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Immer weniger Kita-Fachkräfte - Warum sind uns Kinder so wenig wert?

Dieser Personalnotstand gefährdet die Zukunft unserer Kinder: Jede sechste Kita in Deutschland arbeitete 2022 mit so schlechter Besetzung, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nicht mehr gerecht werden konnte. Das ist das Ergebnis einer Studie des Verbandes Bildung und Erziehung.

Aktuell fehlen 100.000 Fachkräfte in den Kitas. Bis 2025 könnten es laut Deutschem Städte- und Gemeindebund 300.000 sein.

Der SPD-Experte für frühkindliche Bildung Erik von Malottki (36) fordert daher einen „großen Aufbruch“ bei der Fachkräftegewinnung: „Ich fordere die Arbeitgeber auf, höhere Löhne für Erzieherinnen und Erzieher nicht länger zu blockieren.“ Aktuell streiken die Gewerkschaften für 10,5 Prozent mehr Lohn.

Von Malottki warnt: Die Politik muss schnell handeln, bevor sich die Kita-Fachkräfte wegen der steigenden Kosten einen besser bezahlten Beruf suchen.

Familienministerin Lisa Paus (54, Grüne) fordert Länder und Kommunen auf, bessere Bedingungen für Kita-Fachkräfte zu schaffen. „Sie brauchen guten Lohn, attraktive Arbeitsbedingungen und so schnell wie möglich Entlastung“, so Paus zu BILD am SONNTAG.

Der Bund stelle mit dem Kita-Qualitätsgesetz in den nächsten zwei Jahren vier Milliarden Euro vor allem für Fachkräfte zur Verfügung. Außerdem müsse das Schulgeld für die Ausbildung endgültig abgeschafft und die Ausbildung selbst vergütet werden. „Auch müssen echte berufliche Karrieren in Kitas möglich sein.“

Problem: Das Geld für die Kitas wird nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt, von dem besonders wirtschaftsstarke Länder profitieren. Von Malottki warnt, das sei „ein Kita-Qualitäts-Killer und zutiefst ungerecht gegenüber den Kindern in Deutschland. Verteilte Gelder nach dem Schlüssel entsprechen nicht den tatsächlichen Bedarfen und werden auch den sehr unterschiedlichen Betreuungsquoten in den Bundesländern nicht gerecht.“ Es gebe mittlerweile gute Alternativen für die Verteilung von Geldern im Bildungsbereich, die Bedürftigkeit, die Finanzkraft und auch die Bevölkerungszusammensetzung eines Bundeslandes besser berücksichtigen.

Wichtiger Grund für den Personalmangel: Die Krankenstände sind extrem hoch.

Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek (34) sagt: „Unser aktuelles System schafft es, hoch motivierte Erzieherinnen und Erzieher in wenigen Jahren auszubrennen.“ Sie fordert „perspektivisch eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich“. Länder wie Schweden und Island machen das bereits. Dadurch sank der Krankenstand.

Werden Kitas in Deutschland nur als „Verwahranstalten“ gesehen, damit die Eltern arbeiten können? Und nicht als erste Station für die Bildung der Kinder.

Während der Kita-Schließungen in der Pandemie jedenfalls trieb die Politik vor allem die Frage um, wie man Eltern die Berufstätigkeit ermöglicht. Die Auswirkungen auf die Kinder kamen kaum vor, dabei hatte man ihnen Sprachförderung, Schulvorbereitung und Kontakte zu anderen Kindern monatelang vorenthalten.

Am meisten betroffen: Kinder aus bildungsfernen Familien. Linken-Expertin Reichinnek: „In Deutschland hängen die Aufstiegschancen von Kindern so stark wie in kaum einem anderen europäischen Land von Vermögen und Status der Eltern ab.“

Für Kinder, die es von zu Hause aus nicht so leicht haben, bedeutet eine gute Kita eine gute Zukunft.

Foto: BILD

Dieser Artikel stammt aus BILD am SONNTAG. Das ePaper der gesamten Ausgabe gibt es hier.