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KSK-Soldat, AfD-Richterin und ein Prinz – Das wissen wir über die festgenommenen „Reichsbürger“

Sie sollen einen Umsturz geplant und dafür teilweise auch mit Waffen trainiert haben: Die Bundesanwaltschaft hat 25 Menschen aus der „Reichsbürger“-Szene festnehmen lassen. Rund 3000 Beamte waren laut Polizei bei der Großrazzia am Mittwochmorgen in elf Bundesländern im Einsatz. Die terroristische Vereinigung habe die staatliche Ordnung in Deutschland stürzen und durch eine eigene ersetzen wollen, die in Grundzügen schon ausgearbeitet sei. Dafür hätte sie auch Tote in Kauf genommen. Hier ein Überblick, was über die Festgenommen bisher bekannt ist.

Prinz Heinrich XIII.

Heinrich XIII. Prinz Reuß bei seiner Festnahme

Heinrich XIII. Prinz Reuß bei seiner Festnahme

Quelle: dpa/Boris Roessler

Heinrich XIII. Prinz Reuß soll als einer der Rädelsführer agiert haben. Er besitzt in Saaldorf an der Saale das kleine neugotische Jagdschloss Waidmannsheil, wohnhaft ist er aber in Frankfurt am Main, wo er auch festgenommen wurde. Die Familie Reuß distanzierte sich bereits in der Vergangenheit von Heinrich XIII. „aufs Schärfste“, wie die „Ostthüringer Zeitung“ („OTZ“) berichtet. Für das Haus Reuß spiele er keine Rolle, zitierte die „OTZ“ Fürst Heinrich XIV. im August 2022. Er sei ein teilweise „verwirrter alter Mann“, der „verschwörungstheoretischen Irrmeinungen aufsitzt“.

„Wir sind etwa 60 Nachkommen des Fürstenhauses Reuß, das bis 1918 auch in Lobenstein regiert hat“, sagte demnach Fürst Heinrich XIV.. Prinz Heinrich XIII. sei „ein entfernter Verwandter“ und habe vor vierzehn Jahren den Familienverbund, in dem sich die Gesamtfamilie organisiere, „auf eigenen Wunsch verlassen“. Prinz Heinrich XIII. leide laut Heinrich XIV. darunter, dass er unzählige Verfahren über die „Restitution entzogenen Eigentums geführt“ und verloren habe. Das Ergebnis dieser Gerichtsverfahren sei bis heute für ihn „wohl sehr enttäuschend“.

AfD-Politikerin und Richterin

Zu den Verdächtigen, die bei der bundesweiten Razzia gegen die „Reichsbürger“-Szene festgenommen wurden, gehört auch die Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Birgit Malsack-Winkemann ist seit 1996 Richterin auf Lebenszeit im Dienst des Landes Berlin und saß bis 2021 für die AfD im Bundestag. In der postrevolutionären Ordnung der „Reichsbürger“-Gruppe sollte sie Justizministerin werden. Als Sportschützin soll sie mehrere Schusswaffen besitzen, wie der „Spiegel“ weiter berichtet. Als frühere Abgeordnete verfügt sie über Ortskenntnisse im Bundestag.

Birgit Malsack-Winkemann, Richterin und frühere Bundestagsabgeordnete der AfD, im Verwaltungsgericht

Birgit Malsack-Winkemann, Richterin und frühere Bundestagsabgeordnete der AfD, im Verwaltungsgericht

Quelle: dpa/Wolfgang Kumm

Nachdem sie aus dem Bundestag ausgeschieden war, kehrte sie im März dieses Jahres auf die Richterbank am Berliner Landgericht zurück. Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) scheiterte mit einem Antrag, dass sie aufgrund von Zweifeln an der Verfassungstreue in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden müsste. Eine Analyse insbesondere ihrer Debattenbeiträge im Deutschen Bundestag ergebe, dass sie eine „völkische Gesellschaftsordnung mit einem ethnokulturell homogenen Staatsvolk“ propagiere, hieß es im Antrag der Senatsjustizverwaltung.

Das Richterdienstgericht wies den Antrag im Oktober 2022 jedoch zurück. Eine „schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechtspflege“ lasse sich nicht feststellen. Nach dem Grundgesetz dürften Abgeordnete „zu keiner Zeit wegen einer Äußerung im Bundestag gerichtlich oder dienstlich verfolgt werden“. Das außerparlamentarische Verhalten der Abgeordneten lasse keine Zweifel am Einstehen für die freiheitliche demokratische Grundordnung entstehen, so das Gericht.

Innerhalb der AfD-Bundespartei gehört Malsack-Winkemann aktuell dem Bundesschiedsgericht an und ist damit unter anderem für Parteiausschlussverfahren zuständig.

Ex-Kriminalhauptkomissar Michael F.

Im April 2022 hatte das Verwaltungsgericht Hannover entschieden, dass der Kriminalhauptkomissar Michael F. aus dem Dienst entlassen wird, auch er wurde laut Bundesanwaltschaft am heutigen Mittwoch festgenommen. F. ging im Juni gegen das Urteil in Berufung. F. hatte an zahlreichen Demonstrationen der „Querdenker“-Bewegung teilgenommen. Der Polizist war bereits 2020 vom Dienst entbunden worden, da er in einer Rede auf einer solchen Demonstration die damaligen Corona-Regeln mit dem Nationalsozialismus parallelisierte. „Er fantasierte von einem gewaltvollen Umsturz“, sagte Alexander Rasumny von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus damals WELT.

Disziplinarklage gegen Polizisten

Ein angeklagter Polizist sitzt kurz vor Beginn der Verhandlung in einem Saal vom Fachgerichtszentrum Hannover. Die Polizeidirektion Hannover reichte die Disziplinarklage gegen den ...Kriminalhauptkommissar ein. Er soll aus dem Dienst entfernt werden. Ihm wird vorgeworfen, der sogenannten Reichsbürgerbewegung anzugehören, gegen dienstliche Weisungen verstoßen zu haben und auf verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen unter anderem der «Querdenkerszene» Verschwörungstheorien verbreitet sowie staatliche Institutionen und deren Organe verunglimpft zu haben. +++ dpa-Bildfunk +++

Quelle: pa/dpa/Moritz Frankenberg

WELT berichtete damals, dass F. nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Halle im Oktober 2019 für die Erstellung von Sicherheitskonzepten für die jüdischen Gemeinden in Niedersachsen zuständig war. Demnach war F. damals der ranghöchste Polizeibeamte des Technischen Präventionsteams der Polizeidirektion Hannover. Die bundesweite Razzia sorgt nun erneut für Beunruhigung in den jüdischen Gemeinden.

„Es besorgt uns sehr, dass Michael F. zu den Beschuldigten eines mutmaßlichen Terror-Netzwerks gehört. Es ist genau das eingetreten, wovor wir damals gewarnt haben“, sagte Rebecca Seidler, Vorsitzende des Landesverbandes der israelitischen Kultusgemeinden in Niedersachsen und Geschäftsführerin der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover, am Mittwoch WELT. „Schon 2020 haben wir wahrgenommen, dass sich Michael F. radikalisiert und Kontakte zu rechtsextremen Gruppierungen pflegt. Weil er Sicherheitskonzepte für die jüdischen Gemeinden erstellt hat und damit Detailwissen über die Sicherheitssituation jüdischer Gemeinden hat, besteht ein Sicherheitsrisiko, das spätestens jetzt ernst genommen werden muss“, so Seidler weiter. „Ich erwarte von den Sicherheitsbehörden, dass sie mit uns besprechen, wie ein Sicherheitsrisiko für unsere Gemeinden reduziert werden kann.“

F. kandidierte im vergangenen Jahr bei der Bundestagswahl als niedersächsischer Spitzenkandidat für die verschwörungsideologische Partei „Die Basis“. Im Dezember 2021 verurteilte ihn das Amtsgericht Dresden zu einer Geldbuße in Höhe von 5000 Euro, weil er bei einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen im Oktober 2020 den Hitlergruß zeigte.

Aktiver KSK-Soldat und Reservisten

Der Geheimdienst der Bundeswehr teilte mit, die Maßnahmen der Bundesanwaltschaft seien dem Militärischen Abschirmdienst bekannt. Der MAD sei in die Ermittlungen eingebunden. „Die Ermittlungen richten sich unter anderem gegen einen aktiven Soldaten sowie mehrere Reservisten“, erklärte ein Sprecher des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst. Der „aktive Soldat“ sei Angehöriger des Kommandos Spezialkräfte (KSK), es handele sich aber nicht um einen Kommandosoldaten.