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Hunderte Tote und Verletzte - Warum bebt die Erde immer wieder in der Türkei?

Häuser stürzen ein und begraben ihre Bewohner unter sich, bei eisigen Temperaturen suchen Retter nach Überlebenden – ein verheerendes Erdbeben hat in der Türkei und in Syrien mehr als 1300 Menschen das Leben gekostet. Es gab eine große Zahl von Nachbeben.

Das Beben der Stärke 7,4 hat am frühen Montagmorgen die Südosttürkei erschüttert. Das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam hat sogar eine Momentmagnitude von 7,7 gemessen. Das Epizentrum lag nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde Afad in der Provinz Kahramanmaras nahe der syrischen Grenze. Ein weiteres Beben der Stärke 6,6 sei kurz danach in der Provinz Gaziantep gemessen worden.

Am Montagmittag hat weiteres Erdbeben der Stärke 7,5 hat die Südosttürkei erschüttert. Das Epizentrum habe in der Provinz Kahramanmaras gelegen, meldete die Erdbebenwarte Kandilli in Istanbul.

▶︎ Die Türkei ist immer wieder von schweren Erdbeben betroffen. Dort grenzen zwei der größten Kontinentalplatten aneinander: die afrikanische und die eurasische. Der größte Teil der türkischen Bevölkerung lebt faktisch in ständiger Erdbebengefahr.

Prof. Dr. Torsten Dahm vom Potsdamer GFZ zu BILD: „Das Erdbeben war mit einer Momentmagnitude von Mw 7.7 außergewöhnlich stark.“

Es deute sich an, dass sich die Erdschollen horizontal gegeneinander bewegt haben und vermutlich die Ostanatolische Verwerfung über eine Länge von eventuell mehr als 150 Kilometer gebrochen sei, erklärt Dahm.

Und weiter: „Die Ostanaloische Verwerfung ist eine tektonisch aktive Plattengrenze zwischen der Arabischen und Anatolischen Platte. Es könnten zusätzlich auch Teile der ‚Dead Sea Transform Fault‘ gebrochen sein, die sich etwas südlich an die Ostanatolische Verwerfung anschließt.“

Foto: Elifaysenurbay/dpa

„Die ostanatolische und die nordanatolische Plattengrenze sind beide tektonisch besonders aktiv. Durch die Bewegung der Arabischen auf die Eurasische Platte entweicht die Anatolische Mikroplatte, welche quasi zwischen beiden Platten liegt, nach Westen. Das führt zu Relativbewegungen an den Plattengrenzen, welche tektonische Spannungen aufbauen, die sich durch Erdbeben abbauen können. Da die Relativbewegungen vergleichsweise groß sind, können stärkere Erdbeben in kürzeren Zeitfolgen entstehen“, erklärt Prof. Dahm.

Und Seismologe Gernot Hartmann von der Bundesanstalt für Geowissenschaften in Hannover ergänzt: „Das ist das stärkste Beben, das in dieser Region in den letzten 50 Jahren gemessen wurde.“

Arabische und Afrikanische Platte bewegen sich dort mit etwa 24 mm/Jahr nach Norden und drücken die Anatolische Platte nach Westen. Hartmann: „Diese tektonische Situation ist zwar prädestiniert für Erdbeben. Aber offenbar konnte sich bisher nicht so viel Energie aufstauen, die sich in extrem starken Beben entladen hätte. Dieses Beben heute ist somit für diese Region als ungewöhnlich stark zu betrachten.“

Ist so ein Beben vorhersehbar? Kann man einschätzen, was in den nächsten Tagen noch kommen könnte?

Erdbeben-Experte Dahm zu BILD: „Aufgrund der historischen Erdbebenkataloge und aus der Analyse der seismischen Gefährdung war bekannt, dass es an der Ostanatolischen Verwerfung sehr starke Schadensbeben geben kann. Leider lässt sich aber nicht genau vorhersagen, wann ein solch starkes Erdbeben dann letztlich auftritt.“

Vorhersagen, insbesondere ob und wann weitere Starkbeben auftreten, sind nicht möglich.

Geowissenschaftler Hartmann: „So kam es 10 Minuten nach dem Hauptbeben zu einem Beben der Stärke 6.7 und weitere neun Stunden später noch mal zu einem Beben der Stärke 7.5. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass es auch in den folgenden Tagen noch mal starke Erschütterungen gibt.“

Durch die jahrzehntelange Beobachtung von Erdbeben und Erforschung der Struktur der Erde sind die großen Plattengrenzen und tektonischen Verwerfungen bekannt. Insofern ist eine Abschätzung der Erdbebengefährdung für die jeweiligen Regionen möglich.

„Dies ermöglicht die Angabe von Wahrscheinlichkeiten zum Auftreten von Erdbeben in bestimmten Regionen und Zeiträumen. Eine tag- oder monatsgenaue Vorhersage, wann ein zerstörerisches Erdbeben an einem bestimmten Ort auftritt, ist jedoch nicht möglich“, so Hartmann zu BILD.