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Murot-"Tatort" aus Wiesbaden: Adieu, Experiment!

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Kann der neue Murot (Ulrich Tukur) Kritiker und Zuschauer miteinander versöhnen?

(Foto: HR/Bettina Müller)

Ein gestohlener Laptop anstelle von Zombie-Western-Action, geradlinige Krimi-Spannung statt philosophischer Ansätze: Der Hessische Rundfunk will Kritiker und Zuschauer miteinander versöhnen. Ob dem Sender die Gratwanderung gelingt?

Hand aufs Herz: Durch die "Tatort"-Welt geht ein tiefer Spalt. Er trägt den Namen Murot und trennt jedes Jahr aufs Neue das zugegebenermaßen eher kleine Lager der Kritiker und Film-Aficionados von der Mehrheit der Krimi-Fans. Während sich Erstere über abgedrehte Meta-Stories, Filmzitate am laufenden Band und philosophische Ansätze freuen, stöhnen viele Zuschauer genau darüber - und möchten am Ende einer anstrengenden Woche vielleicht einfach mal 90 Minuten vor ihrem Lieblingskrimi entspannen.

Mit dem von Ulrich Tukur gespielten LKA-Ermittler war das in der Vergangenheit eher selten möglich: Der Wiesbadener Kommissar ermittelte schon in einem tarantinoesken Splatterstreifen, verteidigte in einer Hommage an B-Movies aus den 70ern eine Polizeiwache gegen zombiehafte Verbrecher oder beschäftigte sich in seinem letzten Fall mit den Thesen der Frankfurter Schule. Von "Das Prinzip Hoffnung" waren beide ntv.de-Kritiker begeistert, der Kollege Ingo Scheel schrieb damals: "(...) konstruieren um diese Fragen herum einen doppelbödigen Kriminalfall, in dem universelle Gefühlszustände überaus reizvoll miteinander verschmelzen: Tragik und Optimismus, Zerstörung und Hoffnung, die Sinnlosigkeit unseres Seins - und das erhebende Gefühl, wenn Sonnenlicht für einen Moment das Gesicht wärmt." Eine Twitter-Nutzerin fasste ihren Eindruck dagegen so zusammen: "Den 'Tatort' kannste dir nicht mal schönsaufen."

Ein gelungener Spagat?

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Verwandlungskünstlerin Eva (Anna Unterberger) und Investment-Hai Schöller (Philipp Hochmair) sind nur zwei Beispiele für das erstklassig besetzte Ensemble.

(Foto: HR)

Viel weiter können Empfindungswelten nun wirklich nicht voneinander entfernt sein. Sie zusammenführen zu wollen, hat schon etwas von der Quadratur des Kreises - und der neue Fall versucht genau das: "Murot und das Gesetz des Karma" ist trotz des bedeutungsschwangeren Titels ein erstaunlich geradliniger und im klassischen Sinne spannender Krimi. Zumindest, was die Handlung rund um einen gestohlenen Laptop voller sensibler Dokumente und die dahintersteckende Schmuddel-Investment-Firma betrifft. Zwar spielt auch das titelgebende Karma eine Rolle, aber längst nicht in dem abgedrehten Ausmaß, wie man das von früheren Konzept-Episoden gewohnt ist: Adieu, Experiment.

Abseits der Handlung behält sich der Film seine Besonderheit dagegen bei: Kameramann und Emmy-Preisträger Max Preiss sorgt mit seinem Hell-Dunkel-Lichtkonzept für eine sehr stimmungsvolle Atmosphäre. Und Drehbuchautor Lars Hubrich erschafft eine Reihe außergewöhnlicher Figuren, die Regisseur Matthias X. Oberg erstklassig besetzt zum Leben erweckt: Anna Unterberger spielt eine enorm wandlungsfähige und sehr sympathische Femme fatale, Sascha Nathan mimt den Bauchredner Bernd, der sich gelegentlich als Waffenhändler etwas dazuverdient.

Mit Murots neuestem Fall könnte dem Hessischen Rundfunk der Spagat gelingen, den Spalt zwischen Kritikern und Zuschauern ein wenig zu schließen: "Murot und das Gesetz des Karma" ist ein sehr unterhaltsamer und astrein erzählter Sonntagabendkrimi. Am Ende des Tages bleibt ein Kompromiss aber immer ein Kompromiss. Ins Gedächtnis einbrennen - im guten wie im schlechten Sinne - wird sich der Film deswegen wohl bei beiden Seiten nicht.