Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Illner weist Schwarzer bei Kopftuchforderung zurecht

Alice Schwarzer nutzt die Revolution im Iran zu einer Debatte über das Kopftuch. Frauen sollten es als Solidaritätsbekundung ablegen, forderte sie bei "Maybrit Illner". Die widersprach umgehend.

Der nachfolgende Markus Lanz wartete bereits seit vier Minuten, da sorgte Alice Schwarzer doch noch für den erwarteten Eklat. Maybrit Illner wusste wohl, warum sie am Donnerstagabend der Publizistin in der Ausgabe zur Revolution im Iran das letzte Wort überließ. "Ich fände es einen großen Akt der Solidarität, wenn die Kopftuchträgerinnen im Westen, wo sie es freiwillig tragen, ihr Kopftuch ablegen würden, aus Solidarität mit den Iranerinnen", sagte die aus Köln zugeschaltete "Emma"-Herausgeberin. Die Iranerinnen würden derzeit ihr Leben riskieren, "dass sie einfach ihr Haar zeigen können, ihr Gesicht zeigen können, ihren Stolz zeigen können".

Die Gäste

Eine fast wortgleiche Forderung hatte Schwarzer in der am selben Tag veröffentlichten Folge des Podcasts "Talk mit K" des "Kölner Stadt-Anzeiger" formuliert. Dort ging die Publizistin noch weiter. Sie wolle Frauen, die in Deutschland Kopftuch tragen, zwar keine Vorschriften machen und könne verstehen, dass manche Frauen es anlegen. Sie sage ihnen jedoch: "Bedenkt, wofür das Kopftuch steht! Unter anderem für die Toten im Iran. Der politische Islam hat es zu seiner Flagge gemacht, es ist ein politisches Signal", zitierte die Zeitung aus dem Gespräch.

Illner weist Schwarzer zurecht

Der ZDF-Journalistin Golineh Atai war die Skepsis bei Schwarzers Schlussworten ins Gesicht geschrieben. Düzen Tekkal, Gründerin des Menschenrechtsvereins HÁWAR.help stellte klar: "Aber es sind keine Kopftuchproteste." Illner, die Schwarzer während der Sendung durchgehend mit Vornamen angesprochen hatte, wies die Feministin umgehend zurecht: "Vielleicht können es die Frauen auch selbst entscheiden. Am allerwichtigsten ist, ihnen nicht weiter zu unterstellen, dass sich unter dem Kopftuch eben eine Islamistin verbirgt."

Schwarzer nannte Solidaritätsbekundungen etwa mit den iranischen Spielern bei der Fußball-Weltmeisterschaft "verlogen". "Das Problem ist, dass der Westen seit 43 Jahren weggeschaut hat und wir immer wirtschaftliche und andere Interessen höher bewertet haben und auf diesen extrem blauäugigen Atomdeal gesetzt haben. Jetzt haben wir die Rechnung von all dem", konstatierte Schwarzer, die am Samstag 80 Jahre alt wird. Sie forderte: "Man sollte rigoros gegenüber dem Staat auftreten, den Botschafter ausweisen, den Menschen, die in Gefahr sind, sollte man Visa anbieten, die Konten der Verantwortlichen sperren." Sie forderte ein Aufstehen der Politik, aber auch der Zivilbevölkerung: "Die ganze Bevölkerung müsste sich mobilisieren."

Empfohlener externer Inhalt
Twitter
Twitter

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Twitter -Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren Twitter -Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

CDU-Chef Friedrich Merz attestierte dem Westen eine bislang unzureichende Reaktion auf die brutale Reaktion des iranischen Regimes gegen die Proteste. Er warf der Bundesregierung vor, sich in der jüngsten Fragestunde im Bundestag nicht dazu positioniert zu haben, ob sie die iranische Religionspolizei als Terrororganisation einstufen will. "Wenn wir an einer solchen Stelle keine klare Haltung der Bundesregierung hören, dann dürfen wir das nicht alles nach Europa schieben. Es wäre in Deutschland mehr möglich", sagte er.

Empfohlener externer Inhalt
Twitter
Twitter

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Twitter -Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren Twitter -Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Als der Co-Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Omid Nouripour, den Vorwurf des "Herumeierns" zurückwies, fragte Merz ihn konkret: "Soll die Religionspolizei als Terrororganisation eingestuft werden?" Der in Teheran geborene Nouripour lieferte eine klare Zusage: "Wenn ich die Antwort quasi mal für die Koalition geben darf: Ja. Es ist ein Gebot der Stunde. Es ist das schärfste Schwert, was wir haben, damit wir denen das Handwerk legen." Mit diesem Schritt lasse sich Rückgrat beweisen, dass diese Unterdrückung in Europa nicht geduldet werde.

Journalistin Atai: "Brauchen Zeitenwende in der Iranpolitik"

Schwarzer hatte zuvor insbesondere den Grünen vorgeworfen, den "politischen Islam" in der Vergangenheit verharmlost zu haben. "So wie wir bei der Russlandpolitik eine Zeitenwende erlebt haben, brauchen wir eine Zeitenwende in der Iranpolitik", forderte die ebenfalls in Teheran geborene ZDF-Journalistin Atai. Der Iran habe ähnlich wie Russland auch in Deutschland mit weichen Methoden Einfluss ausgeübt. So seien aus akademischen Kreisen immer wieder iranfreundliche Gesprächsthemen gestreut worden. "Da wirkt im Hintergrund eine Organisation, die man geradezu Lobby nennen kann", urteilte die Kennerin des Nahen und Mittleren Ostens.