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„Ich wurde angefasst. Einfach so.“ - Koch-Mehrin über sexuelle Übergriffe in der FDP

Die frühere FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin (51) hat von zahlreichen sexuellen Übergriffen berichtet – unter anderem durch Parteikollegen.

„Ich wurde angefasst. Einfach so. Da waren immer wieder Hände auf meinem Knie. Man hat meine Brust berührt, mir ungefragt sanfte Rückenmassagen verabreicht“, sagt Koch-Mehrin gegenüber dem „Stern“. „Und ständig gab es Zoten und Anzüglichkeiten – Sätze wie: ‚Ich würde so gern mit Ihrer Eiskugel tauschen.‘“

Ein Parteifreund habe in abendlicher Runde einmal über sie gesagt, „ihre Zukunft liegt zwischen ihren Beinen“. Sie selbst habe dabei in Hörweite gesessen.

24. April 2010: Der damalige stellvertretende FDP-Parteivorsitzende, Andreas Pinkwart (links), die damalige Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin und Christian Lindner, damals FDP-Generalsekretär auf dem FDP-Parteitag in Köln

Foto: picture alliance / dpa

Von 2004 bis 2014 war Koch-Mehrin Mitglied des Europäischen Parlaments, 2009 trat sie Spitzenkandidatin für die FDP bei der Europawahl an. Als 2011 Plagiatsvorwürfe gegen sie aufkamen, trat Koch-Mehrin als Vorsitzende der FDP-Delegation im Europaparlament und als Vizepräsidentin des Parlaments zurück. Tatsächlich entzog die Universität Heidelberg ihr den Titel, eine Klage dagegen blieb erfolglos.

Im November 2020 machte die Politikerin ihre im Herbst 2019 diagnostizierte Brustkrebs-Erkrankung öffentlich. Heute leitet Koch-Mehrin das von ihr gegründete Netzwerk Women Political Leaders, mit dem Frauen in politische Führungspositionen gebracht werden sollen.

Zu damaligen ihrer Reaktion auf die sexuellen Übergriffe sagt Koch-Mehrin dem „Stern“: „Ich habe geschwiegen und es ausgehalten. Höchstens mal mit den Augen gerollt. Hände wortlos weggeschoben. Mehr nicht.“ Sie habe damals dazugehören wollen und Angst gehabt, „zickig zu wirken“. Sie habe sich nicht gewehrt – und stattdessen begonnen, sich selbst infrage zu stellen.

Koch-Mehrin: „Ich habe durch Passivität mitgemacht, mich nicht gewehrt und keine Grenzen gezogen.“ Dadurch habe sie das System unterstützt.

Am 11. Oktober erscheint Koch-Mehrins Buch „Jetzt, wo ich schon mal nicht tot bin“

Foto: Sebastian Knoth Fotografie/EDEN BOOKS

Ihre Erlebnisse schildert sich auch in ihrem neuen Buch „Jetzt, wo ich schon mal nicht tot bin“, das am 11. Oktober erscheint.

So beschreibt sie dem „Stern“ zufolge in dem Buch auch, wie ein Europaabgeordneter ihr in seinem Zimmer wortlos die Hand unter die Bluse geschoben habe – sie sei damals noch Praktikantin gewesen.

„Ich war wie erstarrt. Sagte dann irgendwann: ‚Was machen Sie denn da?‘ Er lachte dann verlegen und versuchte, die Sache herunterzuspielen“, berichtet Koch-Mehrin. Den Namen des Mannes wolle sie auch heute nicht nennen, denn es gehe ihr nicht um eine persönliche Bloßstellung.

Es gehe ihr um etwas Grundsätzliches. „Ich möchte erzählen, dass es mir passiert ist. So wie es vielen Frauen passiert“, sagt Koch-Mehrin.

(afp, lvo)