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Melnyks Bitte läuft ins Leere: "U-Boote sind zurzeit unrealistisch"

Die Ukraine gibt in ihrer Forderung nach mehr Waffen nicht auf. Nach Kampfpanzern und -flugzeugen wirbt Vize-Außenminister Melnyk vehement für deutsche U-Boote. Er hat recht: Sie hätten einen hohen militärischen Nutzen. Doch zu einer Lieferung wird es wohl nicht kommen.

Bundeskanzler Olaf Scholz ist genervt. Kaum stimmt er der Lieferung von Kampfpanzern in die Ukraine zu, fordert Kiew Kampfjets und U-Boote und die Waffendebatte geht von vorne los. Für U-Boote wirbt vor allem der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk. Am Wochenende schreibt er in einem Tweet: "Ich weiß, dass ich dafür einen neuen Shitstorm kassiere, aber ich habe eine weitere kreative Idee." Er meint das deutsche U-Boot HDW-Klasse 212A von ThyssenKrupp. "Warum nicht eines davon in die Ukraine schicken?", fragt Melnyk. "Dann kicken wir die russische Flotte aus dem Schwarzen Meer!"

Deutschland besitzt sechs U-Boote dieses Typs. Eins davon würde bereits reichen, um die russische Schwarzmeerflotte in Schach zu halten, behauptet Melnyk in einem weiteren Tweet. Tatsächlich beschreibt die deutsche Bundeswehr den 212A als das modernste konventionelle U-Boot der Welt - ein "leiser Jäger in der Tiefe", wie es auf der Website der Truppe heißt. Leise sind sie dank einer Kombination von Dieselgenerator, Brennstoffzelle, Akku-Anlage und Elektromotor.

Es stimmt, dass das U-Boot für die Ukraine einen hohen militärischen Nutzen hätte. Nicht zuletzt, weil U-Boote dieser Klasse verhältnismäßig klein sind und deswegen auch in geringer Wassertiefe manövriert werden können. Auch können sie sowohl Ziele über als auch unter Wasser bekämpfen, dienen aber auch zur Aufklärung. Zudem ist die russische Flotte seit dem Verlust des Flaggschiffs "Mokswa" im April vergangenen Jahres verunsichert. Ihr Untergang war ein empfindlicher Schlag für die russische Armee. Seitdem verhält sich die Marine eher defensiv und daher leichter angreifbar.

Doch so einfach wie Melnyk eine Lieferung von U-Booten darstellt, ist es laut dem Militärexperten Gustav Gressel von der Berliner Denkfabrik European Council on Foreign Relations nicht. Zum einen sei es logistisch nicht möglich, ein U-Boot vom Typ 212A zu liefern, da die Türkei keiner Kriegspartei erlaubt, neue Schiffe durch den Bosporus zu fahren. Der Bosporus ist die Meerenge zwischen Europa und Asien, die das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet. Die Türkei besitzt die volle Souveränität über die Durchfahrtsrechte für die internationale Schifffahrt. "Die Ukraine hat vor Kriegsausbruch zwei Minensucher aus Großbritannien bekommen, die können aber nicht geliefert werden", sagt Gressel.

Deutschland hat selbst kaum genug U-Boote

Dessen ist sich offenbar auch Melnyk bewusst. Auf die Frage eines Twitter-Nutzers, wie die U-Boote durch den Bosporus kommen sollen, antwortet dieser: "Auf dem Landweg. No problemo." Laut Militärexperte Gressel ist das Quatsch. Man könnte U-Boote dieser Größe auch trocken transportieren, also auf eigenen Dockschiffen. Aber auch die müssten durch den Bosporus. Den Landweg schließt Gressel dagegen aus: Ein 1800 Tonnen schweres U-Boot, so viel wie ein 212A etwa wiege, lasse sich nicht mal eben von Deutschland in die Ukraine fahren.

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schließt eine Lieferung von U-Booten an die Ukraine ebenfalls aus. "Wir haben U-Boote, die dringend an anderer Stelle gebraucht werden", sagte sie der "Welt". Tatsächlich habe Deutschland schon sehr wenig U-Boote für seinen Normalbetrieb, erklärt Gressel die Aussage von Strack-Zimmermann. Auch seien keine alten Gebrauchtboote mehr vorhanden.

Melnyk scheint sich trotz der Absagen nicht von seiner Forderung abbringen zu lassen. Der Ex-Botschafter ist bekannt für seine direkte Art, bei den westlichen Verbündeten um Unterstützung für die Ukraine zu werben. Auch in seiner neuen Position als Vize-Außenminister der Ukraine verfolgt und kommentiert Melnyk die Vorgänge in Deutschland sehr genau und stellt Forderungen an die deutsche Politik. Damit eckt er immer wieder an, weshalb er zuletzt nochmal klarstellte, dass er Deutschland nie um deutsche Truppen gebeten habe und die Ukraine dies trotz Waffen-Forderungen auch in Zukunft nie tun werde.

Trotzdem könnte Melnyk dieses Mal mit seiner Bitte nach U-Booten ins Leere laufen. Denn zu den logistischen Problemen komme dazu, dass U-Boote sehr viel Geld kosten, sagt Gressel. Der Experte hält es für sinnvoller, das Geld in mehr Leopard-Kampfpanzer und Munition zu stecken. Das mache für die Ukraine einen größeren Unterschied. Allerdings könnten kleine Minenräumboote auch über Land geliefert werden. Auch Drohnen und Seeaufklärungsmittel seien sinnvoll. Diese hätten einen großen Nutzen für die Ukraine und bräuchten keinen so großen logistischen und preisintensiven Aufwand. "U-Boote sind zurzeit unrealistisch", so Gressel und das müsse selbst Melnyk wissen.