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Iran soll Sittenpolizei nach Angaben des Generalstaatsanwalts aufgelöst haben

Eine Frau bei einem Protest in Teheran Ende September

Eine Frau bei einem Protest in Teheran Ende September

Foto: Uncredited / dpa

Die Sittenpolizei in Iran war bislang hauptsächlich für die Einhaltung der Kleidungsvorschriften für Frauen zuständig – nun soll sie aufgelöst worden sein. »Die Sittenpolizei hat nichts mit der Justiz zu tun und wurde von denjenigen, die sie in der Vergangenheit eingerichtet haben, geschlossen«, sagte Generalstaatsanwalt Mohammed-Dschafar Montaseri nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna am Samstagabend in der zentraliranischen Stadt Ghom. Auch die Tageszeitung »Shargh« zitierte den Generalstaatsanwalt so. Beide Medien gelten als relativ unabhängig und moderat.

Eine Bestätigung von staatlichen oder halbamtlichen iranischen Agenturen gibt es bislang nicht. »Die Sittenpolizei wurde aufgelöst, aber die Justizbehörde wird sich weiterhin mit dieser gesellschaftlichen Herausforderung auseinandersetzen«, sagte Montaseri laut »Shargh« weiter. Weitere Details zu den Umständen und der Umsetzung der Auflösung gab es nicht.

Beobachtern zufolge würde die Auflösung der Sittenpolizei zwar kein Ende des Kopftuchzwangs für Frauen bedeuten, aber einen wichtigen Teilerfolg der Frauenbewegung in Iran darstellen.

Regimekritiker bleiben skeptisch

Kritiker der politischen Führung reagierten verhalten auf die Ankündigung. Das Problem sei nicht die Sittenpolizei, sondern der Kopftuchzwang, schrieb ein iranischer Aktivist laut der Nachrichtenagentur dpa auf Twitter. »Frauen müssen überall ohne Kopftuch verkehren können«, forderte er. Und dies sei »nur der erste Schritt«.

Die Sittenpolizei war unter dem ultrakonservativen Staatschef Mahmud Ahmadinedschad gegründet worden und kontrolliert unter anderem die Einhaltung der Kopftuchpflicht. Sie war der Auslöser der seit über zwei Monaten andauernden systemkritischen Aufstände in dem Land.

Mitte September verhafteten die islamischen Sittenwächter die 22-jährige Jina Mahsa Amini  . Die Kurdin starb wenige Tage später im Gewahrsam der Sittenpolizei. Seitdem protestieren in Iran Menschen gegen das islamische System und dessen Gesetze und Vorschriften. Laut diesen müssen Frauen in der Öffentlichkeit ein Kopftuch sowie einen langen, weiten Mantel tragen, um Haare und Körperkonturen zu verhüllen. Dieses Gesetz ist seit mehr als 40 Jahren Teil der gesellschaftspolitischen Doktrin des islamischen Systems.

Am Freitag hatte Generalstaatsanwalt Montaseri angekündigt, dass das iranische Parlament und die Justiz das Gesetz überprüfen würden, das Frauen zum Tragen eines Kopftuchs verpflichtet. »Das Parlament und die Justiz arbeiten« an diesem Thema, sagte er. Angaben dazu, was an dem Gesetz geändert werden könnte, machte er aber nicht.

Vier Personen wegen angeblicher Spionage für Israel hingerichtet

Die Islamische Republik beschuldigt vor dem Hintergrund der Proteste die Geheimdienste Israels und westlicher Staaten, einen Bürgerkrieg provozieren zu wollen. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna vom Sonntag sind kürzlich vier Personen wegen angeblicher Spionage für Israel hingerichtet worden. Auch die halbamtliche Nachrichtenagentur Fars berichtete.

Den Berichten zufolge sollen die vier Menschen angeblich Mitglieder eines Netzwerks des israelischen Geheimdienstes Mossad gewesen sein. Die vier Personen sollen zudem öffentliches Eigentum beschädigt und an Entführungen von Zivilpersonen beteiligt gewesen sein, hieß es. Weitere Details zu der Hinrichtung der vier Personen gab Irna nicht, auch nicht wo diese verhaftet oder hingerichtet worden sein sollen und ob der Vorfall in Zusammenhang mit den systemkritischen Protesten steht. Am Mittwoch hatte die halbamtliche iranische Agentur Mehr von den Todesurteilen berichtet.

Drei weitere Personen wurden demnach zu Gefängnisstrafen zwischen fünf und zehn Jahren verurteilt. Ihnen soll unter anderem Gefährdung der nationalen Sicherheit, Mithilfe bei Entführungen und illegaler Waffenbesitz vorgeworfen werden.

Seit Beginn der Demonstrationen wurden nach Einschätzung von Menschenrechtlern bereits rund 470 Personen getötet, darunter zahlreiche Demonstrantinnen und Demonstranten, 64 Minderjährige und 60 Sicherheitskräfte. Tausende wurden demnach verhaftet, unter ihnen Studierende, Journalisten, Sportler sowie Künstler.