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Karlstadt: Zwei berühmte Silber-Figuren aus dem Barock gehen auf Reise nach München

Kurz nach dem zweiten Advent trat die silberne "Maria Immaculata" - die Unbefleckte - aus der Stadtpfarrkirche Karlstadt eine Reise nach München an, um fachgerecht restauriert zu werden. St. Georg zu Pferd, ebenfalls aus Silber gefertigt, wird ihr bald folgen. Der Kirchenstiftung ist es gelungen, die Restaurierung der beiden Silberplastiken nur durch Privatspenden sowie die Ernst-von-Siemens-Stiftung mit Sitz in Berlin zu finanzieren.

Viele Karlstadter Christinnen und Christen dürften die Figuren kennen. Sie werden am Georgstag und bei der Fronleichnamsprozession von Mitgliedern der Feuerwehr und des Heimat- und Volkstrachtenvereins durch die Stadt getragen. Üblicherweise werden sie in der Schatzkammer der Stadtpfarrkirche ausgestellt. Während des Zweiten Weltkrieges waren sie gut versteck unter der Mensa des Hochaltars, in Ölpapier gewickelt und eingemauert.

Die wertvollsten erhaltenen Figuren aus dem deutschen Barock

Wie Manfred Goldkuhle, stellvertretender Kirchenverwaltungsvorsitzender, bei der Abholung der Figuren durch den Restaurator erklärte, stammen die beiden Silberplastiken aus der berühmten Augsburger Silberschmiede. Sie wurden von keinem geringeren als Johann Martin Maurer zwischen 1720 und 1730 angefertigt. Gesegnet wurden sie am Georgstag 1730.

Sie gehören zu den wertvollsten noch erhaltenen Figuren aus dem deutschen Barock, wie wertvoll genau wird in diesen Zeiten besser nicht verraten. Gestiftet wurden sie einst von den zwei Brüdern Georg Adam und Johann Georg Adelmann, einer Handelsfamilie aus Karlstadt (Ratssenior und Kanonikus am Stift Neumünster in Würzburg), deren Stammhaus die heutige Sparkasse am Marktplatz war.

Bei der Diözesanausstellung "Strahlkraft 2018/19 bemerkte der Diözesanrestaurator Wolfgang Schneider den desolaten Zustand der Figuren samt Holzsockel. Sie wackeln sogar. Dazu gibt es auch eine Anekdote: Der ehemalige Stadtpfarrer Paul Steiner soll vor Prozessionen ganz profan mit neuzeitlichen Holzschrauben für Abhilfe gesorgt haben.

Finanzierung der Restauration nur durch Spenden möglich

Nach der Begutachtung schrieb die Kirchengemeinde die Restaurierung unter drei Kunstsilberschmieden im süddeutschen Raum aus. Zur Finanzierung wurden seit 2019 Spenden gesammelt. Initiator war dabei Pfarrgemeinderat Josef Forstner, der zu seinem 80. Geburtstag am 22. Mai 2019 um Spenden statt Geschenke gebeten hatte. Den Grundstock von fast 1700 Euro konnte er bis zur Jahresmitte 2022 auf fast 15.000 Euro private Spenden ausbauen.

Kirchenstiftungsmitglied und Förderkreisvorsitzender Walter Herberth, der auch Oberpflegeamtsdirektor der Juliusspital-Stiftung Würzburg ist, knüpfte einen Kontakt zur Ernst-von-Siemens-Stiftung in Berlin. Diese übernimmt im Rahmen einer Corona-Förderung für freiberufliche Wissenschaftler und Restauratoren die Hälfte der Kosten, wenn Objekte (wie in Karlstadt) ganzjährig präsentiert werden. Insgesamt unterstützte sie so 217 Projekte mit 2,75 Millionen Euro Fördersumme, 178 davon sind Restaurierungen. Ihr Generalsekretär Martin Hoernes bezeichnet gelungene Restaurierungen als oft wichtiger als Neuanschaffungen.

So wird Restaurator Stephan Rudolph die Figuren wieder aufhübschen

Wie Wolfgang Schneider bei der Abholung erklärte, war Silber im Barock ein gefragtes Material für Heiligenfiguren und Augsburg im 17. und 18. Jahrhundert das Zentrum der Silberkunst in Europa. Die Plastiken wurden dabei von Holzbildhauern geschaffenen Skulpturen nachempfunden. Eine Grund für die Restaurierung ist ein Effekt, den jeder kennt, der Silberbesteck hat: Das Material läuft an, weil es mit Schwefelverbindungen aus der Luft reagiert und schwarz-opakes Silbersulfit bildet.

Die Korrosionsschichten wird Restaurator Stephan Rudolph in seinem Atelier im Münchner Umland schonend mit einem elektrochemischen Verfahren sowie Bürsten und Wattestäbchen entfernen, was ohne metallene Materialverluste möglich ist. Die Kunst besteht darin, dass danach nicht alles einheitlich silbern schimmert, sondern eine gewisse Tiefenwirkung erhalten bleibt. Abschließend wird ein spezieller Acryllack als Schutz aufgetragen. Das ist aufwändig und kostet für die "Maria Immaculata" rund 13.200 Euro. Das wird übrigens nicht das erste Mal geschehen. Unter Pfarrer Paul Steiner wurden die Figuren 1984 schon einmal überarbeitet.

Die Restaurierung beider Figuren soll bis Ende März 2023 abgeschlossen sein. Danach sollen sie wieder bei den Prozessionen durch Karlstadt getragen werden.