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Mit nur 30 Stundenkilometern: „Zwei Verrückte fahren ans Nordkap“

Von: Jörg von Rohland

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Josef Gretschmann (l.) und Leonhard Schmid vor dem Hanomag des Schönbergers.
Ein eingespieltes Team: Josef Gretschmann (l.) und Leonhard Schmid vor dem Hanomag des Schönbergers. © Jörg von Rohland

Der Schönberger Josef Gretschmann ist ab dem kommenden Wochenende wieder auf Achse. Seinen nächsten persönlichen Rekord hat er dabei fest im Blick: Mit dem Oldtimer-Hanomag will der 75-Jährige zum Nordkap und zurück fahren. Wer den Rentner kennt, der weiß, dass er es durchzieht.

Schönberg – „Es geht immer wieder weiter“, sagt Josef Gretschmann, der trefflich über sich selbst lachen kann. Reportern, die über sein bevorstehendes Abenteuer berichten wollen, sagt er freimütig: „Schreiben Sie einfach, zwei Verrückte fahren ans Nordkap.“

Der zweite „Verrückte“ ist Leonhard Schmid. Den 69-Jährigen aus Anthofen bei Günzburg hatte Josef Gretschmann 2015 bei einem Oldtimer-Treffen in Maxlrain kennengelernt. Als der Oberbayer dem Schwaben von seinen Fernreisen mit dem Bulldog erzählte, war auch Schmid schnell Feuer und Flamme. Seitdem fahren die beiden gemeinsam mit ihren Oldtimer-Gespannen quer durch Europa.

Egal ob auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela oder bei der Fahrt ins tiefste Rumänien: Die beiden sind längst ein eingespieltes Team, wenn sie mit ihren Oldtimern gemächlich durch die Landschaft tuckern. Regel Nummer eins lautet: „Getankt wird jeden Tag“, betont Gretschmann, der nichts mehr fürchtet, als dass ihm der Diesel ausgeht. 2016 wäre ihm das auf dem Weg nach Spanien beinahe passiert. In Frankreich streikten die Raffinerien, viele Tankstellen hatten gar keinen Diesel mehr. Und die, in denen es noch etwas gab, hatten den Treibstoff rationiert. „Wir haben trotzdem vollgetankt“, sagt Leonhard Schmid und grinst.

Der Diesel ist auch der größte Kostenfaktor, der die beiden auf ihrer rund 8000 Kilometer langen Reise begleiten wird. Gretschmanns Hanomag Robust (Baujahr 1966) und Schmids Brillant 600 (Baujahr 1965) haben mächtig Durst. In einer Stunde brauche sein Hanomag sechs Liter, rechnet Gretschmann vor. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometer kommen so auf 100 Kilometern schnell 20 Liter zusammen. Zumal die Bulldogs mit den Camping-Anhängern einiges zu ziehen haben.

Josef Gretschmann und Leonhard Schmid (l.) vor dem Start der Reise ans Nordkap.
Da wollen sie hin: Josef Gretschmann und Leonhard Schmid (l.) vor dem Start der Reise ans Nordkap. © Jörg von Rohland

Gretschmann hat noch ein älteres Camping-Modell. Immerhin ist neben Küche und Gasheizung auch eine Toilette an Bord. „Und vier Kisten alkoholfreies Bier“, verrät der Schönberger. Schmids Wohnwagen hat dagegen einiges mehr an Luxus: Dusche, WC und Satelliten-TV, sind nur ein paar Ausstattungsmerkmale.

Zwei verschiedene Routen haben sich der Oberbayer und der Schwabe für Hin- und Rückreise zurechtgelegt. Gretschmann wird am Freitag zunächst nach Günzburg fahren. Tags darauf machen sich die zwei dann gemeinsam noch zu einem Oldtimer-Treffen nach Donauthalheim bei Dillingen auf, bevor es auf die große Fahrt Richtung Norden geht.

Durch Leipzig und Rostock werden die Bulldogs rollen, mit der Fähre geht es über die Ostsee ins schwedische Trellenborg. Die beiden Bulldogs werden die gesamte schwedische Ostküste entlang fahren, bevor es über Nord-Finnland nach Norwegen und schließlich zum nördlichsten Punkt des europäischen Festlands geht.

Was sie am Nordkap machen werden, wissen Gretschmann und Schmid auch schon ganz genau. Im Licht der Mitternachtssonne wollen sie um 1.30 Uhr morgens mit ihren Gespannen in den sonst für Kfz gesperrten Bereich zu der bekannten stählernen Weltkugel hineinfahren. „Um die Uhrzeit passt da niemand mehr so genau auf“, schmunzelt Schmid. Und dort haben die Weltenbummler dann freie Sicht auf das Polarmeer und wollen das Ankunftsfoto schießen.

Heimwärts geht es danach die norwegische Westküste entlang über Dänemark zurück nach Deutschland. Rund acht Wochen soll der Spaß dauern. „Am 8. August habe ich einen Termin beim Augenarzt“, so Schmid.

Die größten Überraschungen dürften die Rentner wie immer unterwegs erwarten. Fast überall, wo sie mit ihren Oldtimern Halt machen, kommt es zu kleinen Menschenaufläufen, berichten sie. In Frankreich wurden sie sogar schon von einer Reporterin angesprochen, die ein Foto schoss und einen Zeitungsbericht über die ungewöhnlichen Reisenden aus Deutschland schrieb.

Die sind derweil froh, wenn sie mit ihren Bulldogs die deutsche Grenze hinter sich gelassen haben. Denn dann wird es ruhiger. Nur in Deutschland würden sie von wütenden Autofahrern angehupt, wenn diese hinter den Gespannen herfahren müssten. Und wenn sie dann überholt werden, bekämen sie manchmal auch noch den Vogel gezeit. In Frankreich, Spanien und Holland sei das ganz anders. „Da winkt man uns freundlich zu.“

Für den Notfall setzen die zwei aber doch auf Hilfe aus Deutschland. Beide seien sie ADAC-Plus-Mitglieder, sagen sie. Sollten die Bulldogs ihren Geist aufgeben, „dann muss der ADAC uns nach Hause bringen“.

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