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Kirchenbau vor 50 Jahren: Wie St. Laurentius in Dingolshausen als Zeichen des Glaubens neu entstand

Man schreibt Mitte des Jahres 1971. An der Dingolshäuser Pfarrkirche St. Laurentius herrscht emsiges Treiben. Das Kirchenschiff wird abgerissen. Es soll ein neues Kirchenschiff entstehen. Dieser Wunsch war seinerzeit nicht mehr ganz neu.

Die Diskussion um einen möglichen Neubau von St. Laurentius begann bereits im Jahr 1963, "als ein Priesterwechsel stattfand und Pfarrer Berthold Sander am 16. Februar 1964 in sein Amt eingeführt wurde", so steht es in einer akribischen Zusammenfassung von Erwin Loos, einem der damaligen Hauptverantwortlichen, zu lesen. Dies löste verständlicherweise eine lebhafte Debatte im Dorf und bei den Verantwortlichen aus. Anbau oder Neubau – welcher Weg ist richtig?

Kirchenneubau als Thema beim Antrittsbesuch

Als über die Finanzen gesprochen wurde (Erwin Loos: "Man ging schon von einer Bausumme von 1 Million Deutscher Mark aus"), wurde es erst einmal ruhig um das Bauvorhaben. So blieb es bis zur Kommunalwahl 1966, als Erwin Loos zum Bürgermeister und ein neuer Gemeinderat gewählt wurde. Loos, zu der Zeit auch Pfarrgemeinderatsvorsitzender, kam bei seinem Antrittsbesuch bei Pfarrer Sander "fast wie zufällig auf das Thema Kirchbau und Finanzierung zu sprechen". Bis spät in die Nacht "sprachen wir über Möglichkeiten, die Einwohner für den Kirchenbau zu gewinnen, sie zu begeistern, sich mit einer Spende oder einem sonstigen Werk am Bau zu begeistern". 

Und tatsächlich, so Loos weiter, hätte im Dorf eine "ganz andere Diskussion" begonnen. "Man war aufgeschlossen, keineswegs unglücklich darüber, dass man aufgerufen ist, am Bau einer neuen Kirche mitzuwirken." Jeder wollte mithelfen. Fortan gab es einen sogenannten Silbersonntag und viele Veranstaltungen, wie Pfarrfamilienfeste, zugunsten des Kirchenneubaus. Natürlich durfte auch die Diözese, vor allem wegen der erwarteten Zuschüsse, nicht vergessen werden.

Vorhaben findet Gefallen beim Generalvikar

Waren es anfangs Pfarrer Sander und Loos, die nach Würzburg fuhren – ohne den gewünschten Erfolg –, so brachte der folgende Besuch von einem "guten Dutzend Dingolshäuser", so Loos in seiner Niederschrift, anscheinend mehr Eindruck. Generalvikar Justin Wittig sei es ganz offensichtlich anzusehen gewesen, "dass er Gefallen an unserem Vorhaben fand", hält Loos fest. "Macht weiter so, bindet eure Einwohner in das Vorhaben ein", riet Wittig und versprach – was aus finanzieller Sicht noch wichtiger war: "Die Diözese lässt euch nicht im Stich."

Viele Sitzungen des Bauausschusses, dem Pfarrer Sander, Bürgermeister Loos, Franz Kraft, Clemens Menth, Sebastian Götz, Adolf Grünewald, Edmund Heck, Kunigunda Kirchner, Maria Kraft, Johann Loos, Rudi Menth, Ignatz Öchsner, Alois Öchsner und Horst Schreck angehörten, sowie des Pfarrgemeinderats folgten. Die Planungen (Architekt wurde Josef Matl) und vorbereitenden Arbeiten konnten nun starten.

Dann nahte der letzte Gottesdienst in der "alten" Kirche. Erwin Loos hat hier festgehalten, was er fühlte, als er von der Empore blickte: "Das große Deckengemälde von Elogius Böhler, das gibt es nach dem Abriss nicht mehr, ich nahm noch einmal alle Einzelheiten intensiv wahr." Eine Woche später wurde mit dem Abbruch begonnen. Nach dem letzten Gottesdienst am 2. Mai 1971 sollten die Helfer zusammenkommen und Einzelheiten besprochen werden.

Gottesdienstbesucher kraxeln auf den Heuboden

Es kamen viele, galt es doch viel zu tun. Neben dem Ausräumen und Abriss mussten die Plätze für die Messfeiern zur Überbrückung hergerichtet werden. Gab es werktags mit dem Gottesdienst (Rathaus) keine Probleme, so standen Pfarrer Sander und Erwin Loos für die Sonntagsgottesdienste vor Problemen. Sander sollte Familie Steinhuber fragen, ob sie Räume, konkret den Hühnerstall, bereitstellen würden. Der Bürgermeister sollte bei der Raiffeisenbank nachfragen. Am Ende wurde nicht im Hühnerstall die heilige Messe gefeiert, sondern auf dem Heuboden.

"Da oben könnt ihr machen, was ihr wollt", hatten die beiden Schwestern Berta und Klara Steinhuber gemeint. Doch wie sollten die Kirchgänger am besten auf diesen Dachboden gelangen? Da fiel Loos der Wagner Johann Schiefer ein. "Sie saßen grad beim Essen", erinnert sich Loos an seinen Besuch bei diesem. "Ich komm gleich wieder", sagte Schiefer zu seiner Familie, steckte einen Meterstab ein und begab sich mit Loos zum Heuboden. "Bis wann muss die Treppe fertig sein?", fragte Schiefer. "Bis morgen", sagte Loos. Und tatsächlich: Es klappte. Die Notkirche "strahlte danach so viel von Altem und Vertrautem aus, dass es sehr bald ein gewohnter Gang zur Kirche werden sollte", schreibt Loos später.

Plan für den Abriss geht erst nicht auf

Am Samstag nach dem letzten Gottesdienst folgte der Abriss des alten Kirchenschiffs. Zum Arbeitseinsatz kamen eine Menge Leute. "Fasst zu viele, um sie sinnvoll einzuteilen, damit nichts passiert", macht Loos in seiner Niederschrift deutlich. Das Besondere war, dass die Kirchendecke freitragend war, also vom Dachstuhl gehalten wurde. Die Abbaumethode sah vor, jedes Dachstuhlelement – von hinten beginnend – vorsichtig abzubauen. Das Letzte sollte dann durch den Aufschlag und das Gewicht nach unten in den Kirchraum fallen. So der Plan.

Doch das letzte Element bewegte sich zwar, fiel aber nicht durch. Guter Rat war jetzt teuer. Ludwig Sehm, der als Waldarbeiter im Umgang mit der Motorsäge vertraut war, Franz Kraft und Erwin Loos blieben oben auf dem Turm als sicheren Rückzugsort. Sie überlegten, und letztlich fanden sie einen Weg. Zum "Jubel der gespannt wartenden Leute am Boden", so Loos in seinen Dokumenten, "stiegen wir – sichtlich erleichtert – die Feuerwehrleiter zu ihnen runter." Wenn die Dingolshäuser nicht so mitgeholfen hätten, "wäre es nicht möglich gewesen", stellt Loos nicht nur zum Abriss der Kirche, sondern auch für die gesamte Baumaßnahme fest.

Grundsteinlegung nach wenigen Monaten

Örtliche Firmen, tatkräftige Helfer und das gute Zusammenwirken aller Verantwortlichen ermöglichten es, dass Generalvikar Justin Wittig bereits am 12. September 1971 den Grundstein für den Neubau legen konnte. Die Urkunde darin enthielt die üblichen Daten und wurde in eine Kupferhülle verlötet.

Die bei solchen Großprojekten auftretenden Probleme wurden alle im Einvernehmen gelöst. Und so konnte Weihbischof Alfons Kempf am 7. Oktober 1972 die "neue" Kirche St. Laurentius feierlich weihen. Der Einweihungsgottesdienst sei ein "Erlebnis besonderer Art" gewesen, hat Loos festgehalten. Es sei hierbei nicht nur die Liturgie, "die mit jeder Handlung die Bedeutung der neuen Kirche zum Ausdruck brachte", zelebriert worden. Auch das Erscheinungsbild von Weihbischof Kempf "haben tief beeindruckt", meint Loos.

Jubiläumsfest mit Festgottesdienst

Er hält abschließend in seinem Dokument fest, was Geschichte und Gegenwart von St. Laurentius gleichermaßen widerspiegelt: "So gesehen, war der Kirchenbau ein echter Segen für unsere Gemeinde. Wenn auch durch den heutigen Zeitgeist der Besuch und die Bedeutung des Gottessdienstes den Stellenwert von damals nicht mehr hat, so bin ich fest davon überzeugt, dass auch in Zukunft diese Kirche der zentrale, geistige Mittelpunkt unserer Gemeinde sein wird."

Ein halbes Jahrhundert später wird Loos wird im Gespräch nicht müde, zu betonen, dass der Kirchenbau eine gemeinschaftliche Leistung war.

Am 9. Oktober 2022, also nur zwei Tage nach der Weihe der Dingolshäuser Pfarrkirche St. Laurentius vor 50 Jahren, wird es dort um 10 Uhr einen Festgottesdienst mit Domkapitular Albin Kemmer und musikalischer Gestaltung durch die Köhlerkapelle geben. Das in diesem Jahr gewählte Gemeindeteam um Ansprechpartnerin Doris Geißler und Ida Müller, Reinhard Geißler, Bruno Kuna und Gerald Effertz sowie die Kirchenverwaltung mit Alois Kraft, Hans-Walter Schmalzbauer und Bruno Kuna laden danach zu einem kleinen Festzug mit anschließender Begegnung im Freiraum ein. Dort wird Erwin Loos auch einen kleinen Vortrag zu Abriss und Neubau von St. Laurentius halten.