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Hungerkrise in Kenia: Warum Frauen und Mädchen mehr leiden als Männer

Kein Wasser, kein Essen, kein Geld: Viele Familien in Kenia erleben Existenznot. Für Frauen und Mädchen ist die Krise allerdings noch gefährlicher als für Männer.

Mahuba Abdelkadirs Welt spielt sich auf wenigen Quadratmetern ab. Sie lebt in einem Weiler im Osten Kenias, rund 200 Kilometer von der Grenze zu Somalia entfernt. Dort hütet die 60-Jährige ihre sieben Enkelkinder. Die Eltern mussten mit den Tieren weiterziehen, denn Ziegen und Kamele verhungern und verdursten in der Region – die Dürre trifft sie brutal. Das raubt den Menschen die Lebensgrundlage. Die meisten Männer des Dorfes sind daher auf der Suche nach Wasser weitergezogen. Zurück bleiben die Alten, die Kinder und die Frauen.

Denn für Familie und Kinder zu sorgen, ist traditionell die Aufgabe der Frauen. Sie haben zudem häufig weniger Rechte und eine niedrigere Stellung in der Gesellschaft. Daraus ergeben sich viele weitere Benachteiligungen, die dazu führen, dass Frauen unter der aktuellen Dürre in Kenia noch stärker leiden als Männer.

2,37 Millionen Menschen sind in dem ostafrikanischen Land von der Hungerkrise betroffen. Seit 2020 hat sich die Zahl der Menschen, die von akutem Hunger betroffen sind, fast verdreifacht. Weltweit machen Frauen und Mädchen nach Angaben der Hilfsorganisation Plan International 70 Prozent der Hungernden aus – denn sie essen häufig erst nach den männlichen Familienmitgliedern und somit weniger.

Immer weiter für ein bisschen Wasser

Die Hungerkrise ist vor allem auch eine Wasserkrise: Die Regenzeiten der vergangenen drei Jahre waren viel zu wenig ergiebig. Damit fehlt nicht nur das Wasser, um die Felder zu bewässern, sondern auch Trinkwasser für Tiere und Menschen. Wasserholen ist ebenfalls traditionell Aufgabe der Frauen und Mädchen. Die Wege, die sie dafür zurücklegen müssen, werden immer länger – und was sie dann finden, reicht häufig nicht.

Durch Wassersuche und Hausarbeit sind sie anfälliger für Krankheiten, die durch Wasser übertragen werden. Gerade für schwangere, stillende und menstruierende Frauen ist der Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen besonders wichtig – ebenso wie eine ausreichende Nährstoffzufuhr.

Gewalt gegen Frauen auf dem Vormarsch

Kein Essen, kein Wasser, kein Geld – dafür mehr Gewalt. In Hungerkrisen nimmt die körperliche und insbesondere sexuelle Gewalt gegen Frauen zu. Das zeigt auch eine Studie von Plan International im ebenso wie Garissa stark von Hunger betroffenen County Marsabit: 12 Prozent der dort befragten Mädchen berichteten von Vergewaltigungen, 17 Prozent von sexueller Belästigung, 15 Prozent von häuslicher Gewalt. Zugleich gab mehr als die Hälfte der Befragten an, keinen Zugang zu Gesundheitsdiensten zu haben – und wer ihn hat, kann es sich oft nicht leisten, diese auch in Anspruch zu nehmen.

Hinzu kommt: Die Frauen können sich kaum wehren. Traditionelle, patriarchale Strukturen werden durch die Dürrekrise verstärkt, viele Frauen sind von ihren Ehemännern abhängig. Für Frauen ist es deutlich schwieriger, in ihrem Namen Land zu besitzen. Männer haben eher Zugang zu Bankkonten. Weil sie sich um die Kinder kümmern müssen, fällt es Müttern schwerer, eine bezahlte Arbeit zu finden.

Mädchen in Hausarbeit statt in der Schule

Vor allem Familien in ländlichen Gebieten sind nach Angaben des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen von der Hungerkrise betroffen – und auf die Landwirtschaft angewiesen. Ist wegen des Wassermangels auf den eigenen Feldern nichts mehr zu holen, müssen auch die Mütter anderswo Geld verdienen. Die Betreuung der jüngeren Geschwister ist dann meist die Aufgabe der älteren Mädchen. Auch bei anderen Aufgaben im Haushalt, wie der Suche nach Wasser, müssen sie mehr Verantwortung übernehmen.