Katastrophe seit Jahrzehnten erschüttert besonders die Deutschen: Viele Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen und Schutzsuchende haben Angehörige unter den Trümmerbergen von Adana oder Aleppo! ARD-Talkmaster Louis Klamroth organisiert per sofort ein dramatisches „Hart aber fair“: „Das Erdbeben in Syrien und der Türkei: Wie können wir helfen?“

▶︎ Janine Wissler (41, Linke). Die Parteichefin wurde nach einem Treffen mit kurdischen Politikern im osttürkischen Diyarbakır nachts von dem Erdbeben geschockt, flog am Morgen nach Ankara und wird jetzt zugeschaltet.

▶︎ Cem Özdemir (57, Grüne). Der Bundeslandwirtschaftsminister hat am Morgen in den Nachrichten von der Katastrophe erfahren: „Ich habe viele Freunde in der Region“, berichtet er jetzt in einer Zuschaltung. „Viele haben angerufen, machen sich Sorgen um ihre Angehörigen.“

▶︎ Serap Güler (42, CDU). Die Abgeordnete hat sofort mit dem Bürgermeister von Adana und dem Leiter des Krisenzentrums gesprochen und erfahren: „Hilfsgüter haben im Moment gar keinen Weg in die Region, weil viele Straßen zerstört sind!“

▶︎ Gerd Friedsam (66). Der THW-Präsident leitete 1999 selbst einen Erdbebeneinsatz in der Türkei. „Die Bilder, die sich jetzt sehe, sind doch sehr, sehr vergleichbar“, urteilt er nun – und damals gab es über 18 000 Tote!

▶︎ Ranga Yogeshwar (63). Als er zu dem Talk herbeitelefoniert wurde, passierte, so der ARD-Moderator, „genau im gleichen Moment ein zweites großes Beben. Den gesamten Tag über hat es weitere Nachbeben gegeben!“

▶︎ Falah Elias (35). Der WDR-Reporter stammt aus Syrien und berichtet: „Ein Teil meiner Familie lebt in der betroffenen Region. Ich habe ein paar Stunden gezittert, aber ihnen geht es gut. Trotzdem ist der Tag sehr traurig, weil viele gestorben sind.“

Politiker und Experten in einem Blitz-Talk. Das Zoff-O-Meter schaltet auf stumm: In dieser Jahrhundert-Katastrophe verbieten sich jegliche Streitereien von selbst!

Der erste Einspieler zeigt erschreckende Bilder der Verwüstung. Zu hören sind die dumpfen, furchterregenden Geräusche der Zerstörung, dazwischen die Schreie verzweifelter Menschen.

„Stündlich kriegen wir neue Opferzahlen“, berichtet Klamroth betroffen. „Gerade sind wir bei 3000. Es gibt Experten, die schätzen 15 000 bis 20 000 Todesopfer.“

„Wenn man das vergleicht mit vorausgegangenen Erdbeben auch in der Türkei, dann gab es solche Erdbeben in den 1990er-Jahren“, meldet Yogeshwar, aber: „Es gab Erdbeben, die bei einer ähnlichen Intensität noch viel mehr Opfer hatten“. 2010 in Haiti etwa seien sogar 300 000 Menschen umgekommen.

„Es gibt eine Faustregel“, erklärt der THW-Präsident. „72 Stunden nach dem Erdbeben hat man eine reelle Chance, je nachdem wie die Menschen verletzt und zu retten sind.“

Aber, so Friedsam weiter: „Es gibt auch die Fälle, wo nach fünf Tagen, sogar noch nach zwei Wochen Überlebende gefunden wurden. Diese Wunder hat es in der Vergangenheit gegeben.“ Auch seien in den mehrstöckigen Gebäuden der Städte die Überlebenschancen wegen der möglichen Hohlräume höher als in den einfachen Lehmbauten auf dem Land.

„Der Bürgermeister sagte mir: Hilfe gerne, aber ich kann Ihnen im Moment gar nicht sagen, wie die Hilfe aussehen soll“, berichtet die CDU-Politikerin über ihr Telefonat nach Adana.

„Im Moment bin ich damit beschäftigt, die Menschen aus dem Schutt zu befreien“, habe der Chef der Zweimillionenstadt hinzugefügt. Güler weiter: „Er sagte auch, die größte Hilfe, die im Moment vor Ort gefragt ist, ist Muskelkraft. Tatsächlich: Muskelkraft!“

Serap Güler

Foto: ARD

Über mögliche Ursachen weiß die Politikerin: „Wir haben gerade in der Baubranche eine hohe Korruptionsrate in der Türkei.“

Denn, so Güler weiter: „Auf dem Papier mögen die Bauvorschriften erdbebensicher sein. Aber wir haben Bilder gesehen, wo mehrere Hochhäuser nebeneinander stehen, und eins in der Mitte ist dem Erdboden gleich. Da sind wir ganz schnell bei Baupfusch!“

Özdemir kommt aus Berlin auf den Schirm. Klamroths Frage an den Minister: „Sie haben sich am frühen Morgen in einer Videobotschaft auf Deutsch und Türkisch an die Bürger gewandt. Welches Signal brauchen Menschen hier, die dort Freunde und Verwandte haben, jetzt von der Politik?“

„Dass wir schnell helfen“, antwortet der Grüne. „Unsere Bundesinnenministerin Frau Faeser koordiniert das.“ In Syrien gebe es viele Flüchtlinge, in der Türkei wiederum sei „die enge Verbindung aus der Bauwirtschaft in die Regierungspartei“ das Problem. Aber, so Özdemir energisch „Jetzt ist der Moment der Hilfe, und wir helfen.“ Dafür gibt’s den ersten Beifall.

„Wir sind jetzt 18 Stunden nach dem Ereignis, und die nationale Hilfe läuft jetzt an“, meldet der THW-Chef. Aber, so Friedsam mit Blick auf Syrien: „Die Sicherheitslage ist im Moment nicht so, dass ich garantieren kann, dass die Sicherheit meiner Einsatzkräfte gewährleistet ist.“ Uff!

Seine klare Ansage: „Ich schicke da im Moment keine Einsatzkräfte hin. Es sei denn, es werden da andere Mechanismen greifen, dass mehr Sicherheit an den Tag gelegt wird.“ Bis dahin würden die Hilfslieferungen an einheimische Kräfte geschickt.

„Ich bin um viertel nach vier vom Erdbeben aus dem Schlaf gerissen worden“, schildert die Linke-Chefin in Ankara. „Es hat alles gewackelt. Es war ganz furchtbar. Ich bin auf die Straße gegangen und habe dort die Zerstörungen gesehen, und die völlig verängstigten Menschen.“

Über ihren Einsatz für die Kurdenpartei HDP berichtet Wissler: „Ich bin hier, um morgen am Kobane-Prozess teilzunehmen, wo 108 Oppositionelle angeklagt sind. Das Erdbeben war sehr heftig und sehr lange andauernd. Es gab kaum Einsatzfahrzeuge. Menschen haben versucht, Menschen mit bloßen Händen aus den Trümmern zu retten. Es war absolut beängstigend.“

Janine Wissler

Klamroth-Assi Brigitte Büscher fuhr am Morgen zum Flughafen Köln-Bonn. „Für mich war es ein bizarres Bild“, erzählt sie. „In den Schlangen standen Menschen, die in den Urlaub geflogen sind. Anderen hat man angesehen: Die fliegen jetzt in die Türkei, um irgendwas zu retten.“

„Meine Mutter hat schon viele Erdbeben miterlebt, aber das war das schlimmste“, berichtet ein Passagier kurz vor dem Abflug in die Heimat. Weil es viel zu wenig Tickets gibt, fahren, so Büscher, „Arbeitskollegen aus dem Kreis Olpe im Tross mit dem Auto“. Olpe-Adana, das sind 3378 Kilometer und 36 Stunden!

„Über Social Media rufen Menschen den ganzen Tag schon dazu auf, ihnen zu helfen“, berichtet Klamroth danach sichtlich erschüttert. „Also Menschen, die jetzt noch unter den Trümmern liegen!“

Der Einspieler dazu zeigt einen jungen Mann und eine junge Frau zwischen geborstenen Betonplatten. O-Ton: „Dramatische Hilferufe in den sozialen Medien. Mit Bildern und Videos versuchen Menschen verzweifelt, auf sich aufmerksam zu machen. Rettet mich! Oder: Mein Freund liegt unter den Trümmern, bitte helfen Sie!“

„Dazu twittert die Person eine Adresse und ein Video des Freundes“, heißt es in dem ARD-Film weiter. Der junge Mann kauert in einem winzigen Hohlraum unter einer eingestürzten Decke und fleht mit anderen Verschütteten in höchster Todesnot: „Bitte retten Sie uns, wir liegen unter den Trümmern, im Namen Gottes, helfen Sie uns bitte!“

„Das ist ein toller technischer Fortschritt“, lobt Friedsam die Social-Media-Aktionen. „Gut, dass das funktioniert.“ Das THW setzt Rettungshunde und akustische Ortungsgeräte ein – und Wassergläser: Wenn das Wasser zittert, kommt ein Nachbeben, dann gibt es ein Pfeifsignal und die Rettungskräfte kriechen ganz schnell wieder unter den Trümmern hervor.

Über den Wiederaufbau der zerstörten Städte und Dörfer sagt der THW-Chef: „Ich war jetzt in Fukushima. Man kann sich nicht vorstellen, wie das dort nach zehn Jahren immer noch aussieht. Auch jetzt wird es Jahrzehnte brauchen, um das wieder normal zu gestalten.“

„Erdbeben können wirklich gefährlich sein.“ Ranga Yogeshwar

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