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Hätte Schloss Neuschwanstein es verhindern können? Umstrittenes Weingut in Iphofen darf gebaut werden

Man wird die Geschichte des neuen Weinguts Weigand in Iphofen künftig nicht erzählen können ohne den Hinweis auf Schloss Neuschwanstein. Nicht dass man die beiden Bauten in irgendeiner Art miteinander vergleichen könnte, und doch musste das monströse Märchenschloss jetzt als Bezugsgröße herhalten. Man brauche schon ein Landschaftsschutzgebiet – oder eben Schloss Neuschwanstein in der Nähe –, um den umstrittenen Bau des Weinguts im Iphöfer Schießgrund zu verhindern. Beides sei an der geplanten Stelle nicht gegeben. So stellte es Zweiter Bürgermeister Hans Brummer am Montagabend im Rathaus dar, und so sah es auch der Stadtrat. Nach den Bedenken des Bauausschusses ging der Bauantrag des Weinguts also doch durch – mit breiter Mehrheit, aber unter heftiger Kritik am Landratsamt.

Am späten Nachmittag hatte noch einmal ein Ortstermin unter freiem Himmel stattgefunden – mit dem Bauherrn, Vertretern der Stadt und mit Michael Goller, dem Sachgebietsleiter Bauen und Planungsrecht am Kitzinger Landratsamt. Goller war es auch, der nach dem Aufschrei vergangene Woche im Bauausschuss mit einer schriftlichen Stellungnahme an die Stadt Klarheit zu schaffen versuchte. Und mit seinen Antworten bloß noch mehr Fragen und Zweifel aufwarf.

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Iphofens Dritter Bürgermeister Jörg Schanow, ein promovierter Jurist, zerpflückte in der Sitzung die rechtlichen Einlassungen Gollers und nannte das von ihm verfasste Papier "ein bisschen dünn". Goller liege an etlichen Stellen daneben, habe etwa ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts genau falsch zitiert. Der Versuch von Bürgermeister Dieter Lenzer, Goller in die Sitzung am Abend zu holen, war gescheitert – offenbar hatte sich der Abteilungsleiter nicht auf ein Kreuzverhör einlassen wollen. Schanows Fazit: "Wenn es immer so läuft beim Landratsamt, wäre ich enttäuscht."

Landwirte sind privilegiert und dürfen auch im Außenbereich bauen

Auch Otto Kolesch hatte die Argumente der Behörde genau unter die Lupe genommen. Sein "persönliches Gefühl", so der langjährige Stadtrat, sage ihm, dass "hier Urteile und Passagen aus dem Baugesetzbuch falsch zitiert" worden seien. Das beginne schon bei der Privilegierung des Bauvorhabens.

Anders als Normalbürger dürfen Landwirte (und Winzer) auch außerhalb des Ortsgebietes Projekte ohne große Genehmigungsverfahren vorantreiben, wenn sie ihrer beruflichen Existenz dienen. Das bedeute aber nicht, dass auch alles erlaubt sei. "Die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege können privaten Vorhaben entgegenstehen", so Kolesch mit Verweis auf zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts. Bei einer "Verunstaltung der Landschaft" könne eine Kommune ihr Einvernehmen verweigern.

Doch damit fangen die Probleme schon an. Wer legt fest, was verunstaltend wirkt? Selbst Kolesch musste zugeben, dass "ästhetische Belange" schwer zu beurteilen seien. Bauherr Andreas Weigand sprach mit Blick auf die beiden Gebäude für Weingut und Wohnhaus von "typisch fränkischer Bauweise" mit viel Holz, viel Grün und großer Nachhaltigkeit. "Das wird eine Bereicherung für die Gegend sein." So sahen es auch andere im Stadtrat. "Das passt an dieser Stelle", sagte Hans Brummer. Bürgermeister Dieter Lenzer erklärte: "Ich kann nichts erkennen, was dagegen spricht."

Die Kritik von Matthias Schuhmann setzte an anderer Stelle an. "Wahnsinnig geärgert" habe ihn, dass seit mehr als einem Jahr "im Hintergrund" an dem Projekt gearbeitet werde und der Stadtrat erst spät davon erfahren habe. "Warum werden wir nicht rechtzeitig informiert?" Kolesch sagte: "Wenn jemand Privilegien genießt, wird erwartet, dass man sich auch privilegiert verhält. Alle waren informiert, nur der Bürgermeister und der Stadtrat von Iphofen nicht."

Diskussionen gab es schon bei der Erschließung des Baugebiets

Für Stadträtin Peggy Knauer ist dieser Vorwurf nicht nachvollziehbar. Die Planung der Familie Weigand sei "absolut vorbildlich" gewesen, das habe auch das Landratsamt bestätigt. "Man hat erst einmal geklärt, ob eine Ansiedlung möglich ist und ob es sich überhaupt lohnt, einen Bauantrag zu stellen." Dass man der Familie jetzt Steine in den Weg legen wolle, finde sie "etwas seltsam". Schon als die Stadt wegen der Erschließung des Baugebiets Ost IV an der Einersheimer Straße mit den Weigands über die Verlagerung einer Maschinenhalle verhandelt habe, habe sich die Familie sehr kooperativ gezeigt.

Der Ersatz für die Maschinenhalle entstand schließlich im Schießgrund, einem von manchem als wertvolles Naherholungsgebiet beschriebenen Stück Natur – nicht weit von der Stelle, an der jetzt auch das Weingut mit Vinothek und Ferienwohnungen sowie das Wohnhaus entstehen sollen. "Mir ist wichtig", so Andreas Weigand in der Sitzung, "dass wir etwas nicht gegen Iphofen machen, sondern für Iphofen." Sechs Stadträte stimmten gegen das Vorhaben, elf waren dafür.