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Modernes Fracking laut Karlsruher Institut für Technologie „absolut vertretbar“

Fracking zur Förderung von heimischem Gas in tiefen Gesteinsschichten ist aus Sicht eines Experten beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zu Unrecht ein Tabu. „Modernes Fracking ist in der aktuellen Situation absolut vertretbar und sollte in einer rationalen Energiepolitik eine Rolle spielen“, meint Frank Schilling, Professor für Technische Petrophysik am KIT-Institut für Angewandte Geowissenschaften und Leiter des Landesforschungszentrums Geothermie. Risiken für die Umwelt könnten bei sorgfältiger Planung, Überwachung und Einhaltung technischer Standards gering gehalten werden.

Für das grün-geführte baden-württembergische Umweltministerium ist Fracking nach wie vor „kein Thema“. Es verweist auch darauf, dass es in der aktuellen Energiekrise nicht weiterhelfen würde, weil Fracking-Gas nicht schnell realisiert werden könnte.

Dem widerspricht der Geowissenschaftler: Fracking-Gas könnte ihm zufolge bei ausreichender Vorerkundung technisch innerhalb von sechs bis neun Monaten gefördert werden. Beim Fracking wird Gas mithilfe von Druck und Flüssigkeiten aus tiefen Gesteinsschichten herausgeholt. Das kann nach Ansicht der Kritiker Gefahren für die Umwelt bergen.

Die FDP in Land und Bund plädiert seit Längerem vehement für Fracking. Sie hat einige Forscher auf ihrer Seite. Tiefe Gaslagerstätten werden auch in Baden-Württemberg vermutet. Noch ist Fracking für die grün-schwarze Landesregierung dort aber ein Tabu.

Fracking – Worum geht es?

Erdgas wird nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums in den nächsten Jahrzehnten noch einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung leisten. Es wird zwar auch in Deutschland Gas gefördert. Bislang wird der Bedarf aber überwiegend über Importe gedeckt.

Weil Import-Gas teuer ist und konventionelle Lagerstätten zunehmend erschöpft sind, wird vermehrt über unkonventionelle Technologien wie Fracking nachgedacht, bei dem Gas oder Öl aus tiefen Gesteinsschichten gefördert wird. Durch Einpressen einer Flüssigkeit werden dabei kontrolliert kleine Risse erzeugt, um Gas im Gestein freizusetzen.

Umweltschützer lehnen Fracking ab, weil sie befürchten, dass Wasser verschmutzt wird, es zu Erdbeben kommt oder das Treibhausgas Methan unkontrolliert austritt. Wegen der möglichen Auswirkungen auf Umwelt und Untergrund sind in Deutschland kommerzielle unkonventionelle Fracking-Vorhaben in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein verboten.

Was spricht für eine heimische Förderung?

Statt teuer auf dem Weltmarkt einzukaufen, könnte man sich unabhängiger machen und eigenes Gas aus dem Boden schöpfen. Hinzu kommt für KIT-Forscher Schilling: „Von den Kohlenstoff-basierten Brennstoffen ist in Deutschland produziertes Erdgas die klimafreundlichste Alternative.“

Verschiedene Fracking-Verfahren sind auch heute schon zugelassen, etwa beim Bohrlochbergbau, bei der Geothermie und bei der Förderung von Erdgas aus konventionellen Feldern. Die wirtschaftliche Förderung aus unkonventionellen Gaslagerstätten ist aber bundesweit verboten.

Außerhalb umweltsensibler Gebiete könnten vier wissenschaftlich begleitete Bohrungen im Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein zugelassen werden, um Erfahrungen zu den Auswirkungen auf Umwelt und Untergrund zu sammeln.

Warum könnte das Fracking-Tabu bröckeln?

Einen Großteil des russischen Gases durch LNG-Gas aus den USA zu ersetzen, ist nach Meinung von Geowissenschaftler Schilling eine schlechte Alternative. Durch die dort niedrigeren Umwelt-Standards und die notwendige Verflüssigung zum Transport sei LNG-Gas umwelt- und klimaschädlicher als in Deutschland produziertes Gas.

Die FDP im Land und im Bund plädiert schon länger für eine Schiefergas-Förderung durch Fracking. Auch der frühere EU-Energiekommissar und Ex-Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) ist dafür. Bei der innenpolitischen Ablehnung von Fracking sei Deutschland „nicht glaubwürdig, sondern scheinheilig“.

Nach Einschätzung von KIT-Professor Schilling könnte Schiefergas hingegen bei ausreichender Vorerkundung technisch innerhalb von sechs bis neun Monaten gefördert werden. „Die Genehmigung würde deutlich länger dauern, außer es wird ein Weg gewählt, der sich an den Genehmigungen der LNG-Terminals anlehnt.“

Fracking sei aus geotechnischer Sicht zu Unrecht ein Tabu: „Modernes Fracking ist in der aktuellen Situation absolut vertretbar und sollte in einer rationalen Energiepolitik eine Rolle spielen.“ Risiken für die Umwelt könnten bei sorgfältiger Planung, Überwachung und Einhaltung technischer Standards gering gehalten werden.

Die Befürworter von Fracking-Gas bekommen auch Zuspruch von der Expertenkommission der Bundesregierung. Die Vorsitzende, Geophysikerin Charlotte Krawczyk, hält das Verfahren inzwischen für sicherer; sie spricht von großen Fortschritten in den vergangenen Jahren. Der Vize-Vorsitzende Holger Weiß stellte im Sommer in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ das Verbot in Frage: „Man kann das eigentlich nur mit ideologischen Vorbehalten erklären.“

Auch die Geologiegesellschaft DGGV hält Mindesttiefen von mehr als 1000 Metern für Fracking für unbedenklich. Nach dem russischen Angriffskrieg sei es wichtig, Gas-Bezugsquellen zu diversifizieren.

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