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Lanz zum Messerangriff: "Staat ist für Bürger verantwortlich, bevor er Rest der Welt rettet"

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ruft die Regierung nach der tödlichen Messerattacke in Brokstedt zum Handeln auf: "Aber das passiert ja nicht." Ein Islamkritiker warnt vor einem "Phänomen" der Gewalt.

Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sieht die Bundesregierung nach dem tödlichen Messerangriff in einem Zug in Brokstedt in der Pflicht. "Die Politik muss erklären, was sie für noch verwantwortbar hält und wo für sie Grenzen sind. Aber das passiert in dieser Form ja eben nicht", kritisierte sie am Mittwochabend bei "Markus Lanz" zum Thema "Rückführungen". Mehr als einmal schien da auch Kritik an Parteifreund und Amtsnachfolger Marco Buschmann durchzublitzen.

Die Gäste

"Wir wenden unser Recht zum Teil nicht konsequent genug an", kritisierte die Liberale etwa. So habe der Palästinenser, der in dem Regionalzug zwei junge Menschen getötet haben soll, wegen jüngster Angriffe im Gefängnis womöglich eigentlich gar nicht erst auf freien Fuß gesetzt werden dürfen.

Lanz zu Justiz und Islam

Klipp und klar wurde Leutheuser-Schnarrenberger auch bei der Beurteilung von Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Lanz ließ einen Ausschnitt von deren Statement vor der Presse in Brokstedt einspielen. Faeser hatte darin auf die vielen Fragen hingewiesen, die die Tat aufwerfe.

"Man fragt sich als Bürger: Sollte sie nicht Antworten geben, statt Fragen zu stellen, die wir uns sowieso alle stellen?", meinte der Moderator zu Faesers Auftritt. "Solche Äußerungen tragen nicht zur Sicherheit bei, nach dem Motto: Die Politik hat den Blick darauf und weiß auch schon, wovon sie redet und was vielleicht auch zu tun ist", stimmte Leutheusser-Schnarrenberger zu.

Für den Islamkritiker Hamed Abdel-Samad ging die Diskussion schon wieder in die völlig falsche Richtung. Das war für ihn spätestens dann der Fall, als "Stern"-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz mögliche Traumata bei den aus Kriegs- und Krisengebieten geflüchteten Jugendlichen ansprach. Flüchtlinge aus Vietnam seien einst auch massiv traumatisiert nach Deutschland gekommen, hätten aber keine Gewalttaten begangen, sagte der Autor ("Islam – eine kritische Geschichte").

In Deutschland und speziell von der Politik werde eine Debatte über den Zusammenhang von Migration, Integration, Herkunft und Gewalt jedoch tabuisiert. Das müsse sich nach Brokstedt ändern, mahnte Abdel-Samad. Als der Sohn eines ägyptischen Imams war er bis 2020 Mitglied der Deutschen Islam Konferenz und steht wegen seiner Kritik am Islam seit vielen Jahren unter Polizeischutz.

Islamkritiker: "Sie leben in einer Opferrolle"

"Wenn das ein Einzelfall gewesen wäre, könnten wir abwarten. Aber das ist ein Phänomen geworden", warnte er und sprach von einer Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands durch nicht integrierte muslimische Männer. "Sie leben in einer Opferrolle", urteilte Abdel-Samad, der früher als Übersetzer an Gerichten gearbeitet hat. Daraus folge die Einstellung "Der deutsche Staat hat mir nichts zu sagen" – insbesondere, weil Deutsche als "Ungläubige" grundsätzlich nicht zu respektieren seien.

Er forderte eine grundlegende Neubewertung des Umgangs mit Schutzsuchenden. "Asylrecht ist eine gute Errungenschaft, aber es ist nicht die primäre Aufgabe des deutschen Staates." Wichtiger sei es, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. "Der Staat ist für diese Bürger zuerst verantwortlich, bevor er den Rest der Welt rettet", sagte er.

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Lanz: Gewalt geht zurück

"Herkunft allein macht noch keinen Täter", unterstrich hingegen der Journalist Schmitz. Angesichts der Tat in Brokstedt müsse gefragt werden: Ist das ein Massenphänomen oder muss man differenzieren? Das Fazit des "Stern"-Chefredakteurs: "Es gibt keine Gewaltexplosion."

Das konnte die Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Andrea Titz, zunächst einmal bestätigen. Gerade die Gewalt unter Jugendlichen und Heranwachsenden sei insgesamt stark zurückgegangen.

Am Ende meinte aber auch Richterin Titz zur Gewalttat in Brokstedt: "Solche Fälle dürfen in einem Rechtsstaat eigentlich nicht vorkommen. Denn die tragen dazu bei, dass das allgemeine Gefühl der Bevölkerung der Unsicherheit – auch diese gefühlte subjektive Verrohung der Gesellschaft – zunimmt. Dann hilft es wenig, wenn ich mit in einer Talkshow hinsetze und sage: Aber die Statistiken sind andere."

Pauschale Vorwürfe gegen die Justiz, in der Strafverfolgung zu lasch zu sein, wies Titz zurück. "Die Justiz greift selbstverständlich hart durch, wenn es ihr möglich ist." Der Zusatz war aber für Titz der Knackpunkt. Denn insbesondere die Strafjustiz ist laut der Vizepräsidentin des Landgerichts Traunstein chronisch überlastet. Und das Problem werde immer schlimmer. Schon jetzt fehlen laut Titz bundesweit rund 1.000 Richter und Staatsanwältinnen. Bis 2030 würden bis zu 40 Prozent dieser Berufsgruppen in Pension gehen. Gleichzeitig herrsche in der Justiz ein Nachwuchsproblem.