Germany
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König Charles lässt die Deutschen eine Lücke spüren

„Ihr seid mer ja scheene Demogradn!“ So soll sich Sachsens ehemaliger König Friedrich August III. über die jubelnde Menschenmenge mokiert haben, die ihn in den 1920er-Jahren in Dresden empfing. Angesichts der geradezu ehrfürchtigen Art, wie Deutschlands Volksvertreter Charles III. und Camilla empfingen, könnte man versucht sein, das Zitat von Friedrich August auf die Abgeordneten zu beziehen. Allenfalls der Parteichef der Linken versuchte sich mit ein paar antimonarchischen Sprüchen zu profilieren, aber er wirkte dabei eher wie ein pubertierender Schüler, der ein verbotenes Wort an die Tafel schreibt.

Gerade weil Deutschland so gründlich republikanisch ist, kann es sich die Höflichkeit, ja Herzlichkeit gegenüber dem britischen König leisten. Das Kaiserreich bestand gerade einmal 47 Jahre, die Bundesrepublik hat schon 74 Jahre hinter sich. Das ist allerdings nichts gegen die britische Monarchie, die ihre Ursprünge fast ununterbrochen – der vorletzte Charles wurde 1649 geköpft, der Bruder des letzten Charles wurde 1688 vom Parlament entthront – bis ins 10. Jahrhundert zurückverfolgen kann.

Es ist vielleicht diese Verbindung mit der Geschichte, die einem so traditionslosen Volk wie den Deutschen Respekt, ja eben Ehrfurcht abnötigt. Daran können auch die ödipalen Angriffe seines jüngeren Sohnes Harry nichts ändern.

Kontinuität und Wandel

Und Charles kommt als Vertreter eines Landes, das sich hinter der Fassade altehrwürdiger Einrichtungen noch viel schneller ändert als Deutschland. Der Premierminister, der die Rede des Königs vor dem Bundestag absegnete, heißt Rishi Sunak. Der Führer der Partei, die Schottlands Unabhängigkeit anstrebt, und der zugleich Schottland als First Minister regiert, heißt Humza Yousaf. Yousaf ist für den Islam und die Ehe für alle und gegen die Monarchie. Sunak ist ein konservativer Hindu.

Vielleicht kann Großbritannien gerade deshalb diese gesellschaftlichen Veränderungen verkraften, weil seine Institutionen – allen voran die Monarchie – Kontinuität suggerieren. Wir sind gute Demokraten. Aber Charles lässt uns die Lücke spüren, die die deutschen Umbrüche hinterlassen haben.