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Marktturbulenzen: Löst Paris London bald als wichtigsten europäischen Finanzplatz ab?

Marktturbulenzen Löst Paris London bald als wichtigsten europäischen Finanzplatz ab?

Luftansicht des Finanzdistrikts in London mit dem Walkie Talkie Building

Luftansicht des Finanzdistrikts in London mit dem Walkie Talkie Building

© IMAGO / Westend61

Das Vertrauen an der Londoner Börse ist erschüttert und die britische Hauptstadt steht kurz davor, seinen Ruf als wichtigsten europäischen Finanzplatz zu verlieren – zeitgleich werden britische Unternehmen für Übernahmen attraktiv

Der diesjährige Abwärtstrend auf dem britischen Aktienmarkt katapultiert London als Finanzplatz auf das Niveau von Paris. Der Börsenwert der Unternehmen mit einer britischen Erstnotierung sinkt dieses Jahr auf 2,5 Billionen Dollar. Die beiden Handelsplätze London und Paris trennen somit nur noch 156 Milliarden Dollar voneinander, dies entspricht einem Bloomberg-Index zufolge fast dem niedrigsten Stand aller Zeiten. 

Seitdem die Briten 2016 für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt haben, holt der französische Handelsplatz London stetig auf. Die Marktturbulenzen der vergangenen Tage, die prompt auf die angekündigten Steuersenkungen folgten, haben dem britischen Markt erneut einen entscheidenden Schlag versetzt, das Vertrauen in die Wirtschaft beschädigt und das Pfund auf ein Rekordtief geschickt.

„Die Auswirkungen des Brexit trüben immer noch die Stimmung“

„London als wichtigster europäischer Handelsplatz hat bereits vor der Unruhe im britischen Finanzsektor und dem Einbruch des Pfunds an Glanz verloren, da die Auswirkungen des Brexits immer noch die Stimmung trüben“, sagte Susannah Streeter, Senior Investment and Markets Analyst bei Hargreaves Lansdown. „Angesichts der zunehmenden Bedenken über die Wirtschaftspolitik der Regierung Truss scheint der Optimismus langsam zu schwinden“.

Seit Premierministerin Liz Truss (zweite von links) und Finanzminister Kwasi Kwarteng (rechts daneben) am vergangenen Freitag ihre Steuerpläne vorstellten, befindet sich das britische Pfund im Tiefflug

In vielen Hauptstädten Kontinentaleuropas gibt es fast hämische Reaktionen auf die Tumulte im britischen Finanzsektor – ein weiteres Mal, so heißt es, zeigten sich die fatalen Effekte der Brexit-Denkschule

Daten der Bank of America zufolge beziffern sich die Abflüsse aus britischen Aktienfonds auf 18 Mrd. Dollar. Die Intervention der Bank of England am Mittwoch habe nur „Zeit gekauft“ , schreiben die Strategen von Jefferies unter der Leitung von Sean Darby in einem Kommentar. Die Bank of England habe das Pfund vorerst stabilisiert und so eine breitere Verschlechterung der Finanzen der britischen Haushalte und der Vermögensmärkte verhindern können. Nur einmal zuvor war der Wertunterschied zwischen dem britischen und dem französischen Aktienmarkt geringer. Das war im Januar dieses Jahres, als das drittgrößte Unternehmen im FTSE 100-Index, BHP Group Ltd, London verlassen hat. 

Das Vereinigte Königreich ist zu einem fruchtbaren Boden für Übernahmen geworden

Die Schwäche des Pfund Sterling seit dem Brexit-Votum hat zwar zum sinkenden Wert des Londoner Aktienmarktes beigetragen, macht britische Unternehmen aber auch attraktiver für ausländische Käufer. Das Vereinigte Königreich ist durch die günstigen Bewertungen und einem fehlenden Protektionismus zu einem Hotspot für Übernahmen geworden.

Der Turm blieb ein Torso

Unternehmer Edward Watkin wollte Besucher nach Wembley locken, daher sollte ein Turm nach dem Vorbild des Eiffelturm diese anlocken. Doch der Bau wurde zur Katastrophe

Ein weiterer Faktor ist die zunehmend schwache Position Londons als einer der wichtigsten Börsenplätze in Europa. Nach Angaben von Bloomberg wurden in diesem Jahr nur 1,38 Mrd. USD durch Börsengänge im Vereinigten Königreich eingenommen, dies entspricht 14 Prozent des europäischen Gesamtvolumens und stellt den geringsten Anteil seit mehr als einem Jahrzehnt dar. 

Das schwache Pfund verschafft den Gewinnen britischer Unternehmen starken Rückenwind

Es ist nicht alles schlecht und düster. Die schwache Währung verschafft den Gewinnen britischer Unternehmen starken Rückenwind, denn 75 Prozent der Einnahmen des FTSE 100 stammen aus dem Ausland.  Susana Cruz, Strategin bei Liberum Capital, erklärt: „Das bedeutet, dass der Blue-Chip-Index den Mid-Cap-Index FTSE 250 wahrscheinlich weiterhin übertreffen wird, zumindest so lange die Rezessionsängste anhalten und das Pfund Sterling unter Druck bleibt“.

© 2022 Bloomberg L.P.

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