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Iran-Talk bei Maybrit Illner: "Dieses Regime ist ideologisch gescheitert"

Seit mehr als zwei Monaten halten die Proteste im Iran an, obwohl das Regime mit aller Härte gegen die eigene Bevölkerung vorgeht. Welche Chancen hat die Revolution der Tiktok-Generation? Und wie kann der Westen die Demonstrierenden unterstützen? Auch, indem er Geflohenen Schutzstatus gibt, sagt CDU-Chef Merz bei Maybrit Illner.

Mitte September stirbt eine junge Kurdin nach ihrer Festnahme durch die iranische Sittenpolizei. Die Wut über ihren Tod treibt Tausende Menschen auf die Straßen. Und seitdem reißen die Proteste nicht ab. Schon lange geht es dabei nicht mehr nur um die Kleiderordnung. Es ist das dritte Mal in fünfzehn Jahren, dass sich das iranische Regime mit Unruhen konfrontiert sieht. Doch dieser Protest ist anders. Denn erstmals scheint das Mullah-Regime in Teheran die Proteste nicht in den Griff zu bekommen. Iran könnte vor einer Revolution stehen. Was bedeutet das für den Westen? Und wie können die westlichen Länder die Demonstranten unterstützen? Darüber diskutieren die Gäste bei Maybrit Illner im ZDF.

Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer ärgert vor allem die Untätigkeit des Westens. Die Hälfte der Bevölkerung des Iran werde von dem Regime unterdrückt. Diesen Menschen müsse man helfen. Dazu fordert sie vor allem Filmschaffende auf. Doch auch die Politik müsse handeln. So sei ausgerechnet der Iran ein Mitglied der UN-Frauenrechtskommission, sagt Schwarzer. "Das Außenministerium muss alles tun, um dieser Schande ein Ende zu machen", fordert sie und fügt hinzu: "Wir haben nicht nur weggeschaut, wir haben dieses Terrorregime salonfähig gemacht. Wir haben es viel zu lange unterstützt."

"Wünsche mir, dass Iran freies Land wird"

Beeindruckend ist der Auftritt der jungen Fotografin Ghazall Abdollahi. Sie berichtet von den Demonstrationen, an denen sie teilgenommen hat und von der Bedrohung durch die Polizei, der sie ausgesetzt war. "Unterstützen Sie die Menschen, die wieder und wieder ihr Leben aufs Spiel setzen", fordert sie. "Man sollte das iranische Regime isolieren, man sollte nicht mit ihm verhandeln. Ich wünsche mir, dass der Iran ein freies Land wird." Der Westen solle den Menschen, die aktuell aus der Islamischen Republik fliehen müssten, die Chance zum Lernen und Studieren geben, damit sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen könnten, fordert sie.

Auch CDU-Chef Friedrich Merz bewundert den Mut der Frauen im Iran. "Wir merken vermutlich gerade, was Freiheit ist und dass wir diese Freiheit haben. Zur Freiheit gehört aber auch die Verantwortung, dass wir diese Menschen hier aufnehmen und ihnen den Schutzstatus geben, der ihnen den Aufenthalt ermöglicht, um zu studieren und zu arbeiten. Das ist eine humanitäre Verpflichtung", sagt Merz. Und er stimmt Grünen-Chef Nouripour zu, der sich beklagt, dass die Unterstützung der Demonstranten und der Kampf gegen das Mullah-Regime in Teheran zu langsam voranschreite. Viele Entscheidungen fielen in der EU. "Wir sind uns darüber einig, dass die Europäische Union schneller werden muss", sagt er. Dennoch freue er sich über die Sanktionen, die in Brüssel gegen den Iran verhängt worden seien. "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung."

Nouripour, Merz und die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal sind sich in einem einig: Das Regime im Iran ist gefährlich, nicht nur für die Menschen, die im Iran ihre Meinung sagen wollen. Auch hierzulande würden Menschen bedroht. Tatsächlich prüft aktuell der Bundesstaatsanwalt, ob er wegen Anschlägen auf drei Synagogen ermittelt. Der Täter soll angeblich aus dem Iran stammen und wieder dorthin geflohen sein. "Wir haben es hier mit einem politischen Islam zu tun und mit einem aggressiven Antisemitismus, der sich in ganz Europa verbreitet", sagt Merz.

"Ich glaube, dass die Appeasement-Politik der letzten 43 Jahre dazu geführt hat, dass das Regime des Iran auch hier in Europa heimlich morden konnte", sagt Aktivistin Tekkal. In Europa müsse auch in der Iran-Politik eine Zeitenwende beginnen. Es sei nicht hinnehmbar, dass im Iran gerade eine ganze Tiktok-Generation "einfach über die Klinge springt." Das Regime in Teheran ermorde die eigenen Menschen, deren Mut es zu verdanken sei, "dass wir mit einer neuen Lebenswirklichkeit im Iran konfrontiert werden, und die tut weh." Tekkal weiter: "Wenn jetzt nicht der Umdenkungsprozess einsetzt, wann dann? Wenn man das Unrechts-Mullah-Regime, das Mörder-Regime, das Mittelalter-Regime in seine Schranken weisen will, dann muss man es maximal isolieren."

"Fokus auf alle Menschen im Iran setzen"

Tekkal fordert, den Fokus der Politik auf die Menschen im Iran zu setzen, und zwar auf alle Menschen. Dazu fordert sie menschenrechtsgeleitete Sanktionen gegen das Regime.

Für sie liegt in den Unruhen auch eine Chance: Sie seien nicht religionsgetrieben. "Wir reden hier von einer Generation Z, die areligiös und prowestlich ist", sagt sie. Diese Menschen wollten mit dem Regime in Teheran nichts zu tun haben. "Dieses Regime ist im Kern ideologisch gescheitert, und das muss Europa endlich begreifen. Das Regime steht unter Druck wie in seiner gesamten 43 Jahre währenden Geschichte nicht." Der Westen werde im Nahen Osten neue Bündnispartner suchen müssen. Dazu könnte neben Israel vielleicht auch eines Tages der Iran gehören, hofft Tekkal.