Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

News: Grüne, Ampel-Koalition, Klimaschutz, Trump, Carter, Tuchel, FC Bayern, Borussia Dortmund

Alle gegen die Grünen

Die zurückliegende Woche könnte eine Zäsur markieren, einen Wendepunkt in der noch jungen Geschichte der Ampelregierung. Die Verletzungen jedenfalls, die insbesondere die Grünen aus dem 30 Stunden währenden Koalitionsausschuss mitgenommen haben, werden noch lange nachwirken.

Grünenspitze auf dem Weg zum Koalitionsausschuss

Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa

Von einem gemeinsamen Geist dieser Regierung kann, allen rhetorischen Verrenkungen zum Trotz, nicht länger die Rede sein. Zu besichtigen war eine Renaissance der sozialliberalen Ära. Genossen und Liberale haben ganz offenkundig eine Koalition innerhalb der Koalition gebildet. Das Ziel: Den vermeintlich hysterischen Grünen ihren Klimaaktivismus auszutreiben.

Wie die Liberalen dieser Tage Bundeskanzler Olaf Scholz über den, pardon, grünen Klee loben und als einen der ihren feiern, wäre den meisten Sozialdemokraten vermutlich unangenehm. Scholz offenkundig nicht. Die Grünen indes fühlen sich vom vermeintlichen »Klimakanzler« verraten  , während sich Klimaaktivisten und Umweltverbände wiederum von den Grünen verraten fühlen. Weil sie zugelassen haben, dass das Klimaschutzgesetz aufgeweicht und insbesondere Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) noch weiter aus der Verantwortung für mehr Klimaschutz gezogen wurde. Und dann soll auch noch die Modernisierung von Autobahnabschnitten Priorität erhalten!

Es wird dieser Tage ja viel darüber diskutiert, wie viel von unserem alten Leben erhalten bleiben kann, und wie viel sich für den Klimaschutz verändern muss. Dabei ist es beim Klima doch eher so: Wenn sich nicht vieles ganz schnell verändert, wird nichts so bleiben, wie es mal war. Weil dann alles kaputtgeht. Ich weiß, das hören viele nicht gern, auch die Vertreter des neuen sozialliberalen Bündnisses nicht. Es ist aber leider so.

Aus: DER SPIEGEL 14/2023

Die Verzwergung der Grünen

Nach dem Koalitionsausschuss stehen die Grünen als Verlierer in der Ampel da. SPD und FDP wollen keinen Klimaschutz, der die Bürger überfordert. Die Grünen sind frustriert und verärgert. Womit soll die Partei bei der nächsten Wahl noch punkten? Und was bedeuten die Beschlüsse für das Land?

Lesen Sie unsere Titelgeschichte, weitere Hintergründe und Analysen im digitalen SPIEGEL.

Zur Ausgabe

Klimaschutz vs. Demokratie?

Das zähe Ringen innerhalb der Koalition  in dieser Woche hat eher nicht zu einem Grundvertrauen beigetragen, dass diese Regierung den Klimaschutz schnell genug voranbringt. Gerade unter jenen, die für einen beherzten Klimaschutz sind, wachsen sogar Zweifel, ob die Demokratie die geeignete Staatsform ist, um die Erderwärmung mit ihren existenziellen Folgen noch wirksam einzudämmen. Manch einer schaut resigniert oder sogar neidisch nach China und glaubt: Wenn überhaupt, könnte die Volksrepublik es schaffen: Keine Mitsprache, hohes Tempo, das ist so die Idee.

Das ist Unsinn, schreibt mein Kollege Jonas Schaible in seinem gerade erschienenen Buch »Demokratie im Feuer«, das ein wichtiger Debattenbeitrag ist. Diktaturen haben eine notorisch schlechte Ökobilanz, sie kümmern sich nicht um die Freiheit, sie werden uns nicht raushauen.

Wir werden das Klima nur demokratisch schützen, das ist eine der zentralen Thesen seines Buchs. Wir werden die Demokratie nur bewahren, wenn wir die Erderwärmung bremsen. Denn an der Zukunft des Klimas, so Schaible, hänge die Zukunft der Demokratie.

Chinas Staatschef Xi Jinping

Foto: IMAGO/Aleksey Nikolskyi / IMAGO/SNA

Deshalb, so Schaible, sollten wir neu über Demokratie nachdenken. Bislang wird Klimapolitik gern wie ein Thema von vielen behandelt. Wenn der Kanzler Angst vor den Protesten von Gelbwesten hat, dann geht es halt mal eine Spur langsamer. Das, schreibt mein Kollege, kann so nicht bleiben. Dafür fehlt die Zeit.

Das klingt bisweilen radikal und beim ersten Lesen kann man da schon mal zucken. Aber mein Kollege beschreibt auch, dass es gar nicht so außergewöhnlich ist, dass in Demokratien bestimmte Spielräume eingeschränkt werden. Die Schuldenbremse macht nichts anderes. Zentralbanken mit ihrer Hoheit übers Geld sind ein anderes Beispiel. Beim zweiten Lesen zuckt man schon nicht mehr.

Der Anti-Trump

In den USA wird ein Ex-Präsident dieser Tage im Zusammenhang mit einer möglichen Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin angeklagt . Wie aus einer untergegangenen Zeit (und einem anderen Land) muss einem da die Amtsführung und die Nach-Präsidentschaft von Jimmy Carter vorkommen, einer Ikone der Anständigkeit, der als Präsident leider unterschätzt und oft verlacht wurde.

Carter ist seit über vier Jahrzehnten Ex-Präsident. Der Mann, der von 1977 bis 1981 Amerika regierte, der den einzigen Frieden in den Nahen Osten brachte, der bis heute anhält, und Solarzellen auf dem Dach des Weißen Hauses anbringen ließ, blieb auch nach seiner Präsidentschaft der visionäre, aber bescheidene, bodenständige Mann, der er war: Der Sohn eines Erdnussfarmers ging heim in den Süden, in sein kleines Häuschen, und arbeitete von dort aus gegen Armut und schlecht erforschte Krankheiten, für Frieden und für seinen Heimatort.

Ex-Präsident Carter 1979 vor Solaranlage am Weißen Haus

Foto: Harvey Georges/ AP

Jetzt liegt er im Sterben. SPIEGEL-Autorin Frauke Hunfeld war im 600 Einwohnerort Plains und hat versucht, Jimmy Carter zu verstehen: Sie hat sich dort von Carter erzählen lassen. Der Mann, der Amerika regiert hat, ist in Plains Mister Jimmy, der Nachbar, der Freund, der Onkel. Wer diese Geschichten hört, versteht vielleicht besser, aus welchen Grundwerten seine Politik bestand und wie sein Glauben ihn prägte: Was du dem Geringsten meiner Brüder getan hast, das hast du mir getan, das war vielleicht der wichtigste Satz in seinem Leben. Jimmy Carter hat vor einigen Wochen das Krankenhaus verlassen und sich in häusliche Hospizpflege begeben. Er erwarte den Tod in Frieden und Liebe, sagen seine Freunde.

Hier geht's zum aktuellen Tagesquiz

Gewinner des Tages…

… könnte Thomas TuchelFußball-Bundesliga zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund in der Doha-Arena von München angepfiffen. Das Spiel ist nicht nur brisant, weil Dortmund aktuell zwei Punkte vor den Bayern liegt – und das gerade mal acht Spieltage vor dem Saisonfinale. Sondern auch, weil Tuchels letzter Arbeitgeber in Deutschland Borussia Dortmund war – wo er nach zwei sportlich erfolgreichen Jahren vor allem aufgrund seines Sozialverhaltens entlassen wurde.

Bayern-Trainer Tuchel

Foto: Sebastian Widmann / Getty Images

Nach einem Engagement für den FC Katar in Paris und für den FC Chelsea, der damals einem Putin-treuen Oligarchen gehörte, ist Tuchel seit wenigen Tagen Cheftrainer des FC Bayern, der sich vom Regime in Katar zwar nicht besitzen, aber äußerst üppig sponsern lässt. Sollte Bayern gewinnen, wäre es für Tuchel vermutlich auch eine Genugtuung – und die Meisterschaft weiter offen. Sollte er verlieren, wäre Tuchel doch der Verlierer des Tages und die Überschrift ein Aprilscherz.

Alles Gute vom SPIEGEL

Meine Kollegin Lena Greiner berichtet am Samstag in Alles Gute, dem neuen SPIEGEL-Newsletter mit ausschließlich guten Nachrichten, unter anderem darüber, wie sich afrikanische Krankenhäuser durch die Pandemie verbessert haben. Früher jetteten afrikanische Politiker für ihre eigenen Behandlungen in die USA, nach Indien oder Europa. Das ging während der Lockdowns nicht mehr. Sie mussten auf ihre eigenen Gesundheitssysteme schauen – und dort endlich anpacken. (Lesen Sie hier den ganzen Text). Sie wollen mehr gute Nachrichten? Dann abonnieren Sie den Newsletter hier, gratis und ganz bequem bekommen Sie ihn dann einmal pro Woche in Ihr E-Mail-Postfach.

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • Das Ungetüm aus Seattle: Seit Gründer Jeff Bezos an Nachfolger Andy Jassy übergeben hat, ist Amazon ins Schlingern geraten. Der neue Boss hat es mit einem aufgeblähten Konzern zu tun, beliebig und unregierbar. Kann er ihn bändigen? 

  • Wenn Mama nicht lieben darf: Eine Mutter stillte gerade ihr fünf Wochen altes Baby, als die Polizei anrückte, um es abzuholen. Sie hatte das Sorgerecht verloren. Nun soll auch eine Aktivistin büßen, die die Frau bei sich aufgenommen hatte .

  • Warum die U-Bahn ein riesiges Klimaproblem hat: Die Berliner Verkehrsbetriebe schlagen vor, das U-Bahn-Netz der Hauptstadt massiv auszubauen. Doch Kritiker monieren: Ausgerechnet dieses öffentliche Verkehrsmittel sei äußerst umweltschädlich. Wie kann das sein? 

  • Dicke Luft bei den Alten Römern: In der Eifel legten Archäologen ein gigantisches Industrierevier der Antike frei. Warum aber wurde es fern der Städte errichtet? Umweltmeteorologen fanden nun eine mögliche Antwort.

Einen heiteren 1. April wünscht Ihnen

Ihr Markus Feldenkirchen, Autor im SPIEGEL-Hauptstadtbüro