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News: Spionage-Ballons, China, Robert Habeck, Olaf Scholz, AfD-Jubiläum, »Letzte Generation«, Abtreibung, Hans-Georg Maaßen

Chinesische Wetterstudien

Na, haben Sie heute Morgen auch in den Himmel geblinzelt, auf der Suche nach einem chinesischen Ballon? Sind Sie mit dem ersten Kaffee in der Hand, hoffentlich warm eingemummelt, auf den Balkon oder in den Garten getreten und haben den Himmel über Stuttgart, Chemnitz oder Rotenburg (Wümme) nach einem winzigen weißen Punkt abgesucht? Zugegeben, im grauen, nasskalten Februar-Wetter wären chinesische Ballons nicht nur optimal getarnt – man könnte der Führung in Peking sogar ihre Behauptung glauben, dass die Ballons nicht der Spionage dienen, sondern meteorologischen Studien.

Servicebild für chinesische Meteorologen: Hagel im Berliner Ortsteil Schmargendorf, 30. Januar 2023

Foto: IMAGO/Stefan Zeitz / Stefan Zeitz / IMAGO

Für Auskünfte zum deutschen Winterwetter könnte das chinesische Regime freilich auch Jörg Kachelmann anrufen, oder eine willkürlich ausgewählte deutsche Handynummer: Es ist grauenhaft! Zum Verreisen schlimm! Noch Fragen, Xi?

Die Bundesregierung ist jedenfalls besorgt über Ballons wie den, den die US-Regierung soeben vom Himmel geschossen hat. Man kläre, ob es solche Sichtungen auch über Deutschland gegeben habe, meldet die »SZ«. Die US-Regierung ist überzeugt von der Existenz einer ganzen Überwachungsflotte, und die amerikanisch-chinesischen Beziehungen sind nach kurzer Beruhigung wieder extrem angespannt.

Mitten in dieses politische Tiefdruckgebiet hinein reisen heute Wirtschaftsminister Robert Habeck und sein französischer Kollege Bruno Le Maire nach Washington. Sie wollen ein anderes Reizthema besprechen, den milliardenschweren Inflation Reduction Act, mit dem US-Präsident Joe Biden seine Wirtschaft fördern und ausländische Firmen anlocken will. In Europa empfindet man das als aggressiven Wumms gegen den eigenen Wirtschaftsstandort.

Ein schrecklicher netter Geburtstag

Heute feiert die AfD ihren zehnten Geburtstag im hessischen Königstein, wo sie am 6. Februar 2013 gegründet wurde. 300 Gäste sind eingeladen in das »Haus der Begegnung«, und man fragt sich, wie wohl die AfD-Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla sowie der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland diese Begegnung mit der Vergangenheit erleben. Ist ihnen wirklich zum Feiern zumute?

AfD-Gründer Bernd Lucke auf dem Parteitag von Essen 2015, kurz vor seinem Austritt

Foto: WOLFGANG RATTAY/ REUTERS

In anderen »Altparteien« (mit diesem Schmähwort hat die AfD ihre Konkurrenz von Anfang an tituliert) würden jetzt die Gründerväter und -mütter gewürdigt. Es würde ihnen gedankt für die mühsame Aufbauarbeit, man läge sich in den Armen und schwelgte in der Erinnerung gemeinsamer Wahlkämpfe und Erfolge.

Doch in der AfD gab es keinen Erfolg, keinen Entwicklungsschritt ohne Bruderkampf. Die Unterlegenen verließen mit ihrer Gefolgschaft die Partei, und dann wurde noch mal hart und bitter abgerechnet.

Dass also Alice Weidel einem Bernd Lucke ein Blumengebinde überreicht, oder Alexander Gauland einer Frauke Petry dankt, wäre eine Sensation. Ob überhaupt einer der 18 Gründer heute in Oberursel auftaucht? Ex-Parteichef Konrad Adam teilt auf Anfrage mit, er wäre auch dann nicht gekommen, »wenn ich eingeladen worden wäre«. Er hat 2021 endgültig mit der AfD gebrochen. »Das habe ich so nicht gewollt«  , sagt er jetzt über sein Werk.

AfD-Gründer Konrad Adam

Foto: Timm Schamberger / picture alliance/dpa

Doch wer denkt, die heutige AfD hätte mit der von vor zehn Jahren nichts zu tun, lügt sich ein bisschen in die Tasche. Alle hässlichen Seiten der Partei – Populismus, Rassismus, nationalistische Abschottungsfantasien, Geschichtsklitterung und Haudrauf-Antworten auf komplexe politische Probleme – waren in der eurokritischen Professorenpartei schon angelegt. Sogar das Spitzenpersonal von heute ist teils noch das von damals.

Die AfD beschäftigt mich persönlich seit zehn Jahren, ich habe aus der Beobachtung dieser Partei und Gesprächen mit ihren Mitgliedern viel über unser Land und die Politik gelernt. Und ich »verdanke« der AfD mein erstes Buch, meine erste Strafanzeige und meinen ersten Zivilprozess (der hoffentlich letzte beschäftigt die sächsische Justiz bis heute). Deshalb mögen die geschätzten Leserinnen und Leser es mir nachsehen, dass diese Newsletter-Woche auch eine AfD-Woche werden könnte.

Hält Klebstoff auch im Hagelsturm?

Ab heute wollen Aktivistinnen und Aktivisten der »Letzten Generation« den Verkehr in großem Umfang (»bis in die Dörfer«) lahmlegen, indem sie sich auf Straßen festkleben. »Viele schütteln den Kopf«, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst im Interview mit »Bild am Sonntag« über die Protestler. »Ich auch.«

»Letzte Generation«-Protestler in München Ende 2022

Foto: IMAGO/mufkinnphotos / IMAGO/aal.photo

Tatsächlich kann man den Kopf schütteln über Klimaaktivisten, die nach An- und Abdocken vom Asphalt um die halbe Welt in den Urlaub fliegen. Auch erscheinen die Ziele der »Letzten Generation« so seltsam banal und klein. Tempolimit von 100 km/h und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket  – really? Gegen die Klima-Apokalypse, gegen die hier angeklebt wird, scheint das ein arg kleines Gegenmittel zu sein. Als wollten die Protestler die Hürde für ein Ende ihrer Aktionen so niedrig wie möglich setzen.

Trotzdem haben sie meinen Respekt noch nicht verloren. Denn diese Leute haben keine Angst davor, für ihre Ziele persönlich und juristisch etwas zu riskieren und sich so richtig unbeliebt zu machen, ob bei Pendlern, Politikern oder »Bild«-Redakteuren. Den netten Fridays-for-Future-Kids können Regierungsmitglieder den Kopf tätscheln, mit Luisa Neubauer kann der Kanzler schmerzfrei ein Bier trinken. Die »Letzte Generation«-Leute haben dasselbe Anliegen, aber sind aus härterem Holz geschnitzt und lassen sich nicht vereinnahmen. Und muss Protest nicht auch ein bisschen wehtun, um zu wirken?

Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • Die jüngsten Entwicklungen: Geht es nach Polen, soll auf der Sicherheitskonferenz über Kampfjets für Kiew entschieden werden. Kriegsflüchtlinge landen oft in mittelgroßen deutschen Städten. Und: Debatte über russische Sportler. Der Überblick.

  • Selenskyj wechselt offenbar Verteidigungsminister aus: Der bisherige Chef des Militärgeheimdiensts, Kyrylo Budanow, soll laut einem Vertrauten von Präsident Wolodymir Selenskyj neuer Verteidigungsminister der Ukraine werden. Amtsinhaber Oleksij Resnikow übernehme eine neue Aufgabe.

  • Ukraine rechnet mit russischer Offensive zum Jahrestag der Invasion: Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow sagt, sein Land verfüge über Reserven, um den erwarteten russischen Vormarsch zu stoppen. Derweil spitzt sich die Lage in der umkämpften Stadt Bachmut offenbar zu.

  • Setzt die Ukraine im Krieg Antipersonenminen ein? Unabhängige Beobachter dokumentieren den Einsatz sogenannter Schmetterlingsminen in der Ukraine. Kiew wäre nicht die erste Kriegspartei, die sie verwendet. Die Folgen sind jedoch verheerend – schon jetzt. 

Warum lernen Ärzte so wenig über Abtreibungen?

Jedes Jahr werden in Deutschland fast 100.000 Abtreibungen vorgenommen. Aber wie die Ärztin und Aktivistin Alicia Baier kritisiert, kommt dieser Eingriff in der Ausbildung von Gynäkologinnen und Gynäkologen kaum vor. »Ich würde nicht sagen, dass jede niedergelassene Gynäkologin in ihrer Praxis Abbrüche anbieten muss – das fällt unter die Berufsfreiheit«, sagt Baier im Interview mit meiner Kollegin Ruth Eisenreich. »Aber in der Weiterbildung sollten sie verpflichtend vorkommen.«

Protest in Berlin für mehr Abtreibungsrechte am Internationalen Frauentag 2020

Foto: Stefan Boness/Ipon / imago images/IPON

Die Ampelregierung hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die medizinischen Ausbildungsregeln entsprechend zu ändern, Familienministerin Lisa Paus hat dieses Ziel jüngst auch bekräftigt. Doch noch sei nichts passiert, sagt Baier. »Und ich gehe davon aus, dass es da Widerstände gibt.«

Wie auch immer man zum Schwangerschaftsabbruch steht – er findet offensichtlich vielfach statt, und diese Tatsache wird auch durch ein Totschweigen in der Ausbildung nicht geändert. Und die Vorstellung, dass Ärztinnen und Ärzte über die verschiedenen Methoden, Risiken und Nebenwirkungen eines Eingriffs, der offenbar ähnlich häufig ist wie eine Blinddarm-OP, im Studium nur rudimentäre Kenntnisse erlangen, ist schon beunruhigend.

Hier geht's zum aktuellen Tagesquiz

Die Startfrage heute: Der Geheimdienst welches Landes versenkte 1985 das Greenpeace-Schiff »Rainbow Warrior«?

Gewinner des Tages…

Hans-Georg Maaßen vor einem Logo seiner Partei

Foto: Jens Schlueter / AFP

… ist Hans-Georg Maaßen. Der sympathische »Experte« (Selbstbeschreibung) für Asylrecht, Extremismusbekämpfung und Gedöns der inneren Sicherheit hat die Frist der CDU-Parteispitze für einen freiwilligen Parteiaustritt verstreichen lassen. Nun muss der Parteivorstand entscheiden, ob ein Ausschlussverfahren eingeleitet wird.

Für Maaßen bedeutet diese Entwicklung weitere Wochen und Monate mit geballter Medienpräsenz und die Beförderung zum Märtyrer in seiner Fangemeinde. Wobei man sich schon länger fragen darf, wer genau eigentlich diese Community ausmacht.

Auf Twitter schrieb Maaßen, die »Schmutzkampagne« der CDU sei ein Beleg dafür, dass »wir« alles richtig machen. Falls dies kein Pluralis Majestatis war: Wer ist wohl mit »wir« gemeint? Kann es sein, dass die wahre politische Heimat des Hans-Georg Maaßen heute im »Haus der Begegnung« in Königstein liegt?

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Zwei schwere Erdbeben erschüttern Türkei: Am frühen Morgen ist es im Südosten des Landes zu zwei Erdbeben gekommen, die Stärken wurden mit 7,4 und 7,9 angegeben. Zahlreiche Gebäude stürzten ein, der Innenminister berichtet von Todesopfern.

  • Polen beharrt auf deutsche Reparationszahlungen: Deutschland will das Nachbarland nicht für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg entschädigen – das hatte Berlin zuletzt klargemacht. Aus Warschau heißt es nun: »Wir begreifen diese Ablehnung als Anfang einer Diskussion.«

  • Beyoncé ist jetzt der erfolgreichste Grammy-Star aller Zeiten: Keine andere Künstlerin und kein anderer Künstler hat jemals mehr Grammys gewonnen als die US-Sängerin.

Podcast Cover

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • Brüsseler Wumms-Versuch: Die EU-Kommission will Chinas »Neuer Seidenstraße« ein milliardenschweres Infrastruktur-Projekt in Afrika und Asien entgegensetzen. Doch die Umsetzung stößt auf Widerstand – in den eigenen Reihen .

  • Nach dem Ende der Welt: Korruption, Wirtschaftskrise, eine ungeheure Explosion – Beirut ist im Niedergang. Einige junge Künstlerinnen und Künstler sind trotzdem geblieben und versuchen, das Gedächtnis der Stadt zu bewahren .

  • Warum die Aktienrente der Aktienkultur in Deutschland eher schadet als hilft: Trotz Inflation parken die Deutschen ihr Geld am liebsten immer noch auf dem weitgehend zinslosen Sparbuch. Eine echte Aktienkultur gibt es nicht – auch weil Politik und Unternehmen sie gar nicht wollen .

  • Hilfe, mein Chef hört mir nicht zu: Was tun, wenn der Gegenüber nicht versteht, in welch prekären Lage oder Situation sich das Unternehmen befindet? Caren ist verzweifelt von der Ignoranz ihres Vorgesetzten. Wie überzeugt sie ihn? 

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre Melanie Amann, Mitglied der Chefredaktion