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Lebensmittel: Hohe Preise: Warum Obst- und Gemüse so teuer geworden ist

Wer im Supermarkt zu Gurken, Salat, Paprika und Zwiebeln greift, wird sich über die hohen Preise gewundert haben. Liegt das wirklich nur an der Inflation? Warum sind dann einige Lebensmittel wie Butter billiger geworden?

3,29 Euro – dieser absurd hohe Preis für eine ganz normale Salatgurke aus Spanien hatte Ende Februar für Aufsehen gesorgt. Eine Userin hatte bei Tiktok ein Video vom Gemüseregal einer Edeka-Filiale in Hamburg gepostet. Darin war auch das Preisschild für die Gurken zu sehen. Tausende Nutzer reagierten mit wütenden Kommentaren auf den Gurkenpreis.

Dieser hohe Preis sei ein Einzelfall, hatte Edeka Nord Anfang März dazu in einem Interview mit t-online gesagt – in den meisten Edeka-Märkten koste eine Salatgurke momentan 2,99 Euro. Auch nicht gerade ein Schnäppchen.

Lebensmittel wie Gemüse sind zuletzt deutlich teurer geworden, im Februar stiegen die Preise im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich um 21,8 Prozent. Gurken kosten 12 Prozent mehr, Salat ist 25 Prozent teurer, für Zwiebeln müssen wir 38 Prozent mehr bezahlen – und für Paprika sogar 47 Prozent.

Lebensmittel: Hohe Preise: Warum Obst- und Gemüse so teuer geworden ist

© Grafik: ntv.de / lst Quelle: Statistisches Bundesamt

Kältewelle in Spanien, Marokko und Italien

Nicht nur die Verbraucher bekommen die steigenden Nahrungsmittelpreise zu spüren. „Wir in der Lebensmittelproduktion haben alles deutlich teurer eingekauft als in den Vorjahresperioden“, sagt Stefanie Sabet, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, „Wieder was gelernt“. 

Dass Lebensmittel teurer werden, liegt zum großen Teil am russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Normalerweise ist die Ukraine wichtiger Exporteur von Weizen und weltgrößter Exporteur von Sonnen­blumenöl. Kam das Land 2021 noch auf einen Anteil von 40,1 Prozent am globalen Exportmarkt von Sonnenblumenöl, waren es 2022 nur noch 34,7 Prozent. Beim Weizen lag die Ukraine 2021 mit 19,4 Millionen Tonnen auf Platz fünf der wichtigsten Exportländer der Welt. Insgesamt ernteten die ukrainischen Landwirte 33 Millionen Tonnen, 2022 dann nur noch 20,5 Millionen Tonnen Weizen. Auch weniger Mais wurde geerntet. Landwirtschaft ist im Krieg nur noch eingeschränkt möglich.

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Auch Düngemittel ist knapp, weil Russland wegen der westlichen Sanktionen nicht so viel exportieren kann wie sonst. Der Ukraine-Krieg hat auch für eine Unterbrechung der Lieferketten gesorgt.

Zudem seien Agrar-Rohstoffmärkte witterungsabhängig, erklärt Sabet. Zwei Drittel des Gemüses in deutschen Supermärkten werden importiert, vor allem aus Spanien und den Niederlanden. In den Anbaugebieten im Süden war es aber zu kalt. In Spanien, Marokko und Italien haben eine Kältewelle und Stürme zu Ernteausfällen geführt – in Marokko gab es im Januar sogar Frost. Außerdem ist es in Spanien und Italien schon seit dem letzten Sommer viel zu trocken.

In den Niederlanden ernten die Bauern momentan weniger, weil sie aus Energiespargründen das künstliche Licht in den Gewächshäusern nicht so stark aufdrehen. Und auch in Deutschland haben die Landwirte wegen Hitze und Trockenheit vergangenes Jahr zwölf Prozent weniger Gemüse geerntet als noch im Jahr davor.

Höhere Energie-, Rohstoff- und Lohnkosten

„Die größten Kostentreiber sind Energie und Agrarrohstoffe“, beschreibt es Stefanie Sabet für die Ernährungsindustrie. „Wir sind immer noch auf einem viel höheren Niveau als die meisten unserer Mitwettbewerber auf dem Weltmarkt.“ Dazu komme noch die Lohnentwicklung. Die sei aber aufgrund kommender Tarifgespräche unklar. Dazu werde sich erst zum Sommer hin etwas sagen lassen.

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Wie viel wir am Ende im Supermarkt für Gemüse, Butter oder Brot bezahlen, hängt von vielen Faktoren ab. Der Preis für die Verbraucher setze sich aus einer ganzen Lebensmittelkette zusammen, formuliert Sabet den Sachverhalt. Landwirte würden ihre gestiegenen Kosten an die Verarbeiter weitergeben. Diese müssten wiederum beim Handel aufgrund ihrer Kalkulationen Steigerungen durchsetzen. „Und der Handel wiederum legt dann fest, was der Verbraucher im Endeffekt im Regal zahlt.“

Das alles passiert mit einem längeren Vorlauf. „Man geht im Schnitt davon aus, dass sich Erzeuger-Preisentwicklungen, die die Vorboten der Verbraucherpreisinflation sind, erst über drei bis vier Monate bemerkbar machen, bis dann der jeweilige Effekt beim Verbraucher ankommt“, sagt die Ernährungsexpertin.Wenn wir am Ende mehr bezahlen für ein Produkt, muss das aber nicht unbedingt mit höheren Kosten bei den Lebensmittelherstellern zusammenhängen. Der Handel hat daran auch einen großen Anteil. 

Butter zum Beispiel wurde Anfang Februar plötzlich in vielen Supermärkten 40 Prozent günstiger. Das lag daran, dass die alten Verträge zwischen den Milchproduzenten und dem Einzelhandel Ende Januar ausgelaufen waren. In den neuen Verträgen konnten die Händler deutlich niedrigere Preise vereinbaren. Ähnlich ist es beim Kaffee: Obwohl er an den Rohstoffmärkten zu Höchstpreisen angeboten wurde, haben viele Supermärkte im Februar die Preise um bis zu 20 Prozent gesenkt.

Supermärkte haben Eigenmarken verteuert

Genaue Prognosen sind schwierig. Aber allein schon wegen des Ukrainekriegs, der Inflation und der Energiekrise werden die Lebensmittelpreise dieses Jahr wohl hoch bleiben. Auch Stefanie Sabet rechnet damit, dass die Lage in den nächsten Monaten angespannt bleibt. Nestlé, der größte Lebensmittelkonzern der Welt, hat für dieses Jahr angekündigt, die Preise ein weiteres Mal zu erhöhen.

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Um Geld zu sparen, haben viele Menschen längst kreative Strategien. „Wir sehen, dass die Mehrheit der Verbraucherinnen nicht mehr bereit ist, diese Preise zu bezahlen“, erläutert die GfK-Konsumexpertin Hanna Kehl. „Es wird zum Beispiel statt Butter wieder vermehrt Margarine oder Frischkäse gekauft. Oder es wird die Marke zum Angebotspreis gekauft oder zu Eigenmarken gegriffen.“

Allerdings lohnt es sich nicht immer, die eigentlich günstigeren Eigenmarken der Supermarktketten zu kaufen. Aldi, Lidl, Rewe oder Edeka haben die Preise für ihre Eigenmarkenprodukte vergangenes Jahr durchschnittlich um über 30 Prozent erhöht, hat die Verbraucherorganisation Foodwatch analysiert. Markenprodukte haben sich dagegen nur halb so stark verteuert. Die Preise von Marken- und No-Name-Artikeln haben sich also angenähert.

Genau hinschauen lohnt sich im Supermarkt: Um Preisfallen zu erkennen, empfiehlt die Verbraucherzentrale, die Kilo- oder Literpreise zu vergleichen. Günstiger ist es außerdem, Gemüse und Obst zu kaufen, die Saison haben und in der Region wachsen.

Dieser Artikel ist zuerst auf ntv.de erschienen 

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