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Junge Frau aus Königsbach-Stein teilt auf TikTok Erfahrungen mit ihrer Krebs-Erkrankung

Das Video auf TikTok ist knapp über eine Minute lang. Die junge Frau greift sich durch die Haare und zeigt den Zuschauern ein Büschel Haare, das ihr ausgefallen ist. Es ist wenige Tage her, dass sie ihre erste Chemotherapie hatte, wird beim Zusehen deutlich. Sie kämpft mit den Tränen und berichtet, dass sie sich bald ihre Haare abrasieren wird. Die Frau im Video ist Ellena Horntrich und kommt aus Königsbach-Stein. Ende 2022 hat die 19-Jährige die Diagnose Lymphknotenkrebs erhalten und sich entschlossen, auf ihren Social Media-Profilen offen mit ihrer Erkrankung umzugehen. Ihre Geschichte schildert die Pressesprecherin des Siloah St. Trudpert Klinikums Ljerka Pap.

So wie Ellena Horntrich zeigen sich inzwischen viele – vor allem jüngere Menschen – bei ihrem Kampf gegen den Krebs. Unter den Hashtags #cancer #cancerfighter berichten sie in einer Art öffentlich einsehbarem Tagebuch von ihren Untersuchungen, Ergebnissen, guten und weniger guten Tagen mit der Erkrankung.

Die Krebsdiagnose hat Ellena Horntrich vor drei Monaten aus ihrem gewohnten Alltag gerissen: Die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau muss derzeit genauso pausieren wie der regelmäßige Gang ins Fitnessstudio. „Das war bislang immer meine Therapie. Freunde sehen, ausgehen, das alles habe ich gerade nicht mehr“, sagt Ellena Horntrich. Das zweite Lehrjahr wird die junge Frau wiederholen müssen, das weiß sie bereits. Der Fokus und der Lebensinhalt haben sich verschoben. „Das Hauptziel ist es, gesund zu werden und den Krebs zu besiegen.“

Bis zur eindeutigen Diagnose Hodgkin Lymphom lag der Gedanke fern, an Krebs erkrankt zu sein. „Nach einer Seitenstrangangina hatte ich noch Wochen später krampfartige Halsschmerzen, Atemnot und starke Probleme beim Schlucken. Der angeschwollene Hals und das Fieber – alles schon Krebssymptome, das weiß ich heute“, beschreibt sie ihre Beschwerden. Als es ihr Ende 2022 immer schlechter geht und die Fieberattacken immer häufiger werden, überweist sie der Hausarzt ins Siloah St. Trudpert Klinikum, wo die HNO-Abteilung mehrere Knoten entdeckt und eine Biopsie macht. Die Diagnose eineinhalb Wochen später: Lymphknotenkrebs. „An diesem Tag ist eine Welt für mich zusammengebrochen“, erinnert sich Ellena Horntrich. „Nur meine Mutter hat noch am gleichen Tag von der Diagnose erfahren. Meine Angst wollte ich keinem zeigen, ich will stark sein.“ Familie und Freunde sind an ihrer Seite, unterstützen sie in dieser schwierigen Zeit und wünschen sich, dass sie ihr Lachen nicht verliert, den Mut nicht aufgibt. „Ich bin die letzte, die ihr Lachen verliert“, versichert sie ihnen dann immer und sich selbst natürlich auch ein wenig.

Was ihr dabei sehr hilft: Der Austausch zu anderen Betroffenen und Angehörigen im Internet. Viele sprechen ihr Mut und Kraft zu, schreiben ihr, wie sie oder Familienmitglieder mit der Diagnose Lymphknotenkrebs die Erkrankung überstanden haben. Das gebe ihr Kraft, sagt die 19-Jährige. Es sind fremde Menschen, die ihr alles Gute wünschen und Hoffnung schenken. „Auf TikTok und Instagram möchte ich real sein und zeigen, dass es mir auch mal schlecht geht. Das Posten ist für mich ein Weg, mit der Krebserkrankung umzugehen, sie zu bewältigen und anderen zu zeigen, dass eine Krebserkrankung jeden – auch junge Menschen wie mich – treffen kann“, schildert sie ihre Beweggründe. Dass ihre Krebserkrankung andere Menschen interessiert, kann sie an der Anzahl der Fans und Follower sehen. Mit der Diagnose ist nämlich auch diese deutlich gestiegen. Allein auf Instagram ist ihre Followeranzahl von 10.000 auf über 5000 gewachsen. Auf TikTok begleiten sie inzwischen über 50.000 Menschen auf ihrem Weg. „Mit dem Krebs haben sich auch meine Themen verändert, über die ich poste; mein Leben hat sich ja auch verändert.“

Der Umgang mit einer Krebserkrankung ist offener geworden, das stellt auch Professor Oliver Bachmann, Leiter des Onkologischen Zentrums im Siloah St. Trudpert Klinikum, fest. „Die Diagnose Krebs ist kein Tabu mehr; Betroffene teilen sich ihrem Umfeld mehr mit bis hin zum transparenten Umgang in sozialen Medien und auf öffentlichen Plattformen. Wenn dies Menschen für das Thema Krebs und die Krebsvorsorge sensibilisiert, ist schon viel getan“, so Bachmann.

Nach ihrer ersten Chemotherapie ist Ellena inzwischen zu Hause und wird ambulant im Zentrum für Onkologie behandelt. Ihre Haare hat sie sich in der Zwischenzeit abrasiert. Im Frühjahr folgt voraussichtlich eine Bestrahlung. Was sie vorhat? „Ich kämpfe. Ich habe noch so viel vor.“

Über die Krankheit: Lymphdrüsenkrebs

Der englische Arzt und Pathologe Thomas Hodgkin hat die bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems, die nach ihm benannt wurde, 1832 zum ersten Mal beschrieben. Bei Kindern und Jugendlichen ist es die dritthäufigste Krebserkrankung nach Leukämie und Tumoren des zentralen Nervensystems. Morbus Hodgkin kann überall im Körper entstehen, befällt in der Regel die Lymphknoten und kann bei fortschreitender Krankheit auch Organe wie die Lunge, Leber oder Milzbetreffen.

„Ein oder mehrere vergrößerte Lymphknoten am Hals, der Achselhöhle oder Leiste sind oft ein erstes Symptom für die Krankheit“, weiß Dr. Yves Dencausse, ihr Behandler, Onkologe und Leiter des Zentrums für Onkologie. „Weitere Symptome können Appetitlosigkeit, starker Nachtschweiß, sowie eine starke Müdigkeit und ein unerklärlicher Gewichtsverlust sein“, ergänzt sein Kollege Dr. Sina Lotfi. Die Experten raten bei Anzeichen wie diesen, die von einer starken Lymphknotenanschwellung begleitet werden, sie bei einem Arzt abklären zu lassen. Die Erkrankung kann mit einer Chemotherapie von mehreren Monaten in den meisten Fällen geheilt werden.