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Inflation: Krankenhaus nimmt die Butter vom Brot – aber bringt das etwas?

Inflation Krankenhaus nimmt die Butter vom Brot – aber bringt das etwas?

Das Patientenessen in einer Bonner Klinik 

Das Patientenessen in einer Bonner Klinik 

© IMAGO / JOKER

Krankenhäuser sind chronisch knapp bei Kasse, da kommt die Inflation ungelegen. In einer Hamburger Klinikgruppe gibt es nun für Kassenpatienten keine Butter mehr. Wie weit darf ein Krankenhaus beim Sparen gehen? 

Schon seit Dezember bekommen Kassenpatienten in den sieben Hamburger Kliniken der Asklepios-Gruppe standardmäßig keine Butter mehr zum Essen. Wie zunächst das „Hamburger Abendblatt“ berichtete, landet auf den Broten der Kassenpatienten seither pflanzliches Streichfett, also Margarine. „Die Einsparungen sind angesichts der gestiegenen Einkaufs-, Logistik- und Personalkosten in der für die Speisenversorgung zuständigen Tochtergesellschaft unvermeidlich“, erklärt Asklepios-Sprecher Mathias Eberenz im Gespräch. „Da geht es uns nicht besser als anderen Branchen oder auch Privathaushalten.“

Insgesamt hätten sich in den Hamburger Kliniken durch die gestiegenen Preise in der Speiseversorgung Kosten in Höhe von insgesamt 2,6 Mio. Euro aufgetürmt. Dadurch, dass nun standardmäßig Margarine serviert wird, könne das Unternehmen allein in Hamburg rund 330.000 Euro jährlich einsparen. Zuletzt sind die Butter-Preise exorbitant gestiegen: Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes lag der Preis im Dezember um fast 40 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Die Patienten hätte es nicht gestört, dass die Butter nicht mehr standardmäßig ist, sagt Eberenz. Für die Heilung spielt sie keine Rolle, pflanzliche Fette sind sogar reicher an gesunden, ungesättigten Fettsäuren. Jede Patientin, jeder Patient würde standardmäßig über ihren Aufenthalt befragt, erklärt der Asklepios-Sprecher. „Die Umstellung ist jetzt knapp sieben Wochen her, aber bislang gab es keinerlei Beschwerden von den Patienten.“ Der Trend sei ein anderer: „Wir erhalten seit Jahren zunehmend mehr Fragen nach vegetarischer und veganer Kost.“ Und ganz verschwunden ist die Butter auch nicht – auf Nachfrage gibt es sie immer noch. Dass Privatpatienten standardmäßig noch Butter vorgesetzt bekommen, habe vertragliche Gründe mit den Versicherungen, heißt es. 

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Gaß: „96 Prozent der Kliniken können Ausgaben nicht aus laufenden Einnahmen decken“

Die Streichfett-Meldung steht eher für ein grundsätzliches Problem. „Die Fallpauschalen, mit der Krankenhäuser entlohnt werden, enthalten bislang keinen Inflationsausgleich“, sagt Eberenz. Asklepios ist einer der größten privaten Klinikbetreiber Deutschlands. Das Unternehmen unterhält bundesweit rund 170 Gesundheitseinrichtungen, für den Klinikbetreiber arbeiten etwa 67.000 Menschen. Wie bei vielen Unternehmen steigen ihre Kosten, doch Krankenhäuser können das – anders als normale Firmen – nicht weitergeben: Sie haben keine Kunden, sondern Patienten. Daher gibt es nicht viele Stellschrauben.

Hinzu kommt, dass die Lage schon vor der hohen Inflation schwierig war. „Durch die stark gestiegenen Preise stehen die Krankenhäuser in Deutschland zusätzlich zur ohnehin angespannten wirtschaftlichen Situation unter teils extremem Spardruck“, sagt der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß. „96 Prozent der Kliniken können ihre Ausgaben nicht mehr aus den laufenden Einnahmen decken“, sagte er. „Unter diesen Bedingungen müssen die Krankenhäuser nach Einsparpotentialen suchen, ohne die medizinische Qualität zu verringern.“ Einzelne Maßnahmen eines Krankenhauses, kommentiere die DKG nicht, sagt Gaß.

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Schon seit dem vergangenen Dezember warnte die DKG vor einer bevorstehenden Pleitewelle. In der Branchen-Befragung Krankenhaus-Barometer 2022 gaben nur sechs Prozent der deutschen Klinikbetreiber an, dass ihre wirtschaftliche Lage gut sei. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) geht davon aus, dass sich ihre wirtschaftliche Lage 2023 noch weiter verschlechtern werde. Das strukturelle Defizit wird sich nach DKG-Zahlen in diesem Jahr auf rund 15 Mrd. Euro summieren. Bund und Länder arbeiten derzeit an einer grundlegenden Klinikreform.

Dieser Artikel ist zuerst auf ntv.de erschienen.

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