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Neue Details zu Tod vor 34 Jahren - Die letzten Stunden von Franz Josef Strauß (†73)

München – Die letzten Stunden kurz vor dem Tod von Franz Josef Strauß (†73): Ex-Polizist Siegbert Heuser (73) hat sie in seinem Flugbuch protokolliert.

Am 3. Oktober 1988 starb Strauß nach einem Kollaps zwei Tage zuvor. „Dass er direkt von der Wiesn kam, so wie es zu den Umständen rund um seinen Tod heißt, stimmt nicht ganz“, so Heuser. Der Taufkirchner war von 1975 bis 1996 Co-Pilot der Polizei Hubschrauber-Staffel Bayern. Und flog mit dem sterbenden MP in die Klinik.

Franz Josef Strauß (†73) war von 1978 bis zu seinem Tod am 3. Oktober 1988 Bayerns Ministerpräsident. Die Aufnahme zeigt ihn im Jahr 1987 bei einer Rede

Foto: picture alliance / Ulrich Baumgarten

Erstmals erzählt er bisher unbekannte Details zum Tod des früheren Ministerpräsidenten Bayerns vor genau 34 Jahren. Der Einsatz vom 1. Oktober 1988, als Strauß bei der Jagd zusammenbrach, sind in seinem amtlichen Flugbuch minutiös aufgelistet. Heuser hat das Dokument bis heute archiviert und zeigt es erstmals der Öffentlichkeit.

Siegbert Häuser war von 1975 bis 1996 Co-Pilot bei der Polizei Hubschrauber-Staffel Bayern

Foto: privat

12.25 Uhr: Der Polizei-Helikopter „D-H MUZ" hebt in Neubiberg ab.

Heuser ist zusammen mit seinem Piloten-Kollegen Theodor Mayerhöfer auf „Bedarfsstreife Schwaben“. Ein Routine-Einsatz. Doch dabei bleibt es nicht.

Das Minutenprotokoll aus dem Piloten-Flugbuch von Heuser. Unter „Flugauftrag" hatte er vermerkt: „MP Strauß + Transport"

Foto: Hans-Rudolf Schulz

14.55 Uhr: Ein Funkspruch aus der Einsatzzentrale Oberbayern geht ein.

„Schutzperson in Oberdill aufnehmen.“ Bei der Autobahnpolizei an der A95 bei Starnberg. „Dass es Strauß ist, wussten wir gar nicht.“ Der Ministerpräsident war zuvor auf der Wiesn im Käfer-Zelt, wollte zur Hirschjagd, auf Einladung des Fürsten Johannes von Thurn und Taxis (†64). Heuser: „Strauß saß allein in seinem VW Golf, hatte sich zu Hause noch umgezogen." Im Gepäck hatte er sein Gewehr. „Waidmannsdank. Es geht zur Jagd“, sagt der MP zur Besatzung des Heli-Taxis. Heuser nimmt ihm seine Waffe und seine Tasche ab, trägt sie zum Hubschrauber.

Ex-Polizist Siegbert Heuser in den 80er Jahren bei einem Einsatz bei der Polizei-Hubschrauberstaffel Bayern

Foto: privat / Repro: Hans-Rudolf Schulz

15.25 Uhr: Start zum Jagdschloss Aschenbrennermarter bei Regensburg.

Ankunft um 16.05 Uhr. „Auf den MP warteten Fürstin Gloria und der Fürst sowie zwei weitere Begleiter.“ Mit einem VW Käfer, bei dem der Beifahrersitz ausgebaut war. Damit Strauß im Fond Platz hatte. Kaum sind Heuser und sein Kollege wieder in der Luft, geht bei der Einsatzzentrale Regensburg der Notruf ein: MP am Aschenbrennermarter kollabiert! „Wir kehrten sofort um, nahmen in Regensburg bei der Feuerwehr noch den Notarzt Rainer Tichy auf.“ Da ist es 16.18 Uhr.

Um 16.23 Uhr erneute Landung beim Schloss.

„Strauß lag im Gras auf dem Rücken, es war schon aus der Luft zu sehen, dass er bereits blau im Gesicht war.“ Zusammen mit dem Notarzt reanimiert Heuser den sterbenden Ministerpräsidenten, pumpt mit dem Beatmungsbeutel Luft in seine Lungen. „Der Arzt setzte noch vor Ort einen Herzkatheter und entschied, dass wir ihn in die Klinik fliegen müssen.“ Denn der Rettungswagen war durch das unwegsame Gelände zum Schloss nicht durchgekommen. Beim Transport zum Hubschrauber hilft Fürstin Gloria. Heuser erinnert sich: „Sie hatte sich am schnellsten von der schockierten Jagdgesellschaft erholt.“ Es ist 17.05 Uhr.

Mit diesem Polizei-Heliktopter wurde Strauß nach seinem Kollaps bei der Jagd in die Klinik nach Regensburg geflogen. Eine Verlegung nach München scheiterte am schlechten Wetter

Foto: privat / Repro: Hans-Rudolf Schulz

Um 17.15 Uhr Ankunft am Klinikum Barmherzige Brüder in Regensburg.

Der Befehl an Heuser aus der Einsatzzentrale: absolute Verschwiegenheit! „Niemand außer dem behandelnden Personal durfte erfahren, dass Strauß der Patient ist!“ Als der MP  hereingebracht wird, legt Heuser ihm seine Fliegerjacke über den Kopf. „Ich war zu dem Zeitpunkt die Schutzperson von Strauß. Nichts sollte nach außen dringen. In der einen Hand hatte ich den Beatmungsbeutel, mit der anderen hielt ich die Jacke. Die Schwestern waren außer sich.“ Heuser lässt im Auftrag der Staatskanzlei den 2. Stock der Klinik räumen, besorgt Funktelefrone. „Ich sollte für Sicherheit und Verschwiegenheit sorgen.“

Trauerzug am 7. Oktober 1988: Zehntausende säumten die Ludwigstraße, als Strauß' Sarg auf einer Lafette vom Odeonsplatz zum Siegestor gefahren wurde. Am 8. Oktober wurde er in Rott am Inn beerdigt

Foto: picture-alliance/ dpa

Heuser weicht Strauß stundenlang nicht von der Seite. „Nur in den OP-Saal durfte ich nicht rein.“ Strauß sollte zunächst noch nach München verlegt werden. „Doch das Wetter war zu schlecht, wir konnten nicht fliegen. Niemand konnte den Transport durchführen. Das Risiko, mit dem sterbenden MP notlanden zu müssen, war zu hoch", blickt Heuser auf die hektischen Stunden zurück.

Um 18.15 Uhr enden die Aufzeichnungen.

Bis zum nächsten Morgen bleibt der Co-Pilot im Klinikum. Einen Tag später wird Strauß für tot erklärt. Auch eine Not-OP kann ihn nicht retten.

Später stellt sich heraus: Seine Jagdbegleiter hatten ihn nach seinem Kollaps reanimiert, ihm dabei mehrere Rippen gebrochen und seine Lunge perforiert. Strauß hatte auch Erbrochenes eingeatmet. Die Todesursache letztendlich: Multi-Organversagen.