Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Jetzt müssen Asylbewerber schon aufs Kreuzfahrtsch - Die Sorge vor der nächsten großen Welle

Schnaufend ziehen vier junge Syrer und Iraner ihre Taschen und Koffer durch den Schnee am Donau-Ufer. Ihre Flucht ist zu Ende, ihre neue Adresse ist der Anlegesteg des klei­nen Dörfchens Bach in der Oberpfalz: Hier ankert die „MS Rossini“, die der Landkreis als Flüchtlingsunterkunft bis Juli angemietet hat. Das schlägt nun gewaltige Wellen unter den 1100 Ein­wohnern.

Die steigende Zahl der Asylsuchenden zwingt die Kommunen in Deutschland zu solch extravaganten Maßnahmen: 217.774 Menschen stellten 2022 ei­nen Erstantrag beim Bundesamt für Migration.

Zur Bürgerversammlung in der vergangenen Woche kamen rund 400 Menschen, viele sprachen von ihren Befürchtungen

Foto: Sandra Meilinger

Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages: „Wir haben seit 2014 rund 1,4 Mio. Asylbewerber und zuletzt über eine Million Ukrainer aufgenommen, menschenwürdig untergebracht und betreut. Wir spannen alle Kräfte ein, aber jetzt sind die Kapazitäten erschöpft.“

Tatsächlich sagen in einer neuen INSA-Umfrage für BILD am SONNTAG 51 Prozent der Befragten, dass Deutschland bisher (eher) zu viele Geflüchtete aufgenommen hat. „Angemessen viele“ sagen 33 Prozent, 11 Prozent finden, dass es (eher) zu wenige waren.

Auf dem Münch­ner Messegelände entstand eine Zelt­stadt für Ukrainer, im Landkreis Bamberg wurde ein Supermarkt zur Unter­kunft umfunktioniert. Es muss jetzt alles ganz schnell gehen.

„Ich habe das per Mail am 11.1. um 17.41 Uhr erfahren“, schimpfte Bachs Bürgermeister Thomas Schmalzl auf ei­ner Bürgerversammlung über die Entscheidung des Landratsamts, seiner Gemeinde 200 Flüchtlin­ge auf einem eigens angemiete­ten Schiff zuzuweisen.

Das An­gebot der Reederei, für Landrätin Tanja Schweiger (44) ein Rettungsanker: „Um eine erneute Belegung von Schulturnhallen zu vermeiden, mussten wir auf die Option der Anmietung eines Hotelschiffes zurück­greifen“, sagt sie BILD am SONNTAG.

Noch 2022 schipperte das 40 Jahre alte Schiff (111 Meter lang) zwischen Passau und Buda­pest über die Donau, bevor es außer Dienst gestellt wurde. Die Fakten: 100 Kabi­nen (11 bis 14,5 qm) mit je zwei Betten, Dusche, Toilette, Highspeed-WLAN.

Die Aufenthaltslounge mit Highspeed-WLAN

Foto: Joerg Voelkerling

In solchen Kabinen (11 bis 14,5 Quadratme­ter) sind die Bewohner untergebracht

Foto: Eberhardt Travel

„Die Kläranlage wurde gerade ge­neralüberholt“, sagt ein Reederei-Mitarbeiter, als er BILD am SONNTAG an Bord bittet. Coiffeur und Fitnessraum bleiben ge­schlossen, auch der Pool auf dem Oberdeck soll nicht ge­nutzt werden. Es gibt einen Gebetsraum und drei­mal täglich Verpflegung im Speisesaal.

Ein Werbefoto der Reederei zeigt den Pool auf dem Oberdeck

Foto: Eberhardt Travel

Foto: BILD

Dieser Artikel stammt aus BILD am SONNTAG. Das ePaper der gesamten Ausgabe gibt es hier.

Bei bis zu 50 Euro Erstattung pro Flüchtling und Tag liegen die Kosten bei voller Belegung mit bis zu 200 Menschen für ein halbes Jahr bei 1,8 Millionen Euro. Das „übliche Niveau ei­ner Unterbringung in Notun­terkünften“, sagt Hans Fichtl, Sprecher des Landkreises, dazu nur.

Die Anwohner treibt weni­ger der Preis als die Sorge um den Dorffrieden um. „Wir haben einfach Angst, dass es hier Ärger gibt, wenn da 200 Männer aus arabischen Län­dern sind“, sagt Michael (53), der in Sichtweite der „MS Rossini“ wohnt und seinen Nachnamen lieber nicht verra­ten will.

Die ersten Bewohner betreten am Donnerstagmittag über einen Steg die „MS Rossini“

Foto: Joerg Voelkerling

„Das hat uns kalt er­wischt“, sagt Rentner Johann Mayer (64), der sich in einer Bürgerinitiative gegen das Schiff engagiert. „Man liest ja immer wieder von Messerste­chereien, und das befürchten wir auch hier.“

„Das hat uns kalt erwischt!“ Anwohner Johann Mayer sammelt Unterschriften gegen die Asylunterkunft

Foto: Joerg Voelkerling

Unter den ersten 31 Flüchtlingen, die am Don­nerstag einzogen, seien auch ein Ehepaar mit zwei Kin­dern, ein kinderloses Paar und drei alleinrei­sende Frauen, ließ das Landratsamt wissen. Be­ruhigen wird das die aufge­heizte Stimmung kaum – am Mitt­woch demonstrierte die AfD im Ort.

Polizisten trennten am Mittwoch eine AfD-Demo und eine Gegendemonstation, sie hatte mehr Teilnehmer

Foto: vifogra

Die Polizei will am Bacher Anle­gesteg verstärkt Streife fahren. Erst in der Nacht auf Don­nerstag wurde in Marklkofen (80 km entfernt) ein Flüchtlings­zelt angezündet – bereits zum zweiten Mal!

Thorsten Frei (49), Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU, zu BILD am SONNTAG: „Die Lage spitzt sich zu. Die Kommunen werden mit dieser Herausforderung alleingelassen, obwohl die Belastungsgrenze erreicht ist.“