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Innenpolitik im Fokus: Vielschichtiger Vortrag zum Thema „Polen im Wandel“

Pforzheim. Forderungen nach Reparationszahlungen, Schießunterricht an Schulen und eine Gerichtsentscheidung, die nationales über EU-Recht stellt – die Meldungen über Polen in den deutschen Medien klingen oftmals alarmierend. Dabei entstehen teilweise folgenschwere Missverständnisse, wie Matthias Kneip vom Deutschen Polen-Institut Darmstadt am Sonntagvormittag im Foyer des Theaters Pforzheim schildert.

Sein vielschichtiger Vortrag zum Thema „Polen im Wandel“ findet im Rahmen der jährlichen Matinee statt, die die Deutsch-Polnische Gesellschaft Pforzheim-Enzkreis in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung veranstaltet. Zum zentralen Thema macht Kneip dabei die polnische Innenpolitik des vergangenen Jahrzehnts. Nicht nur inländischen Entwicklungen, sondern auch die Außenpolitik des Landes lasse sich seiner Erfahrung nach aus der Innenperspektive heraus besser verstehen und einordnen.

Wer herausfinden möchte, woher die schrillen Töne aus unserem Nachbarland kommen, müsse sich mit dem Jahr 2015 beschäftigen. Daher erzählt Kneip: Damals war die liberalkonservative Partei PO acht Jahre lang an der Macht gewesen und hatte für den Ausbau der Infrastruktur gesorgt. Die Zustimmung für ihre Erfolge erschien so groß, dass der Präsidentschaftskandidat Bronisław Komorowski den Wahlkampf vernachlässigte – genauso wie seine Partei in den Jahren zuvor die Menschen vernachlässigt hatte, die „kein Geld hatten, um die Maut für die schicken neuen Autobahnen zu bezahlen“.

Ihre Enttäuschung wiederum konnte sich die nationalkonservative Partei PiS unter dem Vorsitz von Jarosław Kaczyński zu Nutze machen, erläutert Kneip und zeigt die Konsequenzen auf. Ihre Beliebtheit erlangte die Partei, indem sie Sozialreformen wie den Mindestlohn, die 13. Rente sowie kostenfreie Medikamente versprach. Und sobald sie gewählt war, lieferte sie. Den Widerstand, den die sie während ihres ersten Regierungsversuchs zwischen 2005 und 2007 durch das Verfassungsgericht erfuhr, räumte die PiS währenddessen durch eine Unterwanderung der Justiz und der staatlichen Medienanstalten aus. 2019 gelang ihr durch die geschickte Kombination sozialer und EU rechtlich fragwürdiger Maßnahmen ein erneuter Wahlsieg.

Wichtig zu verstehen, findet Kneip, dass jegliches Vorgehen der Partei dabei auf den Wirkungseffekt gegenüber ihrer Wählerschaft ausgelegt sei – auch wenn es um Diplomatie geht. Als typisches Beispiel sieht er die Reparationszahlungen: der Anspruch auf Billionen von Euro macht sich als guter Slogan. Dabei sei völlig klar, dass sich die juristischen Verhandlungen zu dem Thema über Jahre hinweg ziehen und am Ende höchstens ein Bruchteil der Summe herauskommen würde. Aus Kneips Sicht sei die deutsche Regierung daher besser beraten, solche Provokationen schlichtweg zu ignorieren. Wer ihnen zu viel Beachtung schenke, sorge eher dafür, dass auf Worte tatsächlich Taten folgen.