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Märtyrer der vergessenen Bürger Amerikas

Am Donnerstagnachmittag um kurz vor 17 Uhr Ortszeit ereignete sich Historisches an der 100 Centre Street in New York City. Die Grand Jury am Manhattan Criminal Courthouse stimmte mehrheitlich dafür, dass Anklage erhoben wird gegen Donald J. Trump. Wohnhaft Mar-a-Lago, Palm Beach, Florida. Das bestätigte das Büro des zuständigen Bezirksstaatsanwalts Alvin Bragg.

Damit ist zum ersten Mal in der US-Geschichte ein ehemaliger Präsident angeklagt. Dreimal seit 1776 mussten sich amtierende Präsidenten einem Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) stellen. Das jüngste galt 2021 Trump. Doch in keinem Fall kam es zu einer Verurteilung durch den Kongress.

Das könnte sich jetzt mit dem New Yorker Gerichtsverfahren ändern. Was genau in der Anklageschrift steht, war am Donnerstagabend zunächst unklar. Diese wird erst öffentlich gemacht, wenn Trump in New York zur Anklageerhebung erscheint. Vermutlich wird das nächste Woche geschehen.

US-Medien spekulierten, dass es sich um 34 Punkte handelt. Der Beschuldigte selbst bezeichnete die Anklage in einer ersten Reaktion als „eine politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf dem höchsten Niveau der Geschichte“. Trump will 2024 erneut als Kandidat der Republikaner in die Präsidentenwahl ziehen. In den Umfragen liegt der 45. Präsident für die Vorwahlen klar vor seinen Konkurrenten.

Der Vorwurf lautet, dass Trump 2016 verdeckt über seinen Anwalt Michael Cohen 130.000 US-Dollar Schweigegeld an die ehemalige Porno-Schauspielerin Stormy Daniels gezahlt und damit gegen die Offenlegung von Wahlkampfgeldern verstoßen habe. Daniels hatte seinerzeit behauptet, 2006 eine Affäre mit Trump gehabt zu haben. Davon sollte die Öffentlichkeit nach Willen des damaligen Kandidaten der Republikaner keinesfalls kurz vor der Wahl erfahren. Trump bestreitet alles, obwohl Cohen wegen der Zahlungen bereits verurteilt worden ist.

Trumps Anwälte erklärten am Donnerstag, ihr Mandant habe „keine Verbrechen begangen. Wir werden diese politische Verfolgung vor Gericht energisch bekämpfen.“ Sie hatten schon vor zehn Tagen dem Gericht zu verstehen gegeben, dass ihr Mandant sich nicht gegen eine Vorladung wehren werde. Der 76-Jährige wird damit wohl kooperieren, aus Florida in seine Geburtsstadt reisen und wie ein durchschnittlicher mutmaßlicher Krimineller behandelt werden. Die berüchtigten „mugshots“ – Fahndungsfotos – eingeschlossen.

„Trump lügt ständig“, steht nach der Bekanntgabe der Anklage-Erhebung gegen Trump auf einem Banner vor dem Strafgericht in Manhattan

„Trump lügt ständig“, steht nach der Bekanntgabe der Anklage-Erhebung gegen Trump auf einem Banner vor dem Strafgericht in Manhattan

Quelle: REUTERS

Szenen, die dem Ex-Präsidenten wohl sehr gelegen sind. Trump hatte die Aufmerksamkeit für die Anklage selbst angefacht, als er vor fast zwei Wochen auf seiner Plattform „True Social“ seine Anhänger zu Protesten aufrief. „Der haushoch führende republikanische Kandidat und ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird am Dienstag nächster Woche festgenommen. Protestiert, holt euch unsere Nation zurück!“, schrieb er.

Trump stilisiert sich als Opfer des liberalen Demokraten-Establishments, vornean jenem in New York. Während die Stadt nach Darstellung der Republikaner in Kriminalität versinkt, widmeten sich Polizei und Justiz politischen Schauprozessen.

„Eine politisch aufgeladene Jagd“

Dass die Vorgänge Eindruck auf die rechte Basis machen und damit Trumps Position im Wettbewerb um die Kandidatur für die Wahl 2024 nutzen, zeigen auch die Reaktionen von Trumps innerparteilichen Konkurrenten.

Ron DeSantis, dem die besten Chancen gegen Trump eingeräumt werden, schlug sich ebenfalls auf dessen Seite. „Die Instrumentalisierung des Justizsystems, um eine politische Agenda voranzutreiben, stellt den Rechtsstaat auf den Kopf. Es ist unamerikanisch. Der von (George) Soros unterstützte Bezirksstaatsanwalt von Manhattan hat kontinuierlich Recht gebeugt, um Verbrechen abzuwerten und kriminelles Verhalten zu entschuldigen. Jetzt dehnt er das Recht sogar, um auf einen politischen Gegner abzuzielen“, schrieb der Gouverneur von Florida auf Twitter.

Sein Bundesstaat werde einem Auslieferungsgesuch angesichts „der fragwürdigen Umstände“ nicht entgegenkommen, fügte er hinzu. Allerdings scheint Trump ohnehin von sich aus in New York antreten zu wollen.

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Im Vorfeld hatten sich versierte Beobachter verwundert gezeigt, dass der Fall Stormy Daniels jetzt zum Showdown wird. Eine erste Untersuchung hatte zu keinem Ergebnis geführt, das eine Anklage mit sich gebracht hätte. Erst im zweiten Anlauf entschied eine Grand Jury, die der Staatsanwalt Alvin Bragg eingesetzt hatte, dass die Beweise ausreichten.

Dabei gibt es aktuell weitere Ermittlungen, die für Trump gefährlicher werden könnten. Die eine richtet sich auf den Vorwurf, dass der damalige Präsident nach der Wahl im November 2020 einen Wahlleiter in Georgia unter Druck gesetzt haben soll, zusätzliche Stimmen in dem entscheidenden Bundesstaat zu finden. Die Republikaner verloren Georgia knapp gegen die Demokraten. Erst in der vergangenen Woche machten Trumps Anwälte in Atlanta umfangreiche Eingaben, um dieses Verfahren formell zu blockieren.

Die zweite Ermittlung dreht sich um die umfangreichen Untersuchungen rund um den 6. Januar 2021, als Trumps Anhänger das Kapitol stürmten, um die formale Bestätigung von Joe Biden als US-Präsident zu verhindern. Das Justizministerium setzte dafür einen Sonderermittler ein. Der zuständige Ausschuss befand Trump krimineller Machenschaften für schuldig. Der Ex-Staatschef könnte sich gleich mehreren Anklagepunkten stellen müssen.

Drittens laufen Untersuchungen, weil Trump Geheimdokumente aus seiner Zeit im Weißen Haus illegal zu Hause in Mar-a-Lago aufbewahrt und nicht zurückgegeben hatte. Alle drei Fälle sind hochkomplex. Es ist unklar, ob und wie Anklage erhoben werden könnte. Selbst wenn dies geschieht, würden sich die Verfahren lange hinziehen. Und Trump mannigfaltig Gelegenheit bieten, sich als Opfer des Establishments und Märtyrer der vergessenen Bürger Amerikas zu inszenieren.

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