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Nach Wutanruf im Doppelpass: Alter Intimfeind springt Katar-Verteidiger Hoeneß bei

Nach Wutanruf im Doppelpass Alter Intimfeind springt Katar-Verteidiger Hoeneß bei

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Willi Lemke und Uli Hoeneß waren lange Zeit Intimfeinde. Doch ihr Verhältnis hat sich längst verbessert.

(Foto: picture alliance / dpa)

In der TV-Sendung Doppelpass klingelt am Sonntag das Telefon. Uli Hoeneß will was loswerden. Der ehemalige Bayern-Funktionär hält eine Verteidigungsrede auf den WM-Gastgeber Katar und verhöhnt die Kritiker. Nach reichlich Wirbel um den Auftritt springt ihm jetzt ein alter Intimfeind zur Seite.

Der frühere Bremer Manager und Aufsichtsratschef Willi Lemke hat sich nach der Lobrede von Uli Hoeneß auf den umstrittenen WM-Gastgeber Katar "zumindest zum Teil" auf die Seite seines ehemaligen Fußballkollegen gestellt. "Er hat in vielen Punkten recht. Durch die WM öffnet sich Katar für die Welt, es hat schon positive Veränderungen in der Gesellschaft gegeben, und es wird weitere geben", sagte Lemke im Interview der "Sport Bild". Auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen würde die Situation der 1,8 Millionen Arbeitsmigranten nicht so negativ sehen wie viele Kritiker in Deutschland, die einen WM-Boykott fordern.

Lemke war als Sport-Sonderbotschafter der Vereinten Nationen oft in der Golf-Region. Natürlich müssten die Migranten "für relativ wenig Geld sehr hart arbeiten in sehr schwierigem Klima" und die Unterkünfte böten von "sehr vernünftig" bis "sehr unzumutbar" alles, so Lemke. "Aber wir dürfen unsere Standards nicht auf die ganze Welt übertragen", sagte der 76-Jährige, der an Saisonarbeiter in Deutschland aus Bulgarien und Rumänien erinnerte, "die in den Schlachthöfen von Subunternehmen ausgebeutet werden und im Sommer zum Teil in den angrenzenden Wäldern übernachtet haben, um mehr Geld für die Familien zu Hause überweisen zu können".

Lemke: Gastarbeiter stehen Schlange

Der frühere Bayern-Boss Hoeneß hatte am Sonntag während einer Diskussion um die umstrittene Menschenrechtslage in dem Emirat beim "Doppelpass" von Sport1 in der Sendung angerufen und den ehemaligen DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig als "König der Scheinheiligen" bezeichnet.

"Die WM und das Engagement des FC Bayern und andere Sportaktivitäten in der Golf-Region werden dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort besser werden und nicht schlechter werden. Das sollte man endlich mal akzeptieren und nicht ständig auf die Leute draufhauen", polterte Hoeneß.

Ausbeuten würden die 200.000 Katarer ihre gut 1,8 Millionen Gastarbeiter nicht, sondern ihnen Arbeit geben. Die Migranten würden aufgrund der schlechten Wirtschaftslage in ihren Heimatländern "Schlange stehen" für einen Job in Katar. Lemke ergänzte: "Die angeblichen 15.000 Toten auf den WM-Baustellen, die weltweit kolportiert werden, sind eine nicht belegte Zahl - auch wenn es natürlich zu viele Todesfälle gab." Auch er hätte in seiner Zeit bei Werder Bremen nichts dagegen gehabt, "wenn wir uns Richtung Golf-Region orientiert hätten".

Die Verhältnisse in Katar

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Anfang Juli erklärt, dass sich die katarische Regierung in der Vergangenheit zwar zu weitreichenden Reformen im Bereich der Arbeitsgesetzgebung durchgerungen habe, es aber 2021 zu einem "Nachlassen des Reformfortschrittes" gekommen sei.

Teilweise seien "durch Untätigkeit der katarischen Regierung sogar bereits erreichte Fortschritte rückgängig gemacht" worden, heißt es in einer Stellungnahme von Amnesty International vor einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses des Bundestages zur Fußball-WM. "Innerhalb der katarischen Wirtschaft formiert sich zunehmend Widerstand gegen die Reformen, aus Sorge, Einfluss und Profitmöglichkeiten zu verlieren", heißt es weiter.

Zuletzt sagte Abdulla Mohammed al Thani, Botschafter Katars in Deutschland, bei einem Kongress des Deutschen Fußball-Bundes zur Menschenrechtslage in seiner Heimat: Die Situation sei "noch nicht perfekt", der Wandel brauche Zeit. "Es ist nicht bei 100 Prozent, es ist eine Reise."