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Münchens Airport-Chef Jost Lammers - „Drei Viertel unserer Fluggäste sind wieder da“

München – BILD-Interview mit Flughafen-Chef Jost Lammers (55).

BILD: Flugausfälle im Sommer, zu wenig Personal, nicht zugestellte Koffer, verärgerte Passagiere – ist das Tief am Münchner Airport jetzt vorbei?

Lammers: Es gab im Sommer europaweit Probleme im Luftverkehr, aber in München lief es vergleichsweise stabil. Dem Gesamtsystem haben auch die frühzeitigen Flugstreichungen der Airlines geholfen.

BILD: Wo wurde am meisten gestrichen?

Lammers: Am stärksten ausgedünnt wurde im innerdeutschen Verkehr. Vergleicht man die aktuelle Anzahl der innerdeutschen Starts und Landungen mit 2019, wurde das Angebot nahezu halbiert.

BILD: Gibt es noch nicht ausgelieferte Koffer am Münchner Airport?

Lammers: Ja, weil eben auch immer wieder neue Gepäckstücke hinzukommen. Das abzuarbeiten ist originäre Aufgabe der Airlines, die aktuell noch rund 5000 Gepäckstücke zuordnen und nachliefern müssen. Wir haben für die Gepäckermittlung Flächen am Flughafen zur Verfügung gestellt. Natürlich drängen wir als Flughafenbetreiber auf zügige Bearbeitung.

Jost Lammers ist Chef des Münchner Flughafens und seit Mai Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL)

Foto: Theo Klein

BILD: Es gab ja wohl auch zu wenig Personal...?

Lammers: Es gab schlechte Leistungen eines Bodendienstleisters (Swissportlosch, d.Red.), das nehmen wir auf Dauer aber nicht mehr hin. Das Unternehmen haben wir abgemahnt.

BILD: Es gab aber auch Personalknappheit beim Bodendienstleister Aeroground, ihrer Tochtergesellschaft.

Lammers: Ja, das lag an einer hohen Krankheits-Quote, die nun deutlich runtergegangen ist. Bei FMG und AeroGround zusammen sind wir inzwischen auf 9%. Wir haben Personal rekrutiert, 40 neue Kräfte aus der Türkei, und seit März zusätzlich 60 Neueinstellungen. Dazu Tarifsteigerungen und Sonderzulagen. Der Einstiegslohn wurde von 12,80 Euro auf 14,30 Euro erhöht. Seitdem gelingt es auch wieder besser, neue Leute zu finden.

Mit 2900 Angestellten im Bereich Abfertigung, Sicherheit und Terminaldienste sind wir jetzt sehr gut aufgestellt. Im Mai 2023, zur nächsten Verkehrsspitze, sollen es insgesamt 3200 sein.

BILD: Frische Zahlen bitte zum Flugverkehr!

Lammers: Wir sind in einem ganz starken Aufwärtstrend. Noch im Januar 2022 waren es 37% Passagieraufkommen gegenüber dem Vorkrisenniveau von 2019. Jetzt im August lagen wir mit 3,5 Millionen Fluggästen bei 76%. Drei Viertel unserer Fluggäste sind wieder da!

2022 haben wir bisher 22 Millionen Passagiere, über 200 000 Flüge und 185 000 Tonnen Luftfracht. Am ersten Wiesn-Wochenende gab es allein 360 000 Passagiere. Boom-Märkte sind gerade Nordamerika, Europa, Singapur und Nordkorea. Nur China und Hongkong fehlen im Asienverkehr noch.

BILD: Die Maskenpflicht in Flugzeugen entfällt ab 1. Oktober – richtig?

Lammers: Ja. Die klare Empfehlung der europäischen Gesundheitsbehörden lautet: Maske im Flugzeug ist nicht mehr nötig.

BILD: Viele Geschäfte im Flughafen waren dicht, einige machten ganz zu. Wie geht es da weiter?

Lammers: Das Satelliten-Terminal öffnete Anfang des Jahres wieder. Wir haben leider viele Shop-Betreiber verloren. Die Zuwächse der letzten Monate waren wichtig. 80% der Läden und der Gastronomie sind wieder geöffnet. Neue Mieter sind u.a. Hirmer, Dean & David und das Café Vergnano. Es fehlen aber beispielsweise noch die ausgabefreudigen Chinesen.

BILD: Hat die Partnerschaft zwischen Münchner Airport und Lufthansa in der Krise gelitten?

Airport-Chef Jost Lammers im Interview mit BILD-Lokalchef Georg Gomolka

Foto: Theo Klein

Lammers: Sie wurde eher noch gestärkt. Im Zuge des Wiederaufbaus des Drehkreuzverkehrs wurden Lufthansa-Flüge nach München verlegt, z. B. nach Rio de Janeiro und San Diego. Alle 17 Airbus A 350 sind wieder hier und vier zusätzliche hinzugekommen. Ganz aktuell: Der Airbus A 380 geht wieder in die Luft – und zwar am Standort München.

BILD: Ihre Prognose für die Zukunft?

Lammers: Die Auslastung der Flugzeuge liegt derzeit bei 89%. 2024 werden wir bei den Passagier-Zahlen wieder auf Vorkrisenniveau sein.

BILD: Wie sehr trifft die Strom- und Gaskrise den Flughafen? Was sagen sie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei ihrem nächsten Treffen?

Lammers: Wir gelten als kritische Infrastruktur und müssen bei der Versorgung weit oben stehen. Das werde ich im nächsten Gespräch mit Minister Habeck deutlich machen.

BILD: Wo spart der Flughafen Energie?

Lammers: Wir schalten nachts teilweise die Beleuchtung in Parkhäusern, an beleuchteten Werbetafeln, in den Terminals aus, sparen an Warmwasser, reduzieren die Temperatur.