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Neue Kolumnen-Kollektion: Mariana Leky bezaubert mit "Kummer aller Art"

Liebeskummer, Schlaflosigkeit, Abschiede: Es mögen banale Alltagsbeschwerden sein, die jeder kennt, doch Mariana Leky macht aus Kummer aller Art etwas Besonderes. In ihrem neuen Buch werden die unschönen Seiten des Lebens mit Humor und beeindruckendem Fingerspitzengefühl beobachtet - und in etwas unglaublich Schönes verwandelt.

Es gibt Autoren und Autorinnen, die man blind weiterempfehlen kann. Man denkt sofort an die Bücher dieser Schriftstellerinnen und Schriftsteller, wenn man nach seinem Lieblingsbuch gefragt wird. Man ist neidisch auf diejenigen, die die Werke zum ersten Mal lesen dürfen. Wenn jemand nach einer Geschenkidee fragt, schlägt man immer die Bücher dieser Person vor. Mariana Leky ist eine dieser Autorinnen - und ihr neues Buch, "Kummer aller Art", ist da keine Ausnahme.

In den 40 kleinen Geschichten, die ursprünglich als Kolumnen in Psychologie Heute erschienen sind, beschreibt Leky klug, einfühlsam und mit Humor die Leiden des Alltags. Wer noch nie seine psychologische Praxis am Ende seiner Karriere aufräumen musste, wird trotzdem nostalgisch auf diesen Lebensabschnitt mit Onkel Ulrich zurückblicken. Wer noch nie an einer Schlafstörung gelitten hat, wird Mitleid mit Frau Wiese haben. Und wer noch nie per SMS verlassen wurde, wird Lisas Herzschmerz selbst spüren.

"Das war richtig schrecklich"

Auch Leky hat all das nie erlebt - selbst den naiven Liebeskummer der kleinen Lisa hat sie nicht aus eigener Erfahrung abgeleitet. Und das, obwohl Leky sich noch gut an ihren ersten Liebeskummer erinnern kann. Sie war zwölf Jahre alt, glücklich verliebt in einen 15-jährigen Freund. "Das war eine vollkommen unschuldige Geschichte", erzählt sie im Interview mit ntv.de. Ihre Liebe zeigte sich darin, dass sie sich bei "Mensch ärgere dich" nicht rausgeschmissen haben oder sich bei "Stadt, Land, Fluss" immer die Flüsse zuflüsterten. Das war der Beweis für ihre Liebe. Aber dann hat er sie für eine Ältere verlassen. "Und das war wirklich schrecklich", kann sich Leky noch heute daran erinnern.

Diese Geschichten sind so wahr und greifbar. Und das, obwohl Leky sie alle frei erfindet. In Wahrheit geht Leky meist mit ihrem Hund spazieren und denkt über ein Thema nach. Zum Beispiel: Beruf. Dann denkt sie sich eine passende Figur aus, um die Geschichte zu erzählen. Onkel Ulrich, zum Beispiel. "Ich denke mir: 'Gut, das setze ich ihm mal auf den Kopf'", sagt Leky. Und so entstehen die kleinen Geschichten, aus denen sich "Kummer aller Art" zusammensetzt.

Liebe und Verlust gehören zusammen

Nicht zum ersten Mal beschäftigt sich die 49-jährige Autorin mit Leid, Schmerz und Kummer. In ihrem Bestseller "Was man von hier aus sehen kann" geht es um ein kleines Dorf, das einige Schicksalsschläge erlebt. Die Geschichte, die inzwischen verfilmt wurde und Ende 2022 in die deutschen Kinos kam, ist eine packende Liebesgeschichte, obwohl die Charaktere aus dem Westerwald so viel Schmerz und Leid erfahren. Aber genau das macht die Liebe in der Geschichte so lebensnah, so greifbar, so berührend: "Liebe und Verlust kommen immer im Doppelpack. Umso größer die Liebe, umso größer der Verlust", sagt Leky im Interview mit ntv.de.

Genau deshalb ist auch das neue Buch von Leky ein Meisterwerk. Denn die kleinen Geschichten schauen nicht weg von den Schattenseiten des Lebens. Sie beschreiben mit wenigen Worten psychologische Phänomene, die auch über Wochen, Monate oder sogar Jahre analysiert werden könnten.

Die Angststörung von Herrn Pohl tut nichts anders, als ihn ans Haus zu fesseln. Die Entscheidungslähmung von Frau Wiese ist ein Hexenschuss: Sie bewegt sich nicht, weil "jede Bewegung die falsche sein könnte". Ein lautes Schweigen ist "ein Schweigen, das selbst entscheidet, wann es vorbei ist, ein Schweigen, das sich nichts sagen lässt".

Doch Leky schafft es auch, die leichteren Seiten des Lebens auf den knapp 170 Seiten zu Papier zu bringen. Häufig fühlt man sich beim Lesen auf charmante Weise ertappt. So wie durch die Selbstwahrnehmung der Ich-Erzählerin: "Am nächsten Tag machte ich mit Kommilitoninnen in der Mensa einen dieser unsäglichen Psychotests in einer Zeitschrift. Eine Frage lautete: 'Wie wichtig ist Ihnen, was andere über Sie denken?' - 'Sehr wichtig', wollte ich sagen, aber stattdessen log ich: 'Überhaupt nicht wichtig', weil mir wichtig war, was die Kommilitoninnen über mich dachten."

"Es geht vorbei"

Geschichten, die so eindrucksvoll sind, lassen sich nur sehr schwer vorlesen. Die tiefen und komplizierten Gefühle, die Leky so leicht zu Papier bringt, müssen sowohl kraftvoll als auch sanft gelesen werden, um ihnen gerecht zu werden. Doch Katharina Quast schafft es, auch dem Hörbuch diese Tiefe zu geben. Mit ihrer Stimme füllt die Schauspielerin den Raum mit den Worten aus "Kummer aller Art", geht aber behutsam mit den traurigen Passagen und dynamisch mit den lustigen und leichten Stellen um.

Die Geschichten sind voneinander losgelöst, höchstens drei Seiten lang und trotzdem verleihen sie eine Kontinuität und Tiefe. Und obwohl man nicht erfährt, wie es weitergeht, wünscht man dem Onkel Ulrich einen guten Übergang in die Rente, man hofft, dass Frau Wiese endlich schlafen kann und dass die kleine Lisa auch nach dem ersten Liebeskummer etwas Naivität beibehalten kann. Oder, wie Leky schreibt: "Ich wünschte, Lisa könnte sich an dem Satz 'Es geht vorbei' festhalten wie ein Wasserskifahrer an seinem Zugseil."