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"Kein Doppelwumms": Ampel-Maßnahmen stoßen auf geteiltes Echo

Die Reaktionen auf die Gaspreisbremse lassen nicht lange auf sich warten. Während aus Bayern Lob und Kritik erklingt, ist man in Hessen ist unzufrieden mit dem Kommunikationsstil der Ampel. Aus der Wirtschaft kommen überwiegend positive Reaktionen - und weitere Forderungen.

Die oppositionelle Union im Bundestag sieht noch viele ungeklärte Fragen bei den geplanten zusätzlichen Entlastungen von bis zu 200 Milliarden Euro in der Energiekrise. "Wir haben jetzt ein Preisschild", sagte Fraktionschef Friedrich Merz in Berlin. Man wisse aber nicht, welches Instrument damit angeschafft werden solle. Es sei nicht nachzuvollziehen, nach welcher Kalkulation diese Zahl ermittelt worden sei. Die 200 Milliarden Euro würden als weitere neue Schulden in Schattenhaushalten aufgetürmt.

Völlig offen bleibe, wie die Gas- und Strompreisbremse gestaltet werden solle. "Das sind ziemlich komplexe Vorhaben", sagte Merz. Zu rechnen sei mit einem Gesetzgebungsmarathon in den nächsten Wochen und Monaten. Er sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf Ablehnung festgelegt, es komme auf die Details und die Ausgestaltung an. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, ein Schutzschirm sei vom Grundsatz her zu begrüßen. Neben der Ausgestaltung sei auch eine nötige Ausweitung des Energieangebots offen. "Nach wie vor vollkommen unzureichend gelöst ist die Frage der Kernenergie." Er sehe daher "keinen Doppelwumms, sondern diese Entscheidung hinterlässt doppelte Fragezeichen".

CSU-Chef Markus Söder lobte dagegen den vom Bund geplanten "Abwehrschirm" grundsätzlich. Er habe immer einen großen Wurf gefordert, "dies scheint der Fall zu sein", sagte der bayerische Ministerpräsident. Abschließend könne er die Ankündigung der Ampel-Regierung aber noch nicht bewerten. Es seien aber zwei gute und grundsätzlich richtige Signale, dass die Gasumlage wegkomme und es auch einen Deckel für die Gaspreise geben solle. Faktum sei aber, dass zur Finanzierung 200 Milliarden Euro weitere Schulden aufgenommen werden müssten, sagte Söder. Dies müsse den Bürgern ehrlich gesagt werden.

Söders Koalitionspartner, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, übte dagegen Kritik an den Berliner Entscheidungen. "Man muss leider sagen: der Dilettantismus und die Realitätsverweigerung gehen weiter. Das ist eines der größten Probleme des Wirtschaftsstandorts Deutschland", sagte der Landeschef der Freien Wähler. "Wir brauchen einen Gaspreisdeckel von 8 Cent nach dem Vorbild Großbritanniens bis 1. Oktober sofort anstatt eine Expertenkommission bis Mitte Oktober, mit Umsetzung irgendwann."

Lob kommt aus dem Norden

Spitzenpolitiker von CDU und SPD in Schleswig-Holstein begrüßten die geplante Energiepreisbremse dagegen. "Es ist absolut richtig, dass der Bund sich nun endlich entschlossen hat, eine Gaspreisbremse auf den Weg zu bringen", sagte CDU-Landtagsfraktionschef Tobias Koch. Dies hätte aber bereits vor vier Wochen passieren müssen. "Dann hätte die Bundesregierung heute auch konkreteres als die Einsetzung einer Kommission zur Erarbeitung eines Konzepts vorstellen können." So blieben auch nach der Ankündigung viele Fragen wie dem Zeitpunkt der Einführung und der konkreten Höhe der Gaspreisbremse offen.

Oppositionsführer Thomas Losse-Müller hält es für richtig, den Preisanstieg für Verbraucher zu begrenzen. "Kanzler Olaf Scholz und seine Bundesregierung haben geliefert." Zusätzlich zu den bisherigen 95 Milliarden Euro in drei Entlastungspaketen kämen jetzt weitere 200 Milliarden, um Gas- und Strompreise bezahlbar zu halten. "Das ist eine Lösung, die der Größe des aktuellen Problems entspricht." Auch das Aus für die geplante Gasumlage sei eine gute Nachricht.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst begrüßte den geplanten "Abwehrschirm". "Bund und Länder sind sich einig, Menschen und Wirtschaft substanziell zu entlasten, damit das Land gut durch den Herbst und den Winter kommt", sagte er. Dazu habe der Bund nun mit dem "Abwehrschirm" seine Bereitschaft klar erklärt. "Eine harte Bremse für Energiepreise ist richtig."

Zugleich monierte Wüst aber, die Ankündigungen der Ampelkoalition lösten viele neue Fragen aus. Ihm zufolge muss die Bundesregierung bei dem anstehenden Bund-Länder-Gespräch darlegen, "wie die Größenordnung der Energiekosten für Haushalt und Unternehmen nach der Energiepreisbremse zu beziffern ist". Auf dieser Grundlage könne man dann über gezielte Entlastungen beraten. Der CDU-Politiker - aktuell ist er auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) - mahnte: "Die Menschen müssen schnell wissen, was diese Ankündigung für sie konkret bedeutet."

Wirtschaftsvertreter mit weiteren Forderungen

Verärgert reagierte Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein. Er kritisierte die Kommunikation der Bundesregierung mit den Ländern zur geplanten Gaspreisbremse als "unbefriedigend". Es sei ein bemerkenswerter Stil, "über den Ticker" davon zu erfahren. "Wir sind ein föderales System und da geht man anders miteinander um", sagte Rhein.

Auch Gewerkschaften, Lobby- und Wirtschaftsverbände zeigten erste Reaktionen: Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands, sagte: "Es ist gut und richtig, dass die Bundesregierung mit einer Preisbremse die explodierenden Energiekosten bremsen will. Das entlastet sowohl die finanziell oft vollkommen überforderten Handelsunternehmen als auch die Privatverbraucher."

Die Gewerkschaft Verdi begrüßte, dass durch den Sonderfonds der Rahmen dafür geschaffen werde, eine Gaspreisbremse und angemessene Lösungen für Unternehmen und Einrichtungen zu finanzieren. "Damit wird der Weg frei gemacht für die seit längerer Zeit von Verdi geforderte Begrenzung der Energiekostenbelastung, insbesondere für Menschen mit mittleren und eher niedrigen Einkommen", sagte Verdi-Chef Frank Werneke. Man solle nun aber auch Extragewinne der Unternehmen abschöpfen.

Auch Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks, bezeichnete die Einigung als "gutes Signal", es komme jetzt aber auf die konkrete und schnelle Umsetzung der Gaspreisbremse an. Zudem bräuchten "energieintensive Betriebe" gezielte Hilfen, um Insolvenzen zu vermeiden.